Der Magnolienbaum, seine Geschichte, seine heilende und kulinarische Wirkung
MAGISCHE MAGNOLIENBLÜTEN
von Paulina Heiligenthal
Bäume sind Gedichte, die die Erde in den Himmel schreibt. Khalil Gibran (1883 – 1931) Maler, Philosoph und Dichter
Der Magnolienbaum ist eines der Symbole, die den Frühling ankündigen. Dann nämlich verwandelt sich das Gartenreich in ein überwältigendes Blütenparadies: exotisch und voller Magie. Bezaubernd schön, auch flüchtig, zieht dieser Baum jeden Betrachter in seinen Bann. Eine wahre Augenweide, dieser Blütenrausch, dessen Anmut und Grazie die Dichter beschreiben. Als eine Art Zauberkönigin überstrahlt sie im Frühjahr alle anderen Blüten ihrer Umgebung in Schönheit, Größe und Üppigkeit, die nur 2 bis 3 Wochen lang währt.
Unübersehbar schön und anmutig, die Magnolie, Foto: Paulina Heiligenthal
Noch vor dem ersten Laubaustrieb, entfalten sich die tulpenähnlichen Baumblüten von 10 bis 20 cm Größe zu einer märchenhaften Pracht. Sie sitzen meist vereinzelt, endständig an den Zweigen. Die Blütenblätter sind fragil und samtweich in ihrer Farbe. Wie handgemalt. Sie sind geheimnisvoll und sinnlich und verströmen einen herrlichen Duft. Das Gehölz ist kraftvoll, stark und vital.
Die Blüten strecken sich vergnügt dem Himmel entgegen, Foto: Paulina Heiligenthal
Der Magnolienbaum kommt ursprünglich aus China und trägt eine der ältesten Blütengattungen unserer Erde. Die ersten Pflanzen blühten bereits vor über 100 Millionen Jahren. Seit der Kreidezeit, als es noch keine Bienen oder Schmetterlinge zur Vermehrung gab, werden Magnolienbäume von Käfern befruchtet. Sie sind protogyn, dies bedeutet, dass sie vorweiblich sind. Ihre Blüten enthalten keinen Nektar, dafür produzieren sie reichlich Pollen.
Ca. 230 Magnolienarten sind bekannt. Hierzulande schmückt hauptsächlich die prachtvollste ihrer Art, die Tulpen-Magnolie (Magnolia soulangeana), Gärten und Parks. Ein sommergrüner Baum, der manchmal zweimal im Jahr blüht. Eine Rarität ist die immergrüne Magnolie Grandiflora mit attraktivem zweifarbigem Laub. Sie wird zunehmend beliebter.
Der Name Magnolie, (botan.-lat. Magnolia,) stammt vom französischen Botaniker und Zeichner Charles Plumier (1646-1704), der dem geistlichen Orden der Paulaner angehörte. Im Namen der Krone reiste er mehrfach nach Süd-Amerika und in die Karibik. Erfolgreich kreuzte er nach Rückkehr 1703 in Frankreich ein Gewächs aus Martinique, das er dem Gelehrten und Landsmann Pierre Magnol widmete. Welch eine Hommage! 1737 wurde der Name vom schwedischen Naturforscher Carl von Linné übernommen.
Symbolisch steht die Magnolie für Reinheit. Auch für Treue und Wertschätzung. Und wen wundert es: für Weiblichkeit, Anmut und Schönheit.
Blütenblätter wie von Hand in feinen Pinselstrichen gemalt, Foto: Paulina Heiligenthal
Im Buddhismus wird ein Baum als Baum des Lebens gesehen und gilt als heilig. Bereits seit dem 7. Jahrhundert kultivieren die Mönche Magnolienbäume in ihren Klostergärten. Beidseitig des Eingangsbereichs eines buddhistischen Tempels steht jeweils ein Prachtexemplar.
Ein Baum, der eine solch lange Zeit überdauert hat, ist stark, anpassungs- und widerstandsfähig und besitzt ungeahnte Fähigkeiten. Fast alles von diesem Baum kann man verwenden. Er ist wirksam, heilsam …und nachhaltig! Magnolien können wesentlich mehr als ihr prachtvolles Erscheinungsbild mit dem herrlichem Duft vermuten lässt.
Legendär ist die prächtige Magnolie in Frankfurts ehemaligem Karmeliterkloster, Foto: Petra Kammann
Seit über 2100 Jahren wendet man in der traditionellen Naturmedizin Chinas die heilenden Kräfte der Baumrinde, hou po genannt, an. Auch in Japan werden Magnolien für medizinische Zwecke genutzt, deren Wirkung von der modernen Medizin bestätigt wurde. Die wichtigsten Bestandsteile der Rinde sind die starken Antioxidantien Honokiol und Magnolol, die aus diesen Gründen und wegen der entzündungshemmenden Wirkung hochgeschätzt sind. Sollen sie doch tausend Mal effektiver sein als das Vitamin E. Forschungsergebnisse zu Krebserkrankungen stehen noch aus.
Sinnlich ist das Innenleben, Foto: Paulina Heiligenthal
Honokiol soll Angstzustände, Stress, innere Unruhe reduzieren, stimmungsaufhellend und hilfreich bei Schlafproblemen sein. Ganz ohne Nebenwirkungen.
Da Magnolien in Zusammenhang mit physischen und mentalen Alterungsprozessen eine Rolle spielen, vermutet man einen verjüngenden Effekt. In der Kosmetik findet der Rindenextrakt zunehmend Anwendung wegen der antiseptischen Eigenschaften, außerdem zur Vorbeugung von Hautinfektionen. Ihren Duft findet man in feinen Seifen, in hochwertigen Düften und in der Aroma-Therapie.
Bei aller Zartheit und Zerbrechlichkeit trotzt die Tulpen-Magnolie dem Winterfrost, Foto: Paulina Heiligenthal
„Die Blumen des Frühlings sind die Träume des Winters.“ Khalil Gibran
Jaaaa….. und was bei uns weniger bekannt ist: Man kann die Blütenblätter der meisten Magnolienarten sogar essen. Direkt vom Baum, einfach großartig! Direkt vom Baum in den Mund! Mein erstes Blatt! Sie haben einen erstaunlichen Geschmack: Ein wenig schmecken die Blätter nach Anis und nach Ingwer. Auch ist der Geschmack rosenblumig mit einer feinherben Note. Einfach köstlich!
Voller Begeisterung habe ich Magnolien-Sirup nach eigenem Gusto hergestellt. Mit Zutaten wie Wasser, Rohrzucker und Zitronensäure habe ich die Blüten 3 Mal kurz aufgekocht. Mit Mineralwasser ein köstliches Erfrischungsgetränk. Die Inspiration hierzu bekam ich von Yvette van Boven, einer niederländischen Kochbuchautorin.
Als Amuse Gueule-Löffel ist das gefüllte Blütenblatt zudem ein gelungener Blickfang auf jedem Vorspeisenteller.
Für einen duftenden Tee sollte man die Blätter allerdings nicht kochend heiß überbrühen, sondern das Wasser etwas abkühlen lassen. Ihm werden antibiotische und antibakterielle Wirkungen nachgesagt, die zur Linderung von Schnupfen beitragen sollen.
Die Blätter ergeben einen köstlichen Tee, Foto: Paulina Heiligenthal
Auch Magnolien-Gelee kann man sogar selber herstellen. Und für den Duftreis fügt man eine Knospe zum Garprozess hinzu. Für Duftöl lässt man Blütenblätter in Mandelöl ziehen. Eine köstliche Beigabe für den etwas anderen Kuchen.
Für ein perfektes Dressing kann man sogar Magnolien-Essig ansetzen. Dazu benötigt man: vier bis fünf Handvoll Blätter, 1 Flasche weißen Bio-Essig und ein steriles Glas. Gegebenenfalls kann man noch Pfefferkörner, Lorbeer, Fenchelsamen oder andere Kräuter hinzufügen und den Essig 2-3 Wochen an einem dunklen, kühlen Ort ziehen lassen. Die knackigen Blütenblätter sorgen in einem gemischten Salat für eine exotische Komponente.
Betörend duftet das zartrosa-weiße Gartenjuwel Magnolie, Foto: Paulina Heiligenthal
Magnolie und Himbeeren sind ein Traumpaar und passen hervorragend zusammen wie auch Erdbeeren oder Lychees . Sie sind gute Partner. Oder gegart mit Rhabarber, in Magnoliensirup.
Ein Beerencocktail mit einem Hauch von Magnolie gefällig?, Foto: Paulina Heiligenthal
Oder am Ende als Nachtisch ein Eis, garniert mit einem Basilikumblättchen? Wie auch immer: Wohl bekomm’s!
GUTEN APPETIT! EET SMAKELIJK! BON APPÉTIT!