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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

„Sprache als Ereignis“: Eine besondere Ausstellung im Heinrich-Heine-Institut

Von Petra Kammann

Bücher können in jeglicher Hinsicht Phantasien freisetzen, wenn man sich nur vom Text treiben und inspirieren lässt und beim Lesen genau hinhorcht und hinschaut. So geschehen bei Design-Studenten der Peter Behrens School of Arts der Hochschule Düsseldorf, die sich unter der Leitung der Typografie-Spezialistin Professorin Irmgard Sonnen und der Diplom-Designerin Kathrin Tillmans das Buch „Ideen. Das Buch Le Grand“ von Heinrich Heine zwei Semester lang unter die Lupe genommen haben.

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Plakate zur Ausstellung im Heinrich-Heine-Institut von: Katti Dehdari (links), Kira Wenzel (halblinks) und Wibke Bramesfeld (halbrechts und rechts)

Unter drei verschiedenen Themenaspekten haben sie sich mit den so amüsanten wie hintersinnigen Episoden, Anekdoten, Erlebnis- und Reiseberichten, Polemiken, Satiren, Witzen, Abschweifungen und Reflexionen des in Düsseldorf geborenen und nach Paris ausgewanderten Ich-Erzählers des 19. Jahrhunderts beschäftigt: mit dessen ambivalenten Liebesbeziehungen, seiner Auseinandersetzung mit der Französischen Revolution und ihrem Vollstrecker Napoleon sowie mit literarischen Fragestellungen und dem Rollenverständnis des Schriftstellers in der Gesellschaft der Restauration und unter den Bedingungen der Zensur, die Heine umtrieben.

Dabei entstanden hoch spannende medienspezifische Gestaltungen und Bildkonzepte: Fotografien, Bildmontagen, eine Lichtinstallation und das Plakat „… und alles wimmelt und lauscht“ dann auch in der Ausstellung im Düsseldorfer Heinrich-Heine-Institut.

Die visuelle Beschäftigung mit dem Text entspricht der Offenheit der Heineschen Form, bei der „in schnellem Tempo Stil und Sprachebenen gewechselt, Gattungsgrenzen überschritten, herkömmliche Muster verletzt“ werden, wie es der Heine-Kenner Professor Bernd Kortländer einmal beschrieb.

Den Studierenden ist dabei eine hervorragende Transferleistung des mit diesen Themen verbundenen Fragmentarischen gelungen. Die Wechsel zwischen bedrucktem und unbedrucktem Raum auf dem Papier lassen Spannung und Leichtigkeit entstehen. Sie eröffnen neue Räume, Assoziationsräume. Und die auf Tischen ausgebreiteten Leporellos schaffen Analogien zum „zusammengewürfelten Lappenwerk“, wie es Heine in seiner „Harzreise“ selbstironisch nannte.

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Nicole Szklareks Gestaltungen der „Madame“

Nicole Szklarek setzt außerdem gekonnte kontrapunktische Akzente wie bei der typografisch gelungenen Umsetzung der ambivalenten Liebesbeschreibung beim Doppelplakat von „Madame“, wo es zur Linken heißt: „Sie war liebenswürdig und er liebte sie“ und zur Rechten: „er aber war nicht liebenswürdig und sie liebte ihn nicht“, verbunden durch den Hauch eines Schattens von „Madame“ auf beiden Seiten. Es ist eine alte Geschichte, und hier entsteht sie wieder neu.

Denn hier wird ein ganz anderer Dialog mit dem Heineschen Text als der von Literaturwissenschaftlern sichtbar und animiert dazu, Heines Reiseberichte noch einmal nachzulesen. So ist das Drehen von Buchstaben, Sprüchen und Seiten, das Umsetzen in subtile Fotobilder noch dazu auch eine kreative und animierende Antwort auf das durch Internet und E-Book geprägte Rezeptionsverhalten. Es wurde eine eigene neue Bildsprache geschaffen.

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Die von Nicole Szklarek als Leporello gestaltete Ausgabe von Heines „Ideen. Das Buch Le Grand“

Die Ausstellung „Sprache als Ereignis. Ein allegorischer Liebesbrief“ ist noch bis zum 22. Januar 2017 im Heinrich-Heine-Institut in Düsseldorf, Bilkerstr. 12-14 zu sehen

Fotos: Petra Kammann

 

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