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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Archiv für Juni, 2008

”Mit meinem 3. Auge” – Fotografien von Horst Thürling im Nebbienschen Gartenhaus des Frankfurter Künstlerclubs

2008, Juni 25.

Von Erhard Metz

Als Horst Thürling 1989 nach rund 25jähriger Tätigkeit als Kamera- und Chefkameramann des Hessischen Rundfunks die Fernsehkamera gegen den Fotoapparat tauschte, machte er eine aufregende Wiederentdeckung: das Hochformat! Es nahm ihn fortan in Beschlag, ebenso wie die Möglichkeiten der Standbildfotografie. Aus dem Chefkameramann entwickelte sich der Fotokünstler mit seither über zwanzig Ausstellungen in Deutschland und in Italien (dort liebevoll Oreste Thuerling genannt).

Thürling blieb und bleibt – wie alle ersthaften Fotokünstler – der analogen Technik verpflichtet. Eine nachträgliche Bearbeitung des Aufgenommenen findet nicht statt. Nur einen einzigen kleinen Trick wendet er hin und wieder an: Er lässt mitunter Schwarz-Weiss-Filme im Farblabor entwickeln – durchaus legitim und mit nur dem Kennerauge erschliessbarem, aber faszinierendem Ergebnis. Umgekehrt fotografiert er Motive mit Farbfilm – und sie erscheinen, zumal im Gegenlicht, dem ungeübten Betrachter schlichtweg schwarz.

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Farbe spielt für Horst Thürling, der von der Schwarz-Weiss-Filmtechnik kam und erst 1967/68 den überhaupt ersten Farbfilm für das deutsche Fernsehen drehte (”Von Mäusen und Menschen” nach dem Roman von John Steinbeck), eine zentrale Rolle: Weiterlesen

Keine Überraschung und doch eine am Frankfurter Museum für Moderne Kunst

2008, Juni 21.

Von Erhard Metz

Dass in aller Regel der zweite Mann (oder die zweite Frau) in der Hierarchie der eigenen Institution aus mehr oder weniger plausiblen Gründen nicht zum(r) ersten „aufsteigen“ kann, ist eine personalpolitische Binsenweisheit. So musste denn die Entscheidung über die Nachfolge des scheidenden MMK-Direktors Udo Kittelmann zugunsten einer Persönlichkeit von „draussen“ fallen. Also keine Überraschung, wenn der Kulturdezernent Felix Semmelroth den städtischen Gremien die 1967 in München geborene Kunsthistorikerin Susanne Gaensheimer zur Berufung an das MMK vorschlägt. Und doch eine Überraschung insoweit, als die Kandidatin in der Frankfurter Kulturszene bislang noch nicht sehr bekannt ist und auch nicht im oberen Bereich der einschlägigen Spekulationsskala „gehandelt“ wurde. Das mag nun eher ein Problem der die Gerüchteküchen anheizenden Personalspekulanten sein.

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(Museum für Moderne Kunst Frankfurt; Bildnachweis: MMK, Foto: Axel Schneider)

Nicht unähnliche Kompetenzabgrenzungsprobleme um den Sammlungsauftrag für Gegenwartskunst, wie sie in jüngerer Zeit am Museumsstandort Frankfurt am Main zu beobachten sind, kennt Gaensheimer aus ihrer Arbeit als Kuratorin für „Kunst nach 1945“ und Sammlungsleiterin an der Münchener Städtischen Galerie im Lenbachhaus, den meisten bekannt durch die Sammlung von Werken der Gruppe „Der Blaue Reiter“, aber auch durch vielbeachtete wechselnde Ausstellungen von Bildern, Objekten und Installationen international bekannter zeitgenössischer Künstler. Und auch die spezifischen Probleme eines letztlich der Kommunalpolitik (samt ihrer unter parteipolitischen Aspekten zusammengesetzten Gremien) unterworfenen Hauses dürften ihr kein Buch mit sieben Siegeln sein.

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(Städtische Galerie im Lenbachhaus München; Foto: Dominik Hundhammer wikimedia commons GFDL) Weiterlesen

60 Jahre Deutsche Mark

2008, Juni 20.

Wir erinnern uns – nicht ohne Wehmut

Heute vor 60 Jahren, am 20. Juni 1948, wurde die Deutsche Mark zunächst in den damaligen westlichen Besatzungszonen und wenige Tage später in West-Berlin eingeführt. Diese Währungsreform war zugleich die Geburtsstunde der Sozialen Marktwirtschaft (die damals das Prädikat noch zu Recht trug) und des deutschen „Wirtschaftswunders“. Die Vaterschaft konnte der spätere Bundeswirtschaftsminister und Bundeskanzler Ludwig Erhard, seinerzeit noch Direktor für Wirtschaft der amerikanisch-britischen Besatzungszone (Bi-Zone), für sich in Anspruch nehmen.

Ja, wir trauern der guten, harten DM noch immer ein wenig nach: Allen Statistiken zum Trotz gibt es manche Bereiche, in denen ohne Zweifel der „TEURO“ regiert – ganz sicher im Hotel- und Gaststättengewerbe, wo die Preise schon vor langem im Verhältnis von nahezu 1:1 von DM auf Euro umgestellt wurden.

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(Bildnachweis lordnikon/AlMare/wikimedia commons GFDL)

Wer hat noch, liebe Leserinnen und Leser, ein Exemplar des ersten 2 DM-Stücks, dessen Ausgabe alsbald wieder eingestellt wurde, weil es der 1 DM-Münze wegen der identischen Rückseite und der fast gleichen Grösse zum Verwechseln ähnlich sah? Heute ist es einen hohen zweistellige Euro-Betrag wert. Und war das erste, noch silberhaltige 5 DM-Stück nicht um ein Vielfaches schöner gestaltet als sein potthässlicher Nachfolger?

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Wer kennt sie noch, diese mit allegorischen Darstellungen geschmückten, den US-Dollar-Scheinen nachempfundenen, zunächst 1947 und 1948 in den USA gedruckten ersten DM-Banknoten? Ich kann mich noch gut an sie erinnern. Hätten die Eltern, Gross- oder Urgrosseltern doch nur einige Exemplare aufgehoben! Gut erhaltene 50 DM- und 100 DM-Scheine erzielen heute bei Sammlern auf Auktionen abenteuerlich hohe Preise.

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Vorübergehend, in den Jahren von 1948 bis 1951, gab es sogar Banknoten auch für 5 und 10 Pfennige, für ½, 1, 2 und 5 DM, bis die bekannten Münzen diese Werte nach und nach ersetzten.

Das grüne Kanapee / 3

2008, Juni 15.

Und wieder setzen wir uns mit habust, dem Dichter, auf das grüne Kanapee und, indem wir es anklicken, hören wir ein neues Gedicht (nein, es ist nicht wirklich neu, spricht es doch noch von D-Mark statt Euro, welch ein Graus, oder: welch eine Erinnerung):

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(©  habust; Foto: GearedBull wikimedia commons GFDL)

Städel, Liebieghaus und Schirn … ein Aufschub!

2008, Juni 12.

Die Frankfurter Museumslandschaft ist, wenn wir von den ganz grossen Häusern und Sammlungen in Berlin und München absehen, einzigartig in Deutschland. Das weiss auch Max Hollein, der überwältigend erfolgreiche Chef der drei genannten Institutionen. „Generaldirektor“ ist er de facto schon seit langem. Nun will er den spektakulären wie genialen Erweiterungsbau für das Städel Museum begleiten und bis zum Jahr 2010 vollenden.

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(Bildnachweis: Städel Museum; Foto: Norbert Miguletz)

Wir wissen aber auch: Die österreichische Ministerin für Kunst und Kultur Claudia Schmied persönlich – im Verein mit politischen und kulturellen Kräften in Wien – bot Hollein die Generaldirektion des dortigen Kunsthistorischen Museums mit seinen unermesslichen Kunstschätzen des Hauses Habsburg sowie seinen Dependancen und angegliederten weiteren Museen an. Es war nicht und es wird nicht das einzige Angebot an den profilierten Kulturmanager für derartige Spitzenpositionen bleiben: Ein Mann wie Hollein wird sich auf Dauer kaum mit auf Frankfurt am Main begrenzten Aufgaben begnügen können.

Zunächst sind wir dankbar, dass Hollein unlängst vor einer Fachöffentlichkeit erklärt hat, dem Erweiterungsbau des Städel seine „ganze Energie“, wie er sagte, zu widmen und bis auf weiteres – will wohl heissen bis zum Ablauf seines Vertrages im genannten Jahr 2010 – in seinen Häusern am Main zu bleiben. Und da wir uns im Bereich von Kunst und Kultur und nicht von Politik bewegen, können wir dem Dementi Glauben schenken. Aber wir kennen das weise Sprichwort: Aufgeschoben ist nicht Aufgehoben! Und selbst Wien ist nicht allein die ganz, ganz grosse Museumswelt.

Vom Steuernzahlen und von Tricks der „Klugen“

2008, Juni 11.

„Die Abgeltungssteuer gilt auch für Aktien und Fonds im Ausland“, untertitelt Nadine Oberhuber in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 8. Juni 2008. Und weiter: „Doch mit ein paar Tricks lässt sich die Zahlung aufschieben und die Steuerlast ein wenig drücken.“

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(Foto: Thorfinn Stainforth)

Fein, dieser Ratschlag, werden viele der „klugen Köpfe“ sagen. Wir aber finden ihn leider gar nicht fein. Und in jeder Weise unangemessen. Aber wir wundern uns schon lange nicht mehr über sinkende Moral und Werteverfall, über schwindenden Bürger- und Gemeinsinn.

Aber auch nicht über den zunehmenden Zweifel der Besonnenen und Nachdenklichen an einer sich auf solche Weise wieder einmal entblössenden Ellenbogen- und Steuervermeider-Gesellschaft.

„Atelier Max Weinberg – Spielraum der Phantasie“

2008, Juni 9.

Jubiläumsausstellung zum 80. Geburtstag des Künstlers

Von Erhard Metz

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Im Hof der Frankfurter AusstellungsHalle 1A begrüsst uns Max Weinbergs fünfeinhalb Meter hohe Skulptur Überirdische Frau. “Als mythisches Sinnbild”, schreibt Brigitta Amalia Gonser, “aufgehängt in der Schwebe, steuert sie ihren Energieaustausch mit der Umwelt selbst – wuchtig und ebenso verletztbar, voller Power und dennoch frei von brutaler Gewalt”. Es könnte ein Motto sein für die Ausstellung insgesamt. Weiterlesen

Petra Schaffer

2008, Juni 5.

Petra Schaffer und die Kunst der Perspektive: Wie wir neu zu sehen lernen

Von Erhard Metz

So jung ist die Fotokunst – auch wenn sie eine geraume Zeit um Anerkennung als Kunstgattung kämpfen musste – nicht: Museen wie das Städel oder das MMK in Frankfurt am Main erwerben seit langem Werke der fotografischen Kunst für ihre Bestände, zunehmend mehr Galerien widmen ihnen in aktuellen Ausstellungen ihre Räumlichkeiten. Auf dieser Seite konnten wir bereits Arbeiten von Taryn Simon, Miroslav Tichý und Nicole Ahland vorstellen, Fotokünstler, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten: hier die bewusst analytisch-kühle, im Kern politische, dort eine neurotisch-obsessive, bei Ahland schliesslich die spirituelle, ins Transzendentale weisende Fotografie.

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Petra Schaffer 2008 bei der Eröffnung ihrer Foto-Ausstellung in München

Nun kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, als setze so mancher auf diesem Gebiet seine Hoffnung darauf, auf einen der fahrenden Züge des Zeitgeistes aufzuspringen, um am Ende der Reise dem ersehnten Ziel – dem Erfolg – näherzukommen. Will sagen: Es wäre schade, wenn die Fotokunst inflationierte, denn es lässt sich nicht verhehlen, dass man auf den „Galeriemeilen“ zuweilen mehr Fotografie als andere Gegenstände der bildenden Künste antrifft und dass man dabei immer öfter schon manches Mal anderenorts ähnlich Gesehenes, sowohl von den Sujets wie von der handwerklichen Arbeit her, zu Gesicht bekommt. Und die Qualität der Ergebnisse scheint nicht immer mit dem Anspruch Schritt zu halten.

Dies ist nun hinsichtlich der Fotografie von Petra Schaffer ganz und gar nicht der Fall.

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Selbstportrait auf tropischem Blatt, 2004, 100 mal 70 cm
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Gerechte Milchpreise – ja!

2008, Juni 4.

Möchten Sie etwa gerne umsonst arbeiten? Also, zum Beispiel als Milchbauer die Molkereibetriebe beliefern, ohne einigermassen angemessen davon leben zu können?

Ich jedenfalls nicht. Und ich möchte auch in Zukunft heimatliche Molkereiprodukte geniessen, die Milchkühe auf den Vogelsberger Weiden und den Almen im Allgäu und in Oberbayern grasen sehen und auch ruhig einmal mit dem Auto mitten im Almabtrieb steckenbleiben. Auf Molkereiprodukte von Weiss-der-Teufel-woher verzichte ich gerne. Deshalb sehe ich den Lieferboykott der heimischen Milchbauern mit Sympathie! Kein Bauer vergiesst gerne die Milch auf dem Acker. Es geht nicht um die Vernichtung wertvoller Lebensmittel, sondern um eine Art von Notwehr gegenüber der Molkereiwirtschaft.

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Kranzkuh bei der Obermaiselsteiner Viehscheid

(Foto: Rudi Kaserer wikimedia commons GFDL)

Spekulanten und „kluge Köpfe“

2008, Juni 1.

„Die Preise für Rohöl und Getreide sind so hoch wie nie“, schreibt Christian Siedenbiedel in der heutigen Ausgabe der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, und weiter: „Spekulanten verdienen daran mit. Und das ist gut so.“

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(Bildnachweis: Peggy Greb)

Keine Satire, es ist echt! Zynismus? Jedenfalls fällt einem dazu wirklich nichts mehr ein. Und man will nicht zu diesen „klugen Köpfen“ gerechnet werden!

Was gibt es Neues unter: „Welthungerhilfe“ und „Brot für die Welt“ ?