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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Archiv für Dezember, 2016

Willem de Rooij: „Entitled“ im MMK 2

2016, Dezember 30.

Beziehungsreiche Gewebe – Künstlerische Kontexte und Konzepte als Synthese

Von Petra Kammann

Um die Spannung zwischen Vielfalt und Einheit und um die Gestaltung von Raum geht es im MMK 2 in der Ausstellung „Entitled“ des niederländischen, seit 2006 an der Städelschule lehrenden Kunstprofessors Willem de Rooij. Der Künstler de Rooij hat die Räume des MMK 2 in Innen- und Außenräume auf so raffinierte wie puristische Weise gestaltet und umstrukturiert, dass der Blick vom Taunusturm auf die Hochhausszene freigegeben ist.

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Fong Leng Sportswear, ca. 1985-1995, Installationsansicht MMK Museum für Moderne Kunst Frankfurt am Main 2016, Courtesy of the artist. Foto: Axel Schneider

In seiner Schau hat er Exponate aus drei Werkgruppen arrangiert, die größtenteils noch aus der Zusammenarbeit mit dem langjährigen und 2006 verstorbenen Partner und ehemaligen Studienkollegen Jeroen de Rijke entstanden sind. Vor den Fensterausschnitten ist eine Gruppe mit gesichtslosen schwarzgelackten Schaufensterpuppen in Sportkleidung der niederländischen Kult-Designerin aus den Siebzigern, Fong Leng, präsentiert, die zunächst Mode für ein paar „happy few“ machte, bevor sie größere und billigere Auflagen produzieren ließ. Das ethnische Design auf den von Fong Leng kreierten Fleece-Jacken wurde bewusst von de Rooij, der über zehn Jahre lang verschiedene Sportbekleidungsstücke gesammelt hat, farblich und vom Muster her aufeinander abgestimmt. Weiterlesen

Fiona Tan: „Geografie der Zeit“ im Frankfurter Museum für Moderne Kunst (MMK 1)

2016, Dezember 26.

Gebannter Strom der Zeit: Installative Environments, Vexierspiele mit Vergangenheit und Gegenwart, mit dem Hier und Anderswo

Von Petra Kammann

Spuren der Zeitgeschichte und der Zeitläufte greifen die kunstvoll angelegten Videoinstallationen und Filme der in Indonesien geborenen und in Amsterdam und Los Angeles lebenden Künstlerin Fiona Tan auf und verwandeln sie in einer Art Umkehrschluss. Tan hat das Erdgeschoss des Museums für Moderne Kunst (MMK 1) auf besondere Weise in einen Ruhe ausstrahlenden Parcours verwandelt, in dessen Bann sich der Betrachter begeben kann, so er denn eine Grundregel beachtet: Man bringe Zeit mit. Denn ein schnelles Abhaken des zu Sehenden ist hier nicht hilfreich und führt nicht zu Erkenntnisgewinn. Die konzentrierte Ausstellung „Geografie der Zeit“ im MMK 1 macht Zeit und Raum geradezu körperlich spürbar, wenn man ihr auch ein wenig eigene Lebenszeit schenkt.

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Fiona Tan, Ghost Dwellings I-III, 2014, Installationsansicht MMK Museum für Moderne Kunst Frankfurt am Main, Courtesy the artist and Frith Street Gallery, London, Foto: Axel Schneider

Fiona Tan nimmt die Besucher von Raum zu Raum mit auf ihre Reisen in eine globalisierte Welt, die aus den Fugen geraten scheint und an der sich der Fortschritt ins Gegenteil verkehrt hat. Spektakulär nicht nur die Modelleisenbahn gleich im Entree, die ihre Kreise durch eine scheinbar heile Welt und Musterlandschaft nahe des Abgrunds zieht, sondern auch die Installation der „Ghost Dwellings I-III“, für die Fiona Tan 2014 an drei spezifische Orte nach Irland, in die USA und nach Japan reiste, um Szenen zu filmen, die vom Verfall gezeichnet sind, was sich u.a. in der Verwüstung von Gebäuden niederschlägt wie in der einst florierenden Autostadt Detroit, die 2009 durch die Insolvenz von General Motors den Bankrott erklären musste, während im südirischen Cork, ausgelöst durch den Finanzcrash 2008, ganze und zum Teil noch unfertige Wohnkomplexe aufgegeben und verlassen wurden. Weiterlesen

„Heilige Nacht. Die Weihnachtsgeschichte und ihre Bilderwelt“ im Frankfurter Liebieghaus

2016, Dezember 23.

Skulpturengalerie lockt mit stimmungsvoller Sonderausstellung

Von Hans-Bernd Heier

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Neapolitanische Krippe (Ausschnitt), 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts; Terrakotta, Holz, Textilien; Diözesanmuseum, Freising; Foto: Jens Bruchhaus

Eine der bekanntesten Erzählungen des christlichen Kulturkreises ist die Weihnachtsgeschichte. Der Anfang dieser biblischen Geschichte ist weithin bekannt: „Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde“, heißt es im Lukasevangelium. Der Lukastext hat sich im Bewusstsein der Christen mit Motiven aus dem Matthäusevangelium zu einer Legende verwoben, welche die Ereignisse rund um die Geburt Jesu Christi schildert. Doch die Weihnachtsgeschichte erzählt nicht nur, wie der göttliche Sohn als Mensch zur Welt kommt, sondern auch von seiner Verehrung durch einfache Hirten und weise Männer, die später als Könige bezeichnet wurden, von dem Bethlehemitischen Kindermord und gefährlicher Flucht sowie schließlich von glücklicher Heimkehr. Weiterlesen

Neapolitanische Krippe aus St. Leonhard im Frankfurter Dommuseum

2016, Dezember 22.

Von Erhard Metz

Im Rahmen der Weihnachtsausstellung im Dommuseum im Kreuzgang des Frankfurter Kaiserdoms St. Bartholomäus wird unter dem Titel „Fürchtet Euch nicht!“ neben einer zeitgenössischen Strick- und Häkelarbeit der Atelier Goldstein-Künstlerin Julia Krause-Harder („Das Marienleben“) die neapolitanische Krippe aus St. Leonhard ausgestellt.

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© Bistum Limburg/Dommuseum Frankfurt, Foto: Rolf Oeser

Seit Jahrhunderten ist Neapel – und insbesondere dort die Via San Gregorio Armeno – für den neapolitanischen Krippenbau berühmt. Dieser beschränkt sich nicht auf das Geburtsgeschehen im Stall zu Bethlehem, sondern umfasst oft ganze Stadt- und Landschaftspanoramen und bezieht dabei zahlreiche figürliche Darstellungen des gesellschaftlichen Lebens mit ein. Rund 40 prächtig gekleidete Figuren überwiegend neapolitanischer Provenienz zählt entsprechend auch diese in der Kirche St. Leonhard am Mainufer beheimatete, während der Restaurierungsarbeiten jedoch ausgelagerte, weit über Frankfurt am Main hinaus bekannte Sammlung von Personen rund um das Weihnachtsgeschehen: Hirten und Engel, die Heiligen Drei Könige, Maria und Josef mit dem Kind, aber auch viele Figuren wie Händler, Bürger, Bettler und Kinder – allesamt handwerkliche Meisterwerke des 18. Jahrhunderts. Weiterlesen

Musik zur Weihnachtszeit

2016, Dezember 21.

Von Erhard Metz

Zur Weihnachtszeit gehört das Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach. Gönnen Sie sich, liebe Leserinnen und Leser, in diesen Tagen die sechs Kantaten dieser aussergewöhnlichen Komposition des aussergewöhnlichen Komponisten, der vielfach als „der fünfte Evangelist“ bezeichnet wird.

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Tief verschneit war es Weihnachten 2009 im Norden Frankfurts

Im folgenden Links auf die sechs Kantaten (in verhältnismässig guter Bild- und Tonqualität) von AVROTROS KLASSIEK auf Youtube veröffentlicht, im Dezember 2012 mit ventillosen Neubau-Barocktrompeten live aufgeführt vom Combattimento Consort Amsterdam und der Capella Amsterdam unter der Leitung von Jan Willem de Vriend in der Grote of Sint-Vituskerk in Naarden. Wir hatten sie bereits früher in einem etwas erweiterten Zusammenhang vorgestellt.

Kantate Nr. 1 „Jauchzet, frohlocket, auf preiset die Tage“ (Erster Feiertag)

Kantate Nr. 2 „Und es waren Hirten in derselben Gegend“ (Zweiter Feiertag)

Kantate Nr. 3 „Herrscher des Himmels, erhöre das Lallen“ (Dritter Feiertag)

Kantate Nr. 4 „Fallt mit Danken, fallt mit Loben“ (Neujahrstag)

Kantate Nr. 5 „Ehre sei dir, Gott, gesungen“ (Erster Sonntag nach Neujahr)

Kantate Nr. 6 „Herr, wenn die stolzen Feinde schnauben“ (Epiphanias)

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Grote of Sint-Vituskerk in Naarden (1380-1479); Bildnachweis CrazyPhunk at Dutch Wikipedia/wikimedia commons, GFDL

Solisten der Kronberg Academy mit Christoph Eschenbach im Hessischen Rundfunk

2016, Dezember 20.

Der letzte Schliff

Kronberg ist die Welthauptstadt des Cellos“. Mit diesem Ausspruch hatte Mstislav Rostropovich Cellisten aus der ganzen Welt 1993 zum Cello-Festival in den Taunus gelockt: Zum 20. Geburtstag vor drei Jahren wurde das Festival dann zum Streicher-Festival „Cello Plus“ erweitert. Inzwischen hat sich international der Ruf der Kronberg Academy als Excellenz-Schmiede für Geiger, Bratschisten und Cello-Virtuosen gefestigt. Dort bekommen die jungen aufstrebenden Künstler die Gelegenheit zu Workshops und öffentlichen Auftritten wie im hr.

Petra Kammann

hat dort die rundherum gelungenen Konzerte besucht und sie hatte am Rande einer Probe die Gelegenheit, mit dem spanischen Cellisten Pablo Ferrández zu sprechen.

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Schlussapplaus für die Solisten mit dem Dirigenten im hr: v.l.n.r.: Ziyu Shen, Anna Lee, Christoph Eschenbach, Ella van Poucke, Marc Bouchkov, Pablo Ferrández

In diesem Jahr bekamen die Stipendiaten der Kronberg Academy, die eine solistische Karriere anstreben, abermals die Chance, in einem mehrtägigen Workshop intensiv mit dem hr-Orchester zusammenzuarbeiten, dazu mit dem international renommierten Dirigenten Christoph Eschenbach. Er hatte die Solisten aus dem Pool der Kronberger Studenten ausgewählt, mit ihnen geprobt und im Rahmen eines Doppelkonzerts im Sendesaal des Hessischen Rundfunks präsentiert, wo er die Hingabe der Solisten an ihr Instrument lobte und auf die Bedeutung des Zusammenspiels mit einem Orchester hinwies. „Es ist wichtig, dass junge Musiker am Anfang ihrer Karriere gemeinsam mit einem Orchester wie dem hr-Sinfonieorchester spielen.“ Weiterlesen

„Strand der Stadt“: Hendrik Zimmer in der Galerie Heike Strelow

2016, Dezember 18.

Von Erhard Metz

Es ist zwar spät, für manche hoffentlich jedoch noch nicht zu spät, auf eine zum 21. Dezember 2016 endende Einzelausstellung in der Galerie Heike Strelow im Haus des ATELIERFRANKFURT hinzuweisen: Der Frankfurter Künstler Hendrik Zimmer präsentiert dort unter dem Titel „Strand der Stadt“ Arbeiten auf Leinwand und Skulpturen.

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Hendrik Zimmer, o.T. (Dave Lombardo), 2016, 80 x 60 cm, Mixed Media on canvas

„Strand der Stadt“ spielt – wie uns Adela Demetja von der Galerie verrät – auf eine Edition „Der Strand der Städte“ mit Essays, Reportagen und Kolumnen des 1944 geborenen und 1987 auf tragische Weise ums Leben gekommenen Schriftstellers und Journalisten Jörg Fauser an; und wie der Autor habe sich auch der Künstler Hendrik Zimmer für Städte als Schauplatz ihrer Bewohner interessiert – als deren Lebensraum und Spielwiese, als „ein facettenreicher Ort, der die Realitäten der Menschen, die ihn bewohnen, zugleich offenbart und verbirgt“. Weiterlesen

„Garten-Oskar“ 2016 für die Frankfurter Gartenarchitektin Ute Wittich

2016, Dezember 15.

Organisierte Schönheit – gelungenes Wechselspiel

Von Renate Feyerbacher

Die Deutsche Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur (DGGL) – Landesverband Hessen – vergibt seit 2001 jährlich den sogenannten „Garten-Oskar“ für herausragende gartenkünstlerische Leistungen. Den Preis für 2016, mit dem Motto „Grün in der Stadt“, überreichte Mitte November Staatsekretärin Beatrix Tappeser vom Hessischen Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz an die Frankfurter Gartenarchitektin Ute Wittich. Zu der festlich-informativen Feier im Wiesbadener Schloss Biebrich hatten sich viele prominente Kenner eingefunden.

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Aufsteller vor dem Biebricher Schloss; Ute Wittich mit der Trophäe „Garten-Oskar“, einem Werk von Bernhard Jäger; Fotos: Renate Feyerbacher

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„Sprache als Ereignis“: Eine besondere Ausstellung im Heinrich-Heine-Institut

2016, Dezember 13.

Von Petra Kammann

Bücher können in jeglicher Hinsicht Phantasien freisetzen, wenn man sich nur vom Text treiben und inspirieren lässt und beim Lesen genau hinhorcht und hinschaut. So geschehen bei Design-Studenten der Peter Behrens School of Arts der Hochschule Düsseldorf, die sich unter der Leitung der Typografie-Spezialistin Professorin Irmgard Sonnen und der Diplom-Designerin Kathrin Tillmans das Buch „Ideen. Das Buch Le Grand“ von Heinrich Heine zwei Semester lang unter die Lupe genommen haben.

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Plakate zur Ausstellung im Heinrich-Heine-Institut von: Katti Dehdari (links), Kira Wenzel (halblinks) und Wibke Bramesfeld (halbrechts und rechts) Weiterlesen

„1 + 1 = 3“ und „Tokonoma“: Heide Weidele und Andreas Gärtner im Deutschen Werkbund Hessen

2016, Dezember 7.

Von Erhard Metz

„1 + 1 = 3“ – so lautet ein Ausstellungsformat des Deutschen Werkbundes Hessen. Naturwissenschaftern, namentlich Mathematikern, stünden natürlich bei dieser Formel die Haare zu Berge, aber in der freien, schönen, bildenden Kunst ist alles möglich. Wir begaben uns deshalb – um das mathematisch scheinbar Unmögliche zu studieren – zum Hessischen Werkbund in die Frankfurter Inheidener Strasse, zur Ausstellung von Heide Weidele und Andreas Gärtner mit dem Titel „Tokonoma“. Und staunten nicht schlecht: Sie stimmt tatsächlich, die Formel „1 + 1 = 3“. Wieso? Ganz einfach: Zwei Künstler, die sich mit ihren so unterschiedlichen und doch miteinander korrespondierenden Arbeiten in einer solchen Ausstellung zusammenfinden, erschaffen ein Neues, ein Drittes eben. Kunst schlägt Mathematik.

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↑ Heide Weidele, gelbes ding, 2016, Plastikteile, Spanngurte, Höhe 175 cm, Durchmesser ca. 55 cm, © VG Bild-Kunst, Bonn
↓ Heide Weidele, ikebana, 2016, Plastikteile, Stoff, Hocker, Höhe 140 cm, Durchmesser ca. 100 cm, © VG Bild-Kunst, Bonn ;
im Hintergrund: Andreas Gärtner, Untitled, 2014, Malerei, Acryl, Gesso, Gouache, Klebstoff, Sprühfarbe, Papier auf Baumwolle, 85 x 95 cm

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