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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Hessische Landesregierung und Ottmar Hörl schicken bunte Botschafter der deutschen Einheit auf Deutschlandreise

Installationskünstler Ottmar Hörl mutiert das DDR-„Ampelmännchen“ zum gesamtdeutschen „Einheitsmännchen“

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Von Erhard Metz

Wenn Ottmar Hörls bunte „Einheitsmännchen“ jetzt auf Deutschlandtournee gehen, darf dies auch ruhig in den Nationalfarben Schwarz-Rot-Gold geschehen. Ansonsten bevorzugt der prominente Künstler-Professor die grüne Version:

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Ottmar Hörl mit dem „Einheitsmännchen“ in Grün vor der Hessischen Staatskanzlei

Warum grün? Weil Hörl das „Einheitsmännchen“ als Skulptur und in neuer Interpretation dem guten alten, ein wenig hausbacken geratenen „Ampelmännchen“ der DDR nachgebildet hat, das an Verkehrsampeln beim grünen Lichtzeichen „Gehe“ munter in leuchtendem Grün einherschreitet (das rote „Ampelmännchen“ hingegen gebietet mit ausgebreiteten Armen ein „Halt“). Und wie nun kommt der Installationskünstler Ottmar Hörl zum „Einheitsmännchen“?

Der Hessische Ministerpräsident Volker Bouffier, von November 2014 bis Oktober 2015 turnusgemäss Präsident des Bundesrats und in dieser Eigenschaft Ausrichter der vom 2. bis 4. Oktober dieses Jahres in Frankfurt am Main stattfindenden Feierlichkeiten zum 25. Jahrestag der deutschen Wiedervereinigung, hatte die Idee, aus diesem Anlass Ottmar Hörl mit der Gestaltung eines entsprechenden Kunstprojekts zu beauftragen. Hörl zögerte nicht und schuf das „Einheitsmännchen“, indem er das 1961 von Karl Peglau entwickelte „DDR – Ampelmännchen“ als Motiv aufgriff und es als dreidimensionale Skulptur neu formulierte – in dem Bewusstsein, dass das „Ampelmännchen“ letztlich als einziges Symbol aus dem Alltagsleben der DDR heute gleichermassen in den neuen wie den alten Bundesländern bekannt und mit Sympathie besetzt ist. Ottmar Hörl: „Aus dem ‚Ampelmännchen‘ hat sich sozusagen eine neue Generation entwickelt, das ‚Einheitsmännchen‘: weltoffen, freundlich und positiv in die Zukunft blickend, lächelnd, die Hand reichend für ein Aufeinander-Zugehen, voll Energie, dynamisch, mutig und entschlossen voranschreitend. So ist es ein Symbol für die Mobilität einer Gesellschaft … Bleiben wir als Gesellschaft flexibel, in Bewegung, im Fluss, sind immer auch Weiterentwicklung und Veränderung hin zum Positiven möglich … Insofern kann das ‚Einheitsmännchen‘ auch als ein Sinnbild für freiheitlich-demokratische Prinzipien, für Wandlungsfähigkeit, für Hoffnung und Zukunft verstanden werden. Entsprechend ist die Hauptfarbe der Installation in Verkehrsgrün konzipiert …“

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(v.l.) Ottmar Hörl, Staatsminister Axel Wintermeyer, Chef der Hessischen Staatskanzlei, und der Sprecher der Hessischen Landesregierung, Staatssekretär Michael Bußer

In Vertretung des erkrankten Ministerpräsidenten schickte jetzt der Chef der Hessischen Staatskanzlei, Staatsminister Axel Wintermeyer, gemeinsam mit Hörl das Kunstprojekt „Grenzen überwinden“ von der Hessischen Staatskanzlei aus auf Deutschlandreise. „Unsere Idee ist es“, so Wintermeyer, „unter dem Motto ‚Grenzen überwinden‘ Bürgerinnen und Bürgern Gelegenheit zu geben, sich zu erinnern und Erfahrungen aus der Zeit zwischen dem Mauerfall im November 1989, der Wiedervereinigung im Oktober 1990 und der Zeit bis heute zu teilen. Dazu gehört neben der Mauerausstellung und dem laufenden Zeitzeugenprogramm auch die Kunstinstallation von Ottmar Hörl“. Und Wintermeyer weiter: „Ottmar Hörl widmet sich dem Thema, indem er das bekannte Ost-Ampelmännchen zu einer neuen dreidimensionalen Einheitsmännchen-Skulptur weiterentwickelt hat. Damit greift er einerseits auf die Geschichte zurück und setzt sich mit dem Geschehen vor 25 Jahren und der Entwicklung seither auseinander. Das Projekt wird dazu beitragen, mit den Mitteln der Kunst einen Impuls zu setzen, die jüngste Geschichte, die Gegenwart 25 Jahre nach der Wiedervereinigung und die Zukunft Europas angesichts der internationalen Krisen zu thematisieren“.

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Ottmar Hörl und Staatsminister Axel Wintermeyer vor der Hessischen Staatskanzlei

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Rund 1000 der 38 cm hohen Skulpturen in den Farben Grün (Hauptfarbe), Schwarz, Rot und Gelb gehen nunmehr als Botschafter des wiedervereinigten Deutschlands auf Wanderschaft, zunächst jetzt im April nach Berlin auf das Gelände der Hessischen Landesvertretung, auf den Hessentag in Hofgeismar, nach Schwerin (Juni), Bremen (Juli) und Stuttgart (August). Anfang Oktober versammeln sie sich dann zum grossen Einheits- und Bürgerfest in Frankfurt am Main. Während der Ausstellungen kann das „Einheitsmännchen“ für 50 Euro erworben werden. Zehn Euro von diesem Betrag gehen an die Stiftung „Ein Herz für Kinder“ und kommen anteilig zu jeweils fünf Euro Kinderheimen in den ost- und in den westdeutschen Ländern zugute.

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„Einheitsmännchen“, wohin man schaut, hier im Treppenaufgang der Hessischen Staatskanzlei

Professor Ottmar Hörl, Präsident der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg, und sein künstlerisches Credo stellten wir bereits im Rahmen der Goethe-Installation auf dem Campus Westend der Universität Frankfurt im Sommer letzten Jahres näher vor. „Ich verstehe Kunst und Kultur nicht als hierarchische Konzeption“, so Hörl. „Als Künstler muss ich folglich eine Idee entwickeln, die einerseits versucht, das komplexe zeitgenössische Denken auf den Punkt zu bringen, und andererseits in der Lage ist, als ein kommunikativer Impuls zu funktionieren, um ALLE Menschen unmittelbar zu erreichen, ob Schüler, Krankenschwester, Unternehmer oder Politiker. Jeder ist eingeladen, sich damit auseinanderzusetzen … Damit die konzeptuelle Idee ihr kommunikatives Potential entfalten kann, arbeite ich im öffentlichen Raum – es ist ein Raum für alle und gleichzeitig für niemanden. Individuelle Vereinnahmungen können umgehend absorbiert und relativiert werden … Hier – ausserhalb von Museumsräumen – entscheide ich mich daher bewusst für Motive, die bereits im kollektiven Gedächtnis verankert sind“.

Entsprechend bietet Hörl seine in grösserer Auflage vervielfältigten Skulpturen zu erschwinglichen finanziellen Konditionen zum Erwerb für jedermann an. Das Werk und seine Idee finden auf diese Weise die beabsichtigte Verbreitung innerhalb der Gesellschaft, der Erwerber nimmt unmittelbar teil am Kunstwerk, er wird gewissermassen in das Werk selbst einbezogen.

Abgebildete Arbeit „Einheitsmännchen“ © VG Bild-Kunst, Bonn; Fotos: Erhard Metz

→ Ottmar Hörl: Goethe-Installation auf dem Campus Westend der Frankfurter Universität
→ 17. Skulpturenausstellung “Kräftespiele” in Mörfelden-Walldorf / 1

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