Hochkarätige Zeugnisse eines Lebens für und mit Kunst
Von Hans-Bernd Heier
Sie war eine couragierte, engagierte und grosszügige Frau – eine ganz ausserordentliche Persönlichkeit: Hanna Bekker vom Rath. Die mehrfach begabte Künstlerin war Malerin, Sammlerin, Kunsthändlerin und Mäzenin. Ihrer Sammelleidenschaft und der selbstlosen Unterstützung vieler, im Dritten Reich als „entartet“ diffamierten Künstlerinnen und Künstler des Expressionismus verdankt das Museum Wiesbaden „den wichtigsten Baustein seiner Sammlung“, wie es Alexander Klar, Direktor des Landesmuseums, formulierte.
Seit 1987 besitzt das Museum Wiesbaden grosse Teile der ehemaligen Sammlung von Hanna Bekker vom Rath (1893 bis 1983). Aus Anlass ihres 120. Geburtstags präsentiert das Landesmuseum in einer grossartigen Schau die 30 Kunstwerke, die damals aus ihrem Nachlass erworben werden konnten, und vereint diesen wertvollen Bestand mit zahlreichen noch im Familienbesitz befindlichen sowie heute in renommierten Museen aufbewahrten Kunstwerken der ursprünglichen Kollektion. Erstmals sind die hochkarätigen Arbeiten wieder in ihrer Gesamtheit zu sehen – darunter unter anderem Werke von Max Beckmann, Willy Baumeister, Erich Heckel, Alexej von Jawlensky, Paul Klee, Ernst Ludwig Kirchner, Ernst Wilhelm Nay, Karl Schmidt-Rottluff und Wassily Kandinsky. Zugleich wird mit der Ausstellung die Übergabe von mehr als 15 bedeutenden Dauerleihgaben aus dem Nachlass an das Museum gefeiert. Bis zum 6. Oktober 2013 gibt es insgesamt 95 hochrangige Werke zu bewundern.
Johanna Emy Adele vom Rath, kurz Hanna genannt, wurde am 7. September 1893 in Frankfurt geboren und wuchs in grossbürgerlichen Verhältnissen auf. Ihr Vater, Walther vom Rath, gehörte dem Aufsichtsrat der damaligen Farbwerke Hoechst an und ihr Urgrossvater, C. F. Wilhelm Meister, war einer der drei Gründer der Farbwerke. Bereits sehr früh wurde Hannas ausgeprägtes Interesse für bildende Kunst geweckt. Als 16-jährige drängte sie ihren Vater, ihr eine lebensgrosse fragmentierte Christusfigur zu kaufen. Dieser ausdrucksstarke, ja expressive Torso sollte sie das ganze Leben begleiten und hing später auch an exponierter Stelle in ihrem „Blauen Haus“ in Hofheim.
Lebensgroßer spätmittelalterlicher Holztorso Weiterlesen