Von Erhard Metz
Schauplatz: Galerie Perpétuel in Frankfurt-Sachsenhausen, vor ein paar Tagen, es ist ein warmer Spätjuni-Abend. Eva Weingärtner, die Performancekünstlerin, hat sich angesagt.
Es ist eine Sitzung der besonderen Art. „Wir fangen jetzt an. Aber wer erwartet, dass ich etwas aufführe, den muss ich leider enttäuschen“, so etwa sagt sie zu Beginn. Begraben wir also unsere Rezipientenerwartung.
Eva Weingärtner sitzt hoch aufgerichtet auf einem gestuften Hocker, die Beine ausgebreitet, den rechten Fuss zumeist auf dem unteren Treppchen, den linken auf dem Boden, bekleidet mit einem leichten, Schultern und Arme bedeckenden Kleid, in Schwarz, versteht sich, so hat es etwas von einer Robe, einem Talar. Apart schaut sie aus, die Künstlerin, eine Aura scheint sie zu umgeben. So könnten wir uns eine Magierin vorstellen. Ruhig wirkt sie in ihren Bewegungen, konzentriert, versammelt in Gesicht und Körperhaltung.
Ihr unmittelbar gegenüber ein einfacher, im Vergleich zu dem Hocker niedrigerer Bürostuhl, ohne Armlehnen. Wer mag, kann auf ihm Platz nehmen, vis-à-vis der Künstlerin. Die anderen Gäste könnten, so sagt sie, sich derweil durchaus in der Galerie umschauen (in der es diesen Abend ausser weissen Wänden nichts zu sehen gibt!) oder auf die Strasse gehen. Was einige der Anwesenden denn zwischenzeitlich auch tun.
Was ist das für eine Situation, wenn wir auf diese Weise auf dem Stuhl vor der Künstlerin sitzen? Ein Probant einer Forscherin gegenüber? Ein Examenskandidat einer Professorin? Ein Angeklagter der Richterin? Ein Patient einer Ärztin, Therapeutin, Hypnotiseurin? Ein Beichtender einer Priesterin?

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