Spielzeit 2014 / 2015 – eine Auswahl
Von Renate Feyerbacher
Fotos: Birgit Hupfeld/Schauspiel Frankfurt (10) und Renate Feyerbacher (2)
ANNE
Die Blechtrommel
Dantons Tod
Macbeth – Ein Bastard von Dave St-Pierre und William Shakespeare
Endstation Sehnsucht
Knapp 125.000 Besucher kamen in der Saison 2014/2015 bis Ende März 2015 ins Schauspiel Frankfurt. Das bedeutet eine Auslastung von durchschnittlich 90 Prozent – eine neue Rekordmarke. Im Juli geht diese Spielzeit – die sechste von Intendant Oliver Reese – zu Ende, der (ab 1. August 2017) die Leitung des Berliner Ensembles übernimmt als Nachfolger von Claus Peymann.
Thementage „Leben mit Auschwitz – Danach“
„Über Leben“ ist das Motto der Spielzeit. So stand der Februar 2015 ganz im Zeichen der Thementage über Auschwitz, über den Holocaust. Vor 70 Jahren wurden die Überlebenden in den Konzentrations- und Vernichtungslagern Auschwitz, Bergen-Belsen, Dachau, Theresienstadt, Buchenwald, Ravensbrück, Sachsenhausen, Mauthausen, um die grössten zu nennen, und den vielen kleineren Konzentrations- und Durchgangslagern in Deutschland, Österreich, Polen, Niederlande, Frankreich, Tschechien, Lettland, Litauen, Estland befreit. Michel Friedman, Anwalt, Fernsehmoderator, Publizist und Philosoph, begleitete einige Veranstaltungen und liess sich von Oliver Reese zu Auschwitz befragen, wo mehrere seiner Familienmitglieder umkamen. Unter den Zeitzeugen, die an diesen Thementagen redeten, war auch Trude Simonsohn. Die 94jährige gibt jungen Menschen den Rat: „Lernt, ‚Nein‘ zu sagen. Das ist nicht immer einfach, aber es geht nur in der Demokratie. In der Diktatur geht es dann nicht mehr.“
„ANNE“
Zum 70. Todestag von Anne Frank hat Martina Droste, Leiterin des „Jungen Schauspiels“, das Projekt „Anne“ entwickelt nach Tagebuchtexten von Anne Frank und Motiven aus dem Stück „Anne“ von Jessica Durlacher und Leon de Winter.
Die in Frankfurt am Main geborene Anne Frank schrieb von 1942 – „die feierliche Einweihung meines Tagebuchs beginnt am 20. Juni 1942“, wenige Tage zuvor war sie 13 Jahre alt geworden – bis 1. August 1944 im niederländischen Exil ein Tagebuch. Die Familie war 1933 aus Frankfurt nach Amsterdam geflohen. Als die Deutschen die Niederlande okkupierten und ihre Massnahmen gegenüber der jüdischen Bevölkerung verschärften, konnte sich die Familie Frank, Mutter, Vater, Schwester Margot, Anne und Freunde in einem Hinterhaus verstecken.
Es sind acht Untergetauchte auf engstem Raum. Spannungen bleiben nicht aus. Sehr offen schreibt Anne über das, was ein junges Mädchen in der Pubertät bewegt. Das tut sie in der Form von Briefen an die „Liebe“, die „Beste Kitty“, eine fiktive Freundin. Sie notiert, wie sie mit dem lieben Peter über Sexualität redet, beklagt, dass sie nicht richtig aufgeklärt ist. Peter übernimmt die Aufgabe. „Glaubst du, dass Vater und Mutter es gutheißen würden, dass ich auf einer Couch sitze und einen Jungen küsse?“ (17. April 1944). Sie fühlt sich beobachtet, eingeengt, zu oft kritisiert von den Erwachsenen. „Das halte ich nicht aus, wenn so auf mich aufgepasst wird, dann werde ich erst schnippisch, dann traurig, und schliesslich drehe ich mein Herz wieder um, drehe das Schlechte nach außen, das Gute nach innen …“ (1. August 1944 – letzter Eintrag). Sie ist äusserst selbstkritisch. Sie träumt vom Leben danach, davon, was sie nach dem Krieg machen will. Sie schimpft manchmal auf die Erwachsenen und schildert den unangenehmen Zustand im Versteck. Aufmerksam kommentiert sie das politische Geschehen. Ihre Beobachtungsgabe und ihre Analysen sind erstaunlich.
Vater Otto Frank überlebte als Einziger der acht Untergetauchten.
ANNE
Regie: Martina Droste; (↑) Jana Nieruch, Amir Homola Belamkadem, Jakob Zeisberger, Nina Mohs, Valentin Teufel, Peter Breidenich, Naomi Simeunovic, Marius Huth, Mahalia Slisch; Foto © Birgit Hupfeld Weiterlesen