Kultur live: Die Nacht der Museen 2023 im wunderschönen Monat Mai
„Die große Rückkehr“ und neue Impulse
Von Petra Kammann
Nach drei Jahren Zwangspause findet nun endlich wieder am 13. Mai 2023 die Nacht der Museen mit Führungen, Performances, Live-Musik, Filmprojektionen und Workshops statt. Über 40 Kulturinstitutionen bieten in Frankfurt, Offenbach und Eschborn ein reiches Kunstprogramm an, damit das Publikum von 19 Uhr bis 2 Uhr nachts ganz unbeschwert in die besonderen Ausstellungshäuser auf Kulturtour gehen kann. Außerdem gibt es Spezialführungen zu den laufenden Ausstellungen sowie interessante gastronomische Angebote.
Mit geschlossenen Augen und der Geheimschrift für Blinde (Braille) die Welt entdecken im DialogMuseum in der B-Ebene, Foto: DialogMuseum / Laura Beichte
So befand sich das Museum, das Sehenden die Welt der Blinden und Sehbehinderten erschließen will, 13 Jahre lang im Ostend an der Hanauer Landstraße. Seit dem Herbst 2021 liegt es nun im Herzen der Stadt in den unterirdischen dunklen Räumen am Rossmarkt in der B-Ebene, Passage 10. Maureen Ekizoglu, die Leiterin, freut sich schon darauf, dem Publikum das Besondere dieses Museums, in dem es eigentlich gar nichts zu sehen gibt, nahebringen zu können. Hier ist für die Nachtschwärmer in absoluter Dunkelheit die Welt der Blinden sinnlich erfahrbar, nicht zuletzt durch eine Bar im Dunklen.
Für Ekizoglu stellt das DialogMuseum nicht nur Erlebnismuseum, sondern auch einen Ort der Begegnung und eine Plattform für Barrierefreiheit, Inklusion und Empathie dar. Ihr Wunsch ist es, dass diese Themen möglichst viele Menschen an sich selbst erfahren und sich Fragen stellen: Wie fühlt es sich an, wenn man nichts sieht? Wie empfindet man Geräusche und Gerüche? Wie kann man durch Ertasten von erhabenen Schriftpünktchen (Braille) lesen lernen ? Wie im Dunkeln kochen? Neben einem „Hörkino“, komponiert vom Musiker Hannes Seidl, lässt sich im Dialogmuseum durch eine der regelmäßigen Führungen eine völlig neue Welt der Welterschließung erleben.
Im Filmmuseum sind Filme von und mit Frauen aus der Weimarer Republik zu erleben, Foto: DFF
Viele der Häuser reihen sich in Frankfurt am Schaumainkai wie Perlen an einer Schnur: das Museum Giersch, das Liebieghaus, das Städelmuseum, das Museum für Kommunikation, das Deutsche Architekturmuseum (DAM), das allerdings gerade aufwändig renoviert wird und daher im Ostend ein Ausweichquartier hat, das Filmmuseum, das Weltkulturen Museum, das Museum Angewandte Kunst. Da kann man natürlich lässig von Haus zu Haus schlendern und die Atmosphäre des jeweiligen Museums auf sich wirken lassen und im Inneren seine individuellen Entdeckungen machen.
Das Städel Museum entführt seine Gäste mit ganz frühen Fotografien an die ewigern Sehnsuchtsorte der Deutschen ins Land, wo die „Zitronen blüh’n“, nach Italien. Im Museum Giersch sind Gemälde und Zeichnungen des gebürtigen Frankfurters Ernst Weil zu sehen, im Museum für Kommunikation mit „Humanimal“ eine kulturgeschichtliche Schau zum Verhältnis zwischen Zwei- und Vierbeinern. Und um nichts weniger als um den „Maschinenraum der Götter” geht es im Skulpturenmuseum Liebieghaus.
Durch die neue Ausstellungsarchitektur und inhaltliche Neukonzeption erstrahlen die Ikonen in neuem Glanz, Foto: Ikonenmuseum
Am anderen östlichen Ende des Mainufers an der Ecke der Frankfurter Brückenstraße liegt ein Kleinod ostkirchlicher Kunst und Kultur, das Ikonenmuseum. Seit der Ukrainekrise erfreut es sich eines ganz besonderen Interesses, es wurde zum Anziehungspunkt vor allem für die aus der Ukraine geflohenen Menschen. Denn, so Dr. Konstanze Runge, leitende Kuratorin und Kustodin des Ikonenmuseums: „Es ist ein großer Glücksfall, dass die byzantinische Kunsthistorikerin und Ikonenmalerin Tetyana Haustova, die selbst vor einigen Monaten aus der Ukraine fliehen musste, unsere Besucherinnen und Besucher aus der Ukraine auf Russisch durch unsere neugestaltete Ausstellung führen kann.„
Natürlich hat sich im Laufe der Jahre der Radius der anzusteuernden Ausstellungsorte erweitert. Und da ist es auch fabelhaft, dass die Besucherinnen und Besucher der Nacht der Museen mit ihrem Ticket nicht nur Zutritt zu allen teilnehmenden Veranstaltungsorten erhalten, sondern, dass ihnen darüberhinaus noch ein kostenloser Shuttle-Service (Busse und die historische Straßenbahn) zur Verfügung steht, um von A nach B zu kommen, so auch nach Eschborn, wo die Deutsche Börse mit ihrer großartigen Fotografie-Sammlung im „Cube“ die aktuelle Fotografie-Ausstellung „Foam 2022“ zeigt.
Zuletzt erstrahlte die EZB in vollem Glanz in der Nacht der Eröffnung, Foto: ECB
So ist auch erstmals die Europäische Zentralbank mit ihrer zeitgenössischen Kunstsammlung, mit 480 ausgewählten Werken internationaler Künstlerinnen und Künstlern, mit von der Partie. Diese Werke können dort im Alltag oft nur die EZB-Angestellten sehen, weil es für Normalsterbliche – natürlich aus Sicherheitsgründen – sonst nicht so leicht ist, ins Innere der Bank zu gelangen. Schon allein die Architektur der einstigen Großmarkthalle von Martin Elsaesser zu erleben, ist ebenso lohnenswert wie auch das Innere der zeitgenössischen spektakulären Architektur mit den zwei schrägen Türmen von Coop HimmelB(l)au.
Die „Himmelstreppe“ des Deutschen Romantik-Museums im Großen Hirschgraben führt mitten hinein ins Herz der Romantik, Foto: Petra Kammann
Und natürlich ist nicht nur das Sachsenhäuser Dribbdebach als Museumsstandort interessant, sondern auch das nördliche innerstädtische Hibbdebach. Da können jetzt neue Museen wie das Deutsche Romantik-Museum erstmalig bei der Nacht der Museen mitfeiern. Zur Sonderschau „Romantik und Parlamentarismus“ werden dort an diesem Abend neue und alte Protestlieder den gesellschaftlichen Aufbruch begleiten, und im benachbarten Hof des Goethe-Hauses im Großen Hirschgraben werden im „Theater der Dämmerung” beim Schattenspiel die Garten-Szenen aus dem Faust lebendig werden.
Auch das Jüdische Museum, das sich wegen der Pandemie nach seiner Eröffnung erst einmal nicht in der Nacht der Museen präsentieren konnte ist, gehört zu diesen wahren Schatzhäusern, die mehr als einen Besuch verdienen. Hier kann man ebenso etwas über die Familie der Anne Frank erfahren wie über die Geschichte der Bankierfamilie Rothschild, die aus Frankfurt stammt, und nebenbei im Deli auch noch koscher essen.
Blick in den Hof des Jüdischen Museums, Foto: Petra Kammann
Die dortige aktuelle Ausstellung „Zurück ins Licht“ zeigt Werke von vier Frauen, die in Frankfurt in den wilden 1920er Jahren als Künstlerinnen Erfolge feierten: Erna Pinner, Rosy Lilienfeld, Amalie Seckbach und Ruth Cahn. Diese jüdischen Frauen prägten damals die Kunstszene Frankfurts, bis die Machtübernahme der Nationalsozialisten ihren Karrieren ein jähes Ende bereitete. Sie wurden als Jüdinnen verfolgt, ihre Werke verfemt – und nach Ende des Zweiten Weltkriegs vergessen. Wie gut, dass die aktuelle Ausstellung sie nun endlich wieder an die Öffentlichkeit holt!
Blick in die Ausstellung in der Kunsthalle Schirn, Foto: Petra Kammann
Zu einer der letzten Gelegenheiten lädt die Schirn Kunsthalle ein, die opulente Ausstellung „Niki de Saint Phalle“ zu besuchen, in der man auch eine Menge über deren künstlerischen und menschlichen Werdegang erfährt.
„Die engagierte Teilnahme der Museen zeigt uns, dass trotz der teils schwierigen Situation in der Kultur die Nacht der Museen ihren festen Platz in Frankfurt hat. Kunst- und Kulturinteressierte sollten diesen frühlingshaften Kunstgenuss am Museumsufer und darüber hinaus keinesfalls verpassen!“, sagte Frankfurts Kulturdezernentin Dr. Ina Hartwig bei der Pressekonferenz, die diesmal im DialogMuseum stattfand.
Wandbild von Johannes Grützke in der Paulskirche, Foto: Moritz Bernoully
Das 175. Jubiläum der Eröffnung der Nationalversammlung in der Paulskirche ist vielerorts auch bei der Nacht der Museen präsent und zieht sich wie ein roter Faden durch die Nacht: Der Struwwelpeter zeigt seine rebellischen Wurzeln im Struwwelpeter Museum, im Institut für Stadtgeschichte geht es „Auf die Barrikaden“. In der Volksbühne im Großen Hirschgraben wird die lange Nacht der Revolution schwungvoll in Szene gesetzt. Und die Paulskirche als Herz der Nationalversammlung von 1848 steht am 13. Mai für alle Interessierten offen. Da kann man in Ruhe auch das berühmte Grützke-Gemälde anschauen.
Das Klingspor-Museum in Offenbach, Foto: © Stadt Offenbach
Und in Offenbach? Kulturdezernentin Ina Hartwig bezog den berühmten Willy Brandt-Satz zur Wiedervereinigung: „Es wächst zusammen, was zusammengehört“ auf die städtische Situation der beiden Main-Orte Frankfurt und Offenbach. Im Haus der Stadtgeschichte Offenbach geben Puppenhäuser aus mehreren Jahrhunderten Einblicke in das Alltagsleben der Menschen.
Im Klingspor Museum Offenbach kann man fantastische Reisepässe stempeln. Textilien mit Gullydeckeln in der Druckwerkstatt im Offenbacher Bernardbau bedrucken. Das neue Museum, wird gemeinsam vom Haus der Stadtgeschichte und dem Klingspor-Museum betrieben.
Auf die dortigen historischen Druckmaschinen ist der Offenbacher Kulturamtsleiter Ralph Philipp Ziegler, der auch zur Pressekonferenz kam, sehr stolz: „Die Druckwerkstatt wird sehr gut angenommen“, sagte er.
Das sind nur wenige Beispiele aus dem vielfältigen Angeboten der reichen Frankfurter Museumslandschaft, die auch weit über die Mainmetropole hinaus strahlt. Lassen Sie sich einfach nur von einem interessanten Entdeckungsrundgang durch die spannenden Ausstellungshäuser in dieser hoffentlich milden Maiennacht verzaubern. So schnell bekommen Sie soviel für’s Geld (15 Euro pro Ticket) nie wieder geboten. Für die Besitzer:innen der MuseumsuferCard ist der Eintritt übrigens kostenlos.
Das Gesamtprogramm ist ab 6. April auf nacht.museumsufer.de zu finden.
Online-Tickets unter: http://www.museen-ticket.de/ndm/
Der Ticketvorverkauf beginnt Anfang April.
Karten für die „Nacht der Museen“ sind ab soforto online und ab Mitte April auch in den beteiligten Institutionen, den Informationsbüros, der Tourismus+Congress GmbH sowie bei den bekannten Vorverkaufsstellen erhältlich.