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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Archiv für Dezember, 2009

Alles Zufall?

2009, Dezember 29.

Alles Zufall?

Gedanken zum Jahreswechsel

Von Johanna Wenninger-Muhr

Spielt der Zufall im Leben eine größere Rolle, als es uns Menschen lieb ist? Man denkt an einen Freund, den man seit Jahren nicht mehr gesehen hat. In diesem Moment läutet das Telefon und er ruft an. Für Carl Gustav Jung, den Begründer der Analytischen Psychologie, kein blinder Zufall, sondern das „sinnvolle Zusammentreffen eines inneren und eines äußeren Ereignisses“. Die rätselhafte Übereinstimmung zwischen Innen- und Außenwelt nennt er Synchronizität und meint: Oft enthält der so genannte Zufall eine Botschaft, die es zu entschlüsseln gilt. Zufall oder Fügung? Diese Frage beschäftigte schon Aristoteles vor zweieinhalb Tausend Jahren. Einen Exkurs in die Welt des Zufalls gab es im November auf Schloss Eggersberg im Altmühltal. Gerhard Hofweber, Doktor der Philosophie und Akademischer Rat der Universität Augsburg, reflektierte im Rahmen seiner philosophischen Seminare in einem kleinen Teilnehmerkreis zum Thema „Aristoteles – der Zufall und seine Bedeutung für unser Leben.“

Den Monat November und Schloss „Eggersberg“, hoch über dem Altmühltal gelegen, hat Hofweber gewählt, um uns Teilnehmer auf das Thema einzustimmen: auf Aristoteles und den Zufall. Aristoteles – keine leichte Kost und die Frage nach dem Zufall schon gar nicht.

Mein Fuß ist geschient – ein Kapselriss im linken Fußgelenk, als Folge eines kleinen Unfalls. War es Zufall oder was war es? Eine Botschaft? Ein wenig kürzer treten, Ruhe geben? Jedenfalls heißt es erstmals viele Stufen steigen mit geschientem Fuß im Schloss aus dem 16. Jahrhundert, das zu einem Hotel und Restaurant umgebaut wurde, aber ohne Lift. Es heißt jeden Schritt überlegen, bedächtig einen Fuß vor den anderen setzen.

Das ist mühsam. Mein Zimmer liegt auf der zweiten Etage. Philosophiert wird auf der ersten und gespeist im Parterre des alten Gemäuers. All die vielen Ahnenbilder auf den Gängen, ehemalige Schlossbewohner, die mich mit Blicken verfolgen und Fragen stellen … bilde ich mir ein. Weiterlesen

Frankfurter Kunstverein: „Bilder vom Künstler“ (2) – Paule Hammer

2009, Dezember 28.

„Bilder vom Künstler“ – so lautet die derzeitige, noch bis zum 17. Januar 2010 laufende Ausstellung, mit der der Frankfurter Kunstverein sieben sehr unterschiedliche Positionen zu dem Thema Selbstverständnis des Künstlers und Rollenbilder der Gesellschaft zur Diskussion stellt. Seinen Grossen Ausstellungssaal in der zweiten Etage widmet er einer raumgreifenden Inszenierung aus Malerei, Sound und Video „Weltenzyklopädie III“ des Leipziger Künstlers Paule Hammer.

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Paule Hammer vor: „Sun Ra Music und das All-Sturm-System“, 2009, Acryl, Tusche und Papier auf Leinwand, 300 x 250 cm, Courtesy the artist und Laden für Nichts Weiterlesen

Botticelli-Weihnacht im Städel Museum / 3

2009, Dezember 26.

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Sandro Botticelli (1444/45-1510), Madonna mit Kind und dem Johannesknaben, Leinwand, 134 x 92 cm, Florenz, Palazzo Pitti, Galleria Palatina; Foto: Florenz, Polo Museale, Gabinetto Fotografico, Galleria Palatina

Auch dieses Madonnenbildnis wurde erst nach seiner Restaurierung im Jahr 1976 als ein eigenhändiges Werk Sandro Botticellis anerkannt. Es gehört zu seinem Spätwerk, für welches unter anderem seine grossfigurigen Darstellungen kennzeichnend sind.

Ein Werk von erstaunlicher, ungewöhnlicher Bildkomposition und expressiver Kraft, ein Andachtsbild von verdichteter religiöser Aussage. Maria beugt ihren Oberkörper über das Jesuskind und den Johannesknaben fast bis in die Waagerechte. Selbst in dieser Haltung füllt sie zur Gänze das monumentale Bildformt von rund 130 Zentimeter Höhe. Sie reicht das parallel zu ihrem Oberkörper in der Waagerechten gehaltene Kind tief hinab, damit der Johannesknabe es umfassen kann. Wieder begegnen wir dem für die Jungfrauengeburt stehenden Rosenstrauch, der den Bildhintergrund etwa zu einem Drittel ausfüllt. Gewaltige, geradezu dramatisch gesteigerte Faltenwürfe und eine grosse Farbenpracht kennzeichnen Marias komplexe Gewandung in Rot, Blau und Grün. Kind und Knabe schmiegen ihre Köpfe aneinander und umarmen sich innig. Die Gesichter sind, über die von Botticellis Darstellungen bekannte melancholische Mimik hinaus, von tiefem Ernst gezeichnet – im Wissen um Passion und Kreuzestod.

Bemerkenswert der überlange, vom Maler durch die Umarmung von Kind und Knabe hindurchgeführte Kreuzesstab, der auf der rechten Schulter des Johannes ruht und zugleich die linke Schulter von Jesus berührt – Ausblick auf das Kreuz, welches dieser als Erwachsener zu tragen haben wird. Und: Botticelli erfasst in dieser Darstellung den Wendepunkt der biblischen Heilsgeschichte im Übergang des Geschehens von Johannes dem Täufer auf Jesus.

Die Ausstellung “Botticelli” im Städel Museum Frankfurt – sie ist die erste dieser Art im deutschsprachigen Raum und zeigt eine Auswahl von weltlichen Bildnissen, mythologischen Allegorien und religiösen Darstellungen – wird bis zum 28. Februar 2010 zu sehen sein.


Botticelli-Weihnacht im Städel Museum / 2

2009, Dezember 25.

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Sandro Botticelli (1444/45-1510), Madonna mit Kind („Madonna Guidi“), Pappelholz, 73 x 40 cm, Paris, Musée du Louvre, Foto: bpk / RMN / Paris, Musée du Louvre / Hervé Lewandowski

Auch diese Madonna mit Kind, nach ihrem Vorbesitzer „Madonna Guidi“ benamt, wurde erst in der jüngeren Kunstgeschichte unmittelbar der Hand des Meisters Sandro Botticelli – als eines seiner herausragenden Frühwerke – zugeschrieben.

Die Darstellung ist wegen ihrer fein austarierten Komposition – Maria, ihren Körper schräg nach rückwärts gelehnt, hält auf diese Weise die Balance mit dem lediglich auf ihrem linken Bein sitzenden, ausserordentlich korpulenten und gewichtigen Kind – von einem besonderen Reiz. Die Trennlinie zwischen Marias rotem Untergewand und dem dunkelblauen Mantel in etwa der Bildmitte bildet eine Diagonale, die in der Blickachse der Augen von Mutter und Kind eine parallele Entsprechung findet.

Im Hintergrund eine sich in die Ferne öffnende, diagonal zur Bildmitte hin abfallende felsige Landschaft, zur Rechten von einem überkuppelten Gebäude gekrönt, für das unschwer das oktogonale Florentiner Baptisterium als Vorlage vermutet werden kann, welches in seiner Form wiederum an die seinerzeit auf dem Golgatha-Felsen in Jerusalem errichtete Grabeskirche erinnern mag. Eine Passions- und Todesvision kann auch in dem – für die Malerei Botticellis allerdings typischen – durchaus melancholischen Ausdruck der Gesichter von Mutter und Kind erkannt werden.

Die Ausstellung „Botticelli“ im Städel Museum Frankfurt – sie ist die erste dieser Art im deutschsprachigen Raum und zeigt eine Auswahl von weltlichen Bildnissen, mythologischen Allegorien und religiösen Darstellungen – wird bis zum 28. Februar 2010 zu sehen sein.


Botticelli-Weihnacht im Städel Museum / 1

2009, Dezember 24.

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Sandro Botticelli (1444/45 bis 1510), Anbetung des Kindes („Madonna Wemyss“), Leinwand, 122 x 80,5 cm, Edinburgh, National Gallery of Scotland, Foto: National Gallery of Scotland
© Sandro Botticelli (Alessandro Filipepi), The Virgin Adoring the Sleeping Christ Child, National Gallery of Scotland, Purchased with the aid of the Heritage Lottery Fund, The Art Fund, the Scottish Executive, the Bank of Scotland, the Royal Bank of Scotland, Sir Tom Farmer, the Dunard Fund, Mr and Mrs Kenneth Woodcock (donation made through the American Friends of the National Galleries of Scotland) and private donations 1999

Dieses Werk (nach seinem Vorbesitzer „Madonna Wemyss“ benannt) stand über Jahrhunderte nicht im Fokus der kunstwissenschaftlichen Betrachtung der Arbeiten Sandro Botticellis und wurde dessem Umkreis zugerechnet. Erst 1999, als die Schottische Nationalgalerie es erwarb und restaurieren liess, wurde es als eine eigenhändige Arbeit des Meisters ausgewiesen.

Maria beugt sich, inmitten eines Gartens und vor dem Hintergrund einer dramatischen wie zugleich architektonisch geformten Felsenlandschaft, über das schlafende Jesuskind. Entgegen den Krippenszenen erfährt Joseph, dem Dogma der Jungfrauengeburt entsprechend, in der Malerei jener Epoche keine Erwähnung (erst später wieder wird Joseph als zwar alter und deshalb für eine leibliche Vaterschaft nicht in Betracht kommender, aber treusorgender Familienvater dargestellt). Die dornenlosen Rosenstöcke zur Linken und zur Rechten stehen für die „unbefleckte“ Empfängnis, die Veilchen links im Vordergrund für die Demut Marias, die zugleich blühenden wie Früchte tragenden Erdbeerpflanzen vorne rechts für die Inkarnation. Die Darstellung des Kindes als schlafend verweist auf den Tod des Gekreuzigten, die Felsenformation könnte das spätere Felsengrab symbolisieren.

Eine in Komposition und Farbgebung meisterliche Arbeit.

Die Ausstellung „Botticelli“ im Städel Museum Frankfurt – sie ist die erste dieser Art im deutschsprachigen Raum und zeigt eine Auswahl von weltlichen Bildnissen, mythologischen Allegorien und religiösen Darstellungen – wird bis zum 28. Februar 2010 zu sehen sein.


Uta Mallin: Alles fliesst

2009, Dezember 18.

Alles fliesst – Bilder vom Wasser

so lautet der Titel einer Ausstellung in der Frankfurter Volksbank Bad Vilbel.  Gezeigt werden Gemälde der Künstlerin Uta Mallin.

Wasser – Bedingung und Entstehungsort, Urgrund des Lebens. Nach den Lehren der antiken Philosophen Empedokles und Aristoteles eines der vier Elemente neben dem Feuer, der Luft und der Erde.

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Im Fluss, Öl auf Leinwand, 90 x 80 cm (Foto: FeuilletonFrankfurt)

πάντα ῥεῖ, panta rhei, alles fliesst.

„Alles fliesst und nichts bleibt; es gibt nur ein ewiges Werden und Wandeln“ formulierte Heraklit die zentrale Aussage der Flusslehre. Platon griff sie auf. Weiterlesen

Das grüne Kanapee / 11

2009, Dezember 15.

Heute steigen wir in Frankfurt am Main auf den

Eschenheimer Turm.

Mit habust, jawohl! Und sehen, was alles passiert. Hinterher setzen wir uns dann auf das grüne Kanapee und erinnern uns an das Erlebte (Sie wissen ja, draufklicken, Windows Media Player schaltet sich ein, und schon beginnt der Hörgenuss):

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(©  habust; Foto: GearedBull wikimedia commons GFDL)

Artists in Residence 2009: Ausstellung im ATELIERFRANKFURT

2009, Dezember 11.

Seit 19 Jahren bereits bietet die Stadt Frankfurt am Main im Rahmen ihres Programms „Artists in Residence“ Künstlerinnen und Künstlern aus den internationalen Partnerstädten Aufenthalte in ihren Gastateliers an, allein zehn an der Zahl in 2009. Zum dritten Mal nun werden deren Arbeiten in einer Jahresausstellung dem Publikum vorgestellt,   aktuell wieder im ATELIERFRANKFURT. Diese sehenswerte Ausstellung läuft noch bis zum 21. Januar 2010. Zwei künstlerische Positionen haben wir ausgewählt.

Màrta Czene hielt sich im Mai und Juni 2009 als Gastkünstlerin in Frankfurt am Main auf. Wir bilden exemplarisch zwei ihrer Gemälde ab, die sie in Aclyl und Öl auf Spanplatte ausführte. Die Künstlerin arbeitet hier in einem fast schon hyperrealistisch zu nennenden Stil und in altmeisterlich anmutender Maltechnik. Als Betrachter ist man geneigt, nahe vor diese Arbeiten zu treten, um sich zu vergewissern, dass es sich um Malerei handelt. Eine Malerei, die die fotografische Technik und das fotografische Abbild konterkariert. Schien einst die Fotografie die Malkunst überflüssig zu machen, so verhält es sich bei Màrta Czene umgekehrt – mit was für einem maltechnischen „Aufwand“!

„Ich versuche“, schreibt Màrta Czene, „den Eindruck einer Erzählung zu vermitteln, indem ich statische, voneinander unabhängige und isolierte Bilder auf den Bildgrund setze, eins neben das andere, ohne mich damit auf ein bestimmtes Ereignis zu beziehen. Die Idee dazu entstand beim Filmemachen. Ich stellte fest, dass selbst kleine Änderungen des Blickwinkels eine neue Aussage oder story evozieren können. Ich möchte so malen, dass das Bild wie ein Schnappschuss wirkt, den man aufnimmt, wenn man ein Zimmer betritt. Die Basis dieser malerischen Erzählungen sind zum Teil persönliche Geschichten, aber ich möchte nicht, dass die Betrachter herauszufinden versuchen, was daran meine Geschichte ist, sondern ich möchte, dass sie ihre eigenen Geschichten zu den Bildern erfinden“.

Die 1982 in Budapest geborene Künstlerin besuchte zunächst die Secondary School of Fine and Applied Arts, Budapest. Von 2001 bis 2007 studierte sie an der Hungarian Academy of Fine Arts, Painting Department und (2004 bis 2008) Intermedia Department. Im Rahmen des Erasmus scholarship besuchte sie ausserdem die renommierte Mailänder Accademia di Belle Arti di Brera. Über Budapest hinaus stellte sie unter anderem in Kaposvár sowie in Zürich aus.

l1003918-430b1 Weiterlesen

Frankfurter Kunstverein: „Bilder vom Künstler“ (1) – Andreas Wegner

2009, Dezember 9.

Bilder vom Künstler?  Ja, von wem denn sonst sollen Bilder kommen, etwa vom Nichtkünstler, werden Sie fragen?

Es führt ein wenig aufs Glatteis, was es da zu sehen gibt im Frankfurter Kunstverein, aber schliesslich ist es ja Winter, und kalt und glatt kann es durchaus bald werden. Aber kommen wir zur Sache:

Die Ausstellung im Frankfurter Kunstverein kreist um ein hochinteressantes Thema, nämlich die gesellschaftlichen Rollenvorstellungen vom Künstler: der Künstler als Freigeist oder Sonderling, Genie oder Zweifler, Hofnarr oder Provokateur, Lehrer oder Vermittler, Unterhalter oder Popstar oder gar als seine Geschäftsmodelle betreibender Unternehmer? Wir erkennen: Die Vorstellungen darüber, was ein Künstler ist oder sein soll, spiegeln in vielem den Zustand, die Werte und Ansprüche einer jeweiligen Gesellschaft wider. Der Künstler ist damit auch eine Projektionsfläche, kulturellen Milieus und zeitgeistigen Strömungen unterworfen. Künstler werden mit Erwartungen konfrontiert. Oft genug erfüllen sie sie. Wäre es aber nicht ihre Aufgabe, sie zu enttäuschen? Weiterlesen

Farbe – Form – Licht: Arthur Kostner in der Frankfurter Westend Galerie

2009, Dezember 6.

Von Erhard Metz

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Arthur Kostner und Salvatore A. Sanna, Vorstandsvorsitzender der Deutsch-Italienischen Vereinigung und Galerist

Liebhaber der zeitgenössischen und klassischen abstrakten italienischen Malerei finden in der Frankfurter Westend Galerie zumeist das Richtige, so derzeit in der Ausstellung „Farbe – Form – Licht“  mit Arbeiten von Arthur Kostner.

Kostner wurde 1954 in Appiano (Eppan) südlich von Bozen geboren, wo der Künstler auch heute lebt und arbeitet. Das Spektrum seiner Werke reicht von Zeichnungen und Malerei in verschiedenen Techniken auf Papier und Leinwand bis hin zu Reliefs und Skulpturen aus Holz oder diversen Metallen in mitunter monumentalen Dimensionen. Weiterlesen