Wir haben uns zuletzt viel mit minimalistischer und konzeptueller Kunst befasst, zeitgenössische Installationen und Interventionen in den Blick genommen. Da tut es gut, einmal innezuhalten, sich zu vergewissern, wo man steht, im Bereich der Skulptur, vor allem auch des Tafelbilds, und sich dabei durchaus einem Landschaftsmaler des 19. Jahrhunderts wie dem Frankfurter Carl Morgenstern zuzuwenden, dem das Museum Giersch anlässlich des 2oo. Jahrestages der Geburt des Künstlers seine gegenwärtige Ausstellung widmet.
Carl, bereits in der vierten Generation der Malerdynastie Morgenstern (auch sein Sohn Friedrich Ernst, 1853 bis 1919, wird ihm in dieser Familientradition folgen), wird im Jahr 1811 geboren und von seinem Vater Johann Friedrich in der Tradition des damaligen Akademiebetriebs und einer dunkeltonigen, den altniederländischen Vorbildern verpflichteten Malweise unterwiesen. Mit 21 Jahren begibt er sich nach München, wo er sich – jenseit von Akademie und Hofmalerei – einer Gruppe junger Landschaftsmaler anschliesst, die vor allem in der Natur ihren Lehrmeister sehen.
1829 findet die längst klassische deutsche Italien-Sehnsucht mit der Veröffentlichung der „Italienischen Reise“ von Johann Wolfgang Goethe einen vorläufigen Höhepunkt. Im Herbst 1834 bricht auch Carl Morgenstern zur Reise nach Italien auf, die ihn durch die Vielfalt der italienischen Landschaften bis nach Sizilien führt und von der er erst im Sommer 1837 zurückkehrt. Seine mit sensiblem handwerklichen Können auf das Feinste gefertigten Arbeiten – auf der Grundlage hunderter Skizzen in seinen Ateliers in Italien und in Frankfurt ausgeführt – bringen ihm den Titel „Frankfurter Italienmaler“ ein.
Ihn faszinieren die südlichen Lichtverhältnisse, die Stimmungen des blauen Himmels und des blauen Wassers, die antiken Stätten, die üppige Vegetation, die kleinen Fischerorte am Meer. Die malerische Wiedergabe der zahlreichen verschiedenen Blautönungen und -schattierungen und der Intensität des Lichts sind ein herausragendes Merkmal dieser den südlichen Landschaften gewidmeten Malerei.
Carl Morgenstern, Capri bei Sonnenaufgang, 1836, Öl auf Leinwand, 74,5 x 105 cm, Privatbesitz Weiterlesen