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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Archiv für Januar, 2013

Verona – die schöne Römerin in Norditalien (1)

2013, Januar 30.

Im Gespräch mit der Contessa Guarientina Guarienti di Canossa

Von Juliane Adameit

Kennen Sie die Stadt, in der seit über 100 Jahren die Melodien in einer Arena erklingen ? Klang und Kulisse sind weit über alle Grenzen ein unvergessliches Erlebnis. Weltweit sind die Aufführungen für ihre Inszenierungen, Regien und Stars bekannt – und die nächste Saison kündigt sich bereits an. Es gibt deshalb mehr als 100 Gründe, die Koffer für eine Reise nach Verona zu packen.

Mit etwa 300.000 Einwohnern ist Verona eine mittelgrosse Stadt im norditalienischen Veneto (Venetien). Bei der Anreise von Norden, aus Frankfurt oder München, liegt Verona gleich hinter den Alpen – auf halbem Weg zwischen Mailand und Venedig. Und per Bahn kommt man von Frankfurt mit einmal Umsteigen in München nach Verona – immer der Sonne entgegen. Vorbei geht es auf dieser Strecke an Innsbruck und Brenner, an Brixen, Bozen und Trento und den Ausläufern der Südtiroler Berge. Klar, dafür braucht man ein wenig mehr Zeit und Musse. Aber in der Bahn ist meist ein Platz mit Fensteraussicht garantiert. Und ist das nicht viel spannender? Schliesslich sagte ja schon einst der deutsche Italien-Reisende und -Kenner und grösste Sohn der Stadt Frankfurt, Johann Wolfgang Goethe: „Man reist ja nicht, um anzukommen, sondern um zu reisen“. Ist man erst einmal über die Alpen gefahren, erreicht man das Ziel: Verona, die römische Stadt an der Etsch (Adige), liegt malerisch und romantisch zwischen grünen „Weinhügeln“.

Panorama mit Dom

In Italien ist nach Rom nur noch Verona für seine so zahlreichen kulturhistorisch wertvollen Denkmäler aus der römischen Zeit berühmt. Seit dem Jahr 2000 steht das Altstadtzentrum von Verona auf der UNESCO-Weltkulturliste Weiterlesen

Starke Stücke im Schauspiel Frankfurt (5)

2013, Januar 28.

Spielzeit 2012 /2013

Von Renate Feyerbacher

Kleiner Mann – was nun?
Der Meister und Margarita
Wir lieben und wissen nichts
Bouncing in Bavaria
Swing again

Nicht nur am Schauspiel Frankfurt, sondern auch an anderen Bühnen ist es seit einiger Zeit Usus geworden, Romane in Stücke zu pressen und auf die Bühne zu bringen. Mal gelingt die Aneignung, mal nicht.

„Kleiner Mann – was nun?“

KLEINER MANN, WAS NUN?
Regie Michael Thalheimer; Henrike Johanna Jörissen (Emma Mörschel, genannt Lämmchen), Nico Holonics (Johannes Pinneberg); Bildnachweis Schauspiel Frankfurt, Foto © Birgit Hupfeld
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Alltägliche und seltsame Geschichten und Begebenheiten (12)

2013, Januar 27.

Der Kolbenfresser

von © -habust-

Muntani hiess er, der baumlange Mohr aus dem westfriesischen Hochmoor „Sülzlager“ bei Leer.

Nun wirst Du alter Besserwisser sogleich einwenden, Leer liege, das wisse doch nun wirklich jedes Kind, bekanntlich in Ostfriesland. Und schon hast Du mich beim ersten Fehler ertappt. Ich verspreche nur eins: Es wird nicht der letzte sein.

Manfred Muntani war Richter und Schlichter in einer Person. Wie geht das, frägst Du. Es geht schon, wenn man in einer Kolbenfabrik arbeitet. Und das tat unser Manni. Nicht ungern und nicht ohne Erfolg. Schliesslich verdiente er mit seiner Kolbenfabrik dermassen unmenschlich Kohle, dass er die Produktpalette auf Wälzlager erweitern konnte. So gelang es ihm, „Wälzlager vom Sülzlager vom Mohr vom Moor“ zum weltweit bekannten Slogan zu machen. Auch Du hast ihn schon gelesen. Spätestens jetzt. Weiterlesen

Auf den Baum gekommen – die Wiener Künstlergruppe Gelitin und der Frankfurter Rossmarkt

2013, Januar 25.

Von Erhard Metz

Zur Postkutschenzeit fällten die Räuber schon mal einen Baum über den Hohlweg und raubten das zum Halten gezwungene Gefährt aus. Die Künstlergruppe Gelitin will uns nun gewiss nicht ausrauben, aber anhalten durchaus, auf unserem hastigen Weg, südlich am Gutenberg-Denkmal vorbei, über die trostlos-graue Steinwüste mit dem euphorisch klingenden Namen Rossmarkt. Kein Ross würde freiwillig diese verbasaltierte Fläche betreten.

Gelitin: „Kühlschrank, Bett, Tastatur“, 2012, Solo-Show (diverse Ausstellungsansichten)

Aha, sagen Sie, liebe Leserinnen und Leser, interessant, und wo sind nun der Kühlschrank, das Bett und die Tastatur? Na, denn suchen Sie mal schön. Weiterlesen

Grenzen des Stampfens

2013, Januar 24.

Von Hans-Burkhardt Steck
Rechtsanwalt, Diplom-Soziologe

Wenn uns Frankfurtern das Gefühl des wohligen Verachtens nicht so völlig persönlichkeitsfremd wäre – keiner von uns kennt es -, in Sachen Grossflughafen der Hauptstadt aller Grosssprecher könnte man der Versuchung erliegen. Aber ach – ob man damit nicht doch ein kleines bisschen schief läge?

Verständlicherweise schmeissen die Berliner die von uns geschnorrte Finanzausgleichsknete für eine ganz tolle Idee aus dem Fenster. Ein vierter Flughafen wird einfach gebraucht. Und ein Grossflughafen muss es schon sein. Man ist schliesslich wer.

Und wer, wenn nicht der Berliner, schafft das noch nicht dagewesene: Da wächst nichts, da entwickelt sich nichts, da wird nichts an- und ausgebaut, da wird aus dem Boden gestampft. Wär doch gelacht, wenn wir das nicht könnten.

Aba ob det man jut jeht?

Lassen wir mal alles Politische und Technische beiseite, davon vastehn wa nuscht. Es gibt ja noch andere Tücken. Zum Beispiel die rechtliche Seite. Und die hat’s auch ganz schön in sich. Stellen wir uns doch nur mal vor, was es allein für zivilrechtliche Vertragsverhältnisse geben könnte. Nicht in Berlin, einfach im Kopf. Die Zahlen sind ausgedacht. Aber nicht unspannend:

Mal angenommen, es gäbe 500 Läden, Weiterlesen

“Artists in Residence”-Programm 2012 Frankfurt am Main / 8

2013, Januar 21.

Kata Tranker aus Budapest

Von Erhard Metz

Den leckersten Happen soll man sich bis zum Schluss einer Mahlzeit aufheben, damit ihr Geschmack noch lange auf der Zunge und im Gedächtnis bleibe, so lautete eine Lebensweisheit unseres Grossvaters. Halten wir uns daran und kommen wir am Ende unseres achtteiligen Reports über die Ausstellung „Artists in Residence 2012“ im ATELIERFRANKFURT zu unserer Lieblingsarbeit: „Ein Monat“ der ungarischen Künstlerin Kata Tranker.

„Ein Monat“, 2012, 26 pieces of foldet paper trees, height ca. 12 cm (diverse Ausstellungsansichten)

Kata Tranker hielt sich im März 2012 als Artist in Residence in Frankfurt am Main auf, in einer Phase inneren Umbruchs und der Selbstvergewisserung, wie sie angibt. In Anlehnung an den HTP-Test (House-Tree-Person-Test, in welchem ein Probant zunächst ein Haus, einen Baum und eine Person zeichnet und anschliessend auf Befragen des Testabnehmers verbal beschreibt) wählte sie für ihre Arbeit die Beschäftigung mit der Figur des Baums. Denn in ihrer Befassung mit einem Baum, so die Künstlerin weiter, könne sie am meisten über ihr Unterbewusstsein erfahren. Weiterlesen

„Der Spieler“ von Sergej S. Prokofjew in der Oper Frankfurt

2013, Januar 19.

Wie in einem Tollhaus

Von Renate Feyerbacher

Dieses Werk nennt sich Oper. Die Bezeichnung Melodrama wäre angebrachter.

Da gibt es keine wohlklingenden Arien, sondern Sprach-Gesänge, Dialoge, Rezitative. Nichts Belcanto-Ähnliches. Um den Roman-Stil des Schriftstellers Fjodor M. Dostojewski (1821 bis 1881) im selbst geschriebenen Libretto beizubehalten, wählte der Komponist diese aussergewöhnliche musikalische Form. Aber die hat Wucht.

Entstanden ist das Werk 1915/1916, in einer Zeit der grossen weltpolitischen Veränderungen: Rückkehr Vladimir Iljitsch Lenins 1917 aus der Emigration nach Russland. Die Herrschaft der Bolschewiki begann.

1917 stand das Stück im Programm des Petrograder Mariinski-Theaters. Die Realisation scheiterte an den Sängern, weil ihnen das Werk zu schwierig war, dann kam die Oktoberrevolution. Prokofjew arbeitete die Oper um, die Uraufführung fand schliesslich 1929 in Brüssel statt. In Russland wurde sie erstmals zehn Jahre nach des Komponisten Tod aufgeführt.

Auf der Scheibe im Vordergrund v.l.n.r. Simon Bode (2. Croupier), Anja Silja (Grossmutter; sitzend), Dietrich Volle (Potapitsch) und im Hintergrund das Ensemble sowie rechts unten stehend Clive Bayley (General a.D.); Foto: Oper Frankfurt © Monika Rittershaus

Worum geht es?

Es geht um Geld, um Erbe, um Schulden, um Verliebtheit, um Abhängigkeit, um die Existenz. Weniger geht es ums Roulettespiel. „Die Spielersituation findet im ganzen Stück zwischen den Charakteren statt“ (Regisseur Harry Kupfer im Gespräch, abgedruckt im Programmheft). Das Roulette steht symbolisch auch für die heutige Zeit. Weiterlesen

Würzburg, „Provinz auf Weltniveau“?

2013, Januar 18.

Text und Fotografien: Elke Backert

Jochem Gummersbach, ein ins fränkische Würzburg verschlagener Rheinländer, der für das Event-Marketing im Weingut „Staatlicher Hofkeller“ verantwortlich zeichnet, zitiert bei Führungen durch das Kellergewölbe gern den Schweizer Schriftsteller Gottfried Keller (1819 bis 1890), der gesagt haben soll: „Wenn ich an einer Weinstube vorbeigehe, kann ich nicht widerstehen. Und wenn ich wieder rausgehe, kann ich wieder nicht stehen.“

Als Rheinländer durfte der Event-Manager genüsslich feststellen, dass die fränkische Fröhlichkeit und so manches Mal bacchanalische Weinseligkeit der rheinländischen in nichts nachsteht.

Dass die fränkischen Bocksbeutel in der ganzen Welt bekannt sind, steht wohl ausser Frage. Allein die nur 130.000 Einwohner zählende Barockstadt Würzburg beherbergt sechs Weingüter, von denen vier Kellerführungen mit Weinproben anbieten. Der „Staatliche Hofkeller“ mit 120 Hektar Rebfläche ist nicht der grösste, doch sicher einer der berühmtesten, wurde er doch von keinem Geringeren als Balthasar Neumann (1687 bis 1753) angelegt – unter der Fürstbischöflichen Residenz. Die labyrinthisch verschlungenen, stimmungsvoll beleuchteten Kellergänge haben eine Länge von 891 Metern, eine Gewölbehöhe von bis zu 6,5 Metern und eine Mauerstärke von bis zu sechs Metern. Der Besucher erfährt, was es mit den riesigen 1784 erstellten „Beamtenweinfässern“ auf sich hat. Sie nämlich enthielten den „flüssigen Sold der Hofbediensteten“, die zum grossen Teil mit Wein ausbezahlt wurden. In den Zeiten der Pest tranken die Leute lieber Wein als Wasser, weshalb der Frankenwein auch als Antipestwirkstoff bezeichnet wurde.

Staatlicher Hofkeller, Bacchusecke; Fass mit weinseligem Bacchus Weiterlesen

55. Biennale Arte Venedig 2013: deutsch-französischer Pavillontausch

2013, Januar 16.

Von Erhard Metz

Das Jahr 2013 ist ein besonderes, und das Ereignis, das es zu würdigen gilt, ein herausgehobenes. In wenigen Tagen wird es gefeiert: das Jubiläum 50 Jahre Élysée-Vertrag.

Der deutsch-französische Freundschaftsvertrag, genauer gesagt der „Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über die deutsch-französische Zusammenarbeit“, „geschehen zu Paris am 22. Januar 1963 in zwei Urschriften, jede in deutscher und französischer Sprache“, zählt neben den Vertragswerken zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft(en) und der späteren Europäischen Union zu den bedeutendsten zivilisatorischen und kulturellen Leistungen auf europäischem Boden im vergangenen Jahrtausend und noch darüber hinaus. So jedenfalls wagen wir es zu behaupten.

Unterzeichnet hatten den Vertrag der legendäre erste Bundeskanzler Deutschlands, Konrad Adenauer, und der nicht minder legendäre Général Charles de Gaulle, seinerzeit Präsident der Französischen Republik.

Flughafen Köln-Wahn, Staatsbesuch des französischen Staatspräsidenten Charles de Gaulle, Begrüssung durch Bundeskanzler Konrad Adenauer vor Air France-Maschine, Hände schüttelnd, 18. Juli 1961; Bildnachweis: wikimedia commons cc / Bundesarchiv, B 145 Bild-F011021-0002 / Steiner, Egon / CC-BY-SA Weiterlesen

“Artists in Residence”-Programm 2012 Frankfurt am Main / 7

2013, Januar 15.

Adam Albert aus Budapest

Von Erhard Metz

Ähnlich dem Künstlertrio Alpine Gothic nimmt auch Adam Albert aus Budapest seine Artists in Residence-Stadt Frankfurt am Main, besonders die Umgebung seines Gastateliers, zum Ausgangspunkt künstlerischer Erkundungen und Betrachtungen.

Er zählt gewiss zu den bemerkenswert-merkwürdigen Gebäuden Frankfurts, der „Kulturbunker“ im weitläufigen Industriegelände des Osthafens. Umzingelt von Containerlagern, werktags umtost vom LKW-Verkehr, ragt der Hochbunker als Graubeton-Klotz aus dunkleren Tagen deutscher Geschichte auf: ein Stolperstein, ein Stoppzeichen, ein Fremdkörper im heute geschäftig-quirligen Treiben ringsumher. Ein futuristisch anmutender zweigeschossiger, lichtdurchfluteter Aufbau auf das Ungetüm beherbergt neben Unternehmungen im Kulturbereich und Ateliers heimischer Künstlerinnen und Künstler auch zwei Gastateliers für das erwähnte Artists in Residence-Programm der Stadt. An der Strassenseite des Bunkers, es sei erwähnt, eine eigenartige Brunnenattrappe, als Pflanzkübel mehr schlecht als recht gehegt, an der Rückfront eine kantige Brandschutz-Freitreppe aus blankem Stahlblech. Weiterlesen