„Blindheit des Sehens“ im Frankfurter KunstBlock
2010, Oktober 30.„Bildnisse sehen nicht? Du irrst Dich, die Bilder und Figuren sehen mit den Augen, die sie betrachten“ schrieb der Literatur-Nobelpreisträger José Saramago.
Und der Philosoph und Essayist Paul Valéry: „Ein Kunstwerk sollte uns immer beibringen, dass wir nicht gesehen haben, was doch vor unseren Augen liegt.“
Blindheit des Sehens – so der Titel einer Ausstellung im Frankfurter KunstBlock (Bellavista Film), kuratiert von Florian Koch in Kooperation mit dem benachbarten DialogMuseum („Blindenmuseum“) und dem Frankfurter Künstler Klaus Schneider. Provokation? Realität?
Gleich zu Beginn nimmt ein „Buch“ unsere Aufmerksamkeit in Anspruch. Klaus Schneider hat es in der Bibliothek der Bellavista aufgestellt, es ist aus Holz, der Titel und die einzige aufklappbare „Seite“ in Brailleschrift, auf der linken Innenseite mit Holzkugeln materialisiert, denen Versenkungen in der rechten entsprechen. Wir können sie nicht lesen. Nicht den Inhalt des Geschriebenen erfassen. Unsere Fingerkuppen gleiten hilflos über die Holzkügelchen.
Blinde lesen, was sie nicht sehen können.
Wir Nichtblinden sehen, was wir nicht lesen können.
Klaus Schneider, wer-wir B (oben) und A (unten), 1996 und 2001, Nussbaum- und Buchenholz, Scharniere, Holzkugeln, 30 x 25 × 6 und 25 × 25 × 6 cm (Fotos: Klaus Schneider) Weiterlesen