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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Archiv für März, 2008

„Denglisch“-Quatsch … zum Zweiten

2008, März 30.

Geert Teunis in der Hauptversammlung der Volkswagen AG am 3. Mai 2006:

Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich vertrete eigene Aktien …

Ich habe vor einigen Monaten einen Passat bestellt und dabei erfahren, dass man fundierte Englischkenntnisse braucht, um alles zu verstehen, was angeboten wird. Bei der Ausstattung kann man wählen zwischen Trendline, Highline, Sportline und Comfortline.

Bei den Motoren gibt es u. a. TDI und FSI. Was „FSI“ bedeutet, weiß der Berater nicht genau; es heiße wohl „Full Selected Injection“ oder so. In Wirklichkeit heißt es natürlich „Fuel Stratified Injection“.

Es gibt weiterhin den FSI 4MOTION. Meine Nachfrage nach der Bedeutung von „4MOTION“ lautet: „Das ist doch klar: unser Allradantrieb!“ Der Berater weiß nicht, dass die korrekte Übersetzung für Allradantrieb „Four wheel drive“ ist. „4MOTION“ ist eine grammatikalische Unmöglichkeit und stellt eine böse Verstümmelung der englischen Sprache dar. Denn „Motion“ für Bewegung kann morphosyntaktisch nicht mit einer Zahl kombiniert werden. Im Englischen ist das genau so unmöglich, wie es „4Bewegung“ im Deutschen wäre. Bei den Farben ist es so bunt, dass es mir wegen der vielen englischen Qualifizierungen einfach zu bunt wird, bei denen man sich offenbar nicht die Mühe gemacht hat, nach deutschen Äquivalenten zu suchen. Ich darf wählen aus Candy-Weiß, Granite Green, Arctic Blue Silver, Wheat Beige, Shadow Blue, United Silver usw. Gibt es wirklich keine treffenden deutschen Namen für unser deutsches Produkt? Wo bleibt die Kreativität unserer Werbeabteilung?

(Beifall) Weiterlesen

Zehn Minuten . . .

2008, März 28.

. . . zehn Minuten – hier die legendären seinerzeitigen Ausführungen von Edmund Stoiber – wären es gewesen, mit dem Transrapid vom Münchner Hauptbahnhof zum Flughafen „Franz Joseph Strauß“, statt der 45 Minuten, bei denen es auf absehbare Zeit bleiben wird. Denn nun wurde das Aus für die Transrapid-Strecke beschlossen.

Liebe Bayerinnen und Bayern, lassen Sie uns die Zehn-Minuten-Rede in liebevoller Erinnerung behalten – das ruft Ihnen ein absolut bavariaphiler Hesse zu!

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Wappen des Königreichs Bayern; Bildnachweis: wikimedia commons

Der Frankfurter Künstlerclub im Nebbienschen Gartenhaus

2008, März 27.

Von Erhard Metz

Nehmen wir an, Sie sitzen an einem warmen Frühlingstag auf der Terasse des Hilton-Hotels und schauen in das junge Grün des hier Bockenheimer Anlage genannten Abschnitts des Frankfurter innerstädtischen Wallanlagenrings. Ihr Blick schweift umher und bleibt auf einem besonderen Kleinod dieser an Kleinodien wahrlich nicht armen Stadt ruhen: Sie erblicken das Nebbiensche Gartenhaus, das Domizil des renommierten Frankfurter Künstlerclubs. Gewiss nehmen Sie sich vor, nach einem abschliessenden Cappuccino Ihre Schritte dorthin zu lenken. Sie treten ein und befinden sich in einer Ausstellung eines der vielen namhaften Frankfurter Künstler.

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Das klassizistische Nebbiensche Gartenhaus, 1810 von Salins de Montfort für den Verleger Marcus Johannes Nebbien als Gartenpavillon errichtet, diente vor dem Zweiten Weltkrieg verschiedenen Zwecken, zuletzt als Maleratelier. 1952 wurde es mit Hilfe von Spenden renoviert. Zu seiner Rechten steht in dem das Gebäude umgebenden romantischen Garten ein marmorner italienischer Renaissance-Brunnen aus dem Park der Villa Waldfried des von den Nationalsozialisten verfolgten Frankfurter Unternehmers und Mäzenen Carl von Weinberg. Die linke Seite schmückt ein weiterer Springbrunnen, aus einem Kapitell aus weissem Sandstein gefertigt und mit einem schmiedeeisernen Brunnenhäuschen verziert.

Ende 1953 gab die Stadt das Gebäude zur Nutzung durch einen Kunstverein frei. Es wurde der Schauspielerin Dodo van Doeren zur Verfügung gestellt, die 1955 mit sechs weiteren Künstlerinnen und Künstlern den gemeinnützigen Verein „Gebende Hände“ zur Unterstützung freischaffender Künstler gründete. 1980 – nach 25 Jahren seiner Existenz – gab sich der Verein seinen heutigen Namen „Frankfurter Künstlerclub – gemeinnütziger Zusammenschluss von Künstlern und Kunstfreunden“. Weiterlesen

Wirtschaftssystem in der Kritik

2008, März 26.

Ich sehe, dass sich zunehmend mehr Menschen von Personal und Institutionen in Wirtschaft und Staat distanzieren. Die grosse Gefahr dabei ist, dass nicht nur einzelne Wirtschaftsführer oder Politiker ihre Glaubwürdigkeit verspielen, sondern das ganze System letztlich keine Akzeptanz mehr findet . . .

Wenn sich der Eindruck verfestigt, dass die Entscheidungen über Investitionen und damit über die Lebensbedingungen der Menschen ausschliesslich der Logik von Rentabilitätskalkülen folgen, dann verwundert es nicht, dass dieses Wirtschaftssystem seine Akzeptanz verliert.

Norbert Lammert, Präsident des Deutschen Bundestages, in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 23. März 2008: „Die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos“

In Frankfurt geht die Kunst aufs Wasser

2008, März 24.

Von Erhard Metz

Dass in Frankfurt am Main die Kunst vor langem schon sozusagen ins Wasser gegangen ist, in den Portikus auf der Maininsel nämlich, das wissen wir. Nun ist sie auch auf das Wasser gegangen, unter dem Motto „Frankfurt Maritim“, in ein Ausstellungs- und Atelierschiff, den neuen schwimmenden Kunststandort der Stadt. Es ankert am Mainwasenweg 29 nahe der Anlegestelle Ruderdorf auf der Höhe des Stadtteils Oberrad. Taufe und Inbetriebnahme des Schiffes fanden am Donnerstag vor Ostern zusammen mit der Eröffnung der Ausstellung „Yona Friedman“ – seine Installationen befinden sich sowohl im Portikus als auch auf dem Schiff – statt.

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Im Sommer dieses Jahres werden die Staatliche Hochschule für Bildende Künste – Städelschule – und der Portikus, ferner das Museum für Moderne Kunst und der Frankfurter Kunstverein das Ausstellungs- und Atelierschiff mit Einzel- und Gruppenprojekten „bespielen“. Vom Frühjahr 2009 an stellt das städtische Kulturamt das Schiff im Rahmen des neuen Künstlerstipendiums „Frankfurt Maritim“ internationalen Gastkünstlern als Atelier und Wohnung zur Verfügung. Mit „Frankfurt Maritim“ ergänzt die Stadt ihre bekannten und begehrten zwei- bis dreimonatigen „Artist in Residence“ – Stipendien, die sie im jeweiligen Austausch mit acht internationalen Partnerstädten vergibt.

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Samuel

2008, März 19.

Von Erhard Metz

Wir kennen Nicole Ahland und ihre unlängst in der Galerie Greulich ausgestellten Arbeiten. Heute nähern wir uns ihrer Installation Samuel im Frankfurter Dommuseum.

Schauplatz: der überdachte, von dem kleinen Kreuzgang des Domes umgebene, Quadrum genannte Raum. Licht fällt durch die Dachverglasung auf den bekannten, im Frankfurter Stadtgebiet vielerorts anzutreffenden warmtönigen Buntsandstein dieser Mauern mit ihren Grabmalen und den breiten, dreiteilig gegliederten gotischen Fensterbögen des Kreuzgangs.

Wir sehen eine etwa dreieinhalb Meter hohe, rund sieben Meter breite, ungeteilte Projektionsfläche aus Stoff, ein gegenüber aufgestellter Projektor strahlt ein Dia auf diese Wand. Es handelt sich um eine schemenhaft in hellem Licht erscheinende Figur, ein Jüngling, ein junger Mann, die volle Höhe der Projektionsfläche einnehmend, den Kopf und die Füsse leicht angeschnitten, bekleidet ist diese Figur lediglich mit einem weissen Slip. Links und rechts der aus hellem Licht hervortretenden Figur verdunkelt sich die Wand in einem bräunlichen Ton.

Der junge Mann, vom Licht des Hintergrunds nahezu überstrahlt, scheint seinerseits in seiner linken, dem Betrachter zugewandten Seite seines eher schmächtigen Körpers zu erstrahlen. Und wir erinnern uns an den Umgang der Fotokünstlerin Nicole Ahland mit dem Licht, das sich in ihren Bildern gleichsam materialisiert.

Der Jüngling steht mit geschlossenen Beinen, den Kopf nach vorne gesenkt, mit herabhängenden Schultern und Armen wehrlos, verletzbar erscheinend, als müsse er sich vor einer unsichtbaren Instanz verantworten.

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„Tarzan in Pension“ – Spanner, Spinner, Samurai? Miroslav Tichýs Fotografien im Frankfurter MMK

2008, März 11.

Von Erhard Metz

„Ich bin kein Maler. Kein Bildhauer. Kein Schriftsteller. Ich bin Tarzan in Pension“, wird Miroslav Tichý zititiert. Und weiter: „Ich bin so ein wildgewachsener Mensch, mich kann nicht einmal der heilige Nepumuk oder Gott beeinflussen. Niemand.“ Und noch weiter: „Ich bin ein Samurai und es ist mein einziges Ziel, meine Gegner zu vernichten.“

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φῶς, phos, Licht, γράφειν, graphein, zeichnen: Die photographischen Lichtgemälde von Nicole Ahland

2008, März 6.

Von Erhard Metz

Photographien – wir schreiben fortan Fotografien – können, bereits seit vielen Jahrzehnten, begehrte Kunstwerke sein, denen Ausstellungen, Sammler und Museen gerade in jüngerer Zeit wieder verstärkt ihre Aufmerksamkeit zuwenden. So gibt etwa in diesen Tagen das Städel Museum bekannt, ein Konvolut an Meisterwerken aus der renommierten Fotografiesammlung der DZ BANK mit Arbeiten unter anderem von Richard Avedon, Andreas Gursky, Cindy Sherman und Richard Prince zu erwerben. Das Museum für Moderne Kunst MMK präsentierte unlängst eine national wie international Aufsehen erregende Schau fotografischer Werke der Amerikanerin Taryn Simon. Es eröffnet derzeit eine Ausstellung des fotografischen Oeuvres von Miroslav Tichý. Einige aktuelle Beispiele nur, die den Stellenwert der Fotokunst untermauern mögen.

Leider viel zu kurz – nur noch bis zum übermorgigen Samstag – zeigt die Frankfurter Galerie Greulich fotografische Arbeiten der 1970 in Trier geborenen Künstlerin Nicole Ahland. Länger – bis zum 27. April 2008 – bleibt ihre Installation „Samuel“ im Dommuseum Frankfurt am Main zu sehen, auf die wir in einem weiteren Beitrag zurückkommen werden.

Bevor Ahland an der Fachoberschule für Gestaltung und anschliessend an der Akademie für Bildende Künste der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz studierte, hatte sie sich auf umfangreiche Forschungsreisen nach China und Vietnam begeben. Mehrere Ausstellungen sowie Stipendien und ein Förderpreis begleiteten ihre künstlerische Entwicklung in den zurückliegenden Jahren. Heute lebt und arbeitet sie in Wiesbaden.

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