Dagmar Priepke, Geschäftsführerin der Heussenstamm-Stiftung, verlässt nach zehn Jahren die Kommenadobrücke …
Sie geht in Ruhestand und hinterlässt ein wohlbestelltes Haus, ist aber alles andere als ruhig…. FeuilletonFrankfurt wünscht ihr auf jeden Fall alles erdenklich Gute für die Zukunft
Von Petra Kammann
Dagmar Priepke immer mit dem Blick nach vorn, Foto: Petra Kammann
10 Jahre lang stand sie einer Ur-Frankfurter Einrichtung vor, der sozial engagierten Heussenstamm-Stiftung. Und die letzte der von ihr organisierten insgesamt 71 Ausstellungen war einem in Frankfurt lebenden Fotografen gewidmet: dem vielseitig begabten Verleger Jörg Bong, zu dessen Vernissage tout Francfort gekommen war. Seine changierenden Natur- und Landschaftsaufnahmen, die sämtlich auf dessen Reisen entstanden waren, zogen u.a. viele Literaturinteressierte an. Faz-Redakteur und Foto-Experte Freddy Langer hielt die launige Laudatio.
„Das Beständige bei mir ist der Wandel“, sagt die gebürtige Sachsenhäuserin, die auf ein bewegtes Leben zurückblickt und doch auch immer wieder gern nach vorne schaut. Nostalgie als Gefühl ist der so zupackenden wie organisatorisch begabten Frau ziemlich fremd, wenngleich ihr die poetische Sprache eines Peter Handke durchaus gefällt. Aber sie liebt die ständige Herausforderung.
Und die sieht sie nach all den Umarbeiten im Herzen der Stadt vor allem in der richtigen Anbindung der ebenfalls gerade frisch renovierten Braubachstraße an die Neue Altstadt, wozu natürlich auch die Heussenstamm-Galerie gehört…
„Wir Anlieger haben eine Interessengemeinschaft Braubachstraße gegründet. Wir wollen, dass die Straße so lebendig und trendig bleibt, mit inhabergeführten Läden.“ Der Tochter des einstigen Frankfurter Landgerichtsdirektors liegt es am Herzen, dass hier wegen der gestiegenen Immobilienpreise nicht nur ubiquitäre Ketten einziehen und das Viertel am Abend dann ebenso tot ist wie die Zeil nach Ladenschluss.
Blick in die letzte Ausstellung mit den fotografischen Arbeiten von Jörg Bong, Foto: Petra Kammann
Die Räume der Heussenstamm-Stiftung sind ein Kleinod. Auch das weiß sie als Geschäftsführerin natürlich. Der Raum springt einen geradezu an. Welcher Galerist hätte nicht ebenso gerne einen so gelungenen Ausstellungsraum, lichtdurchflutet, doppelstöckig mit Balustrade und Blick auf das städtische Geschehen mitten im Zentrum der Stadt, und das noch unmittelbar an einer Straßenbahnhaltestelle gelegen…? Das ist mindestens ebenso attraktiv für hochpreisige Unternehmen.
Auch in der Küche im Hintergrund wurde so manch kreative Idee ausgeheckt, Foto: Petra Kammann
Wegen ihrer verschiedenen Lebensabschnitte hat Dagmar Priepke natürlich Einblick in die verschiedenen gesellschaftlichen Bereiche bekommen und versucht auch in Zukunft, ihre Erfahrungen zu nutzen. Zunächst hatte sie – wohl eher untypisch für die quirlige Person – als Bibliothekarin in der Deutschen Bibliothek in Frankfurt ihre Berufskarriere begonnen.
Immerhin wurde ihr dort bewusst, was Systematik bedeutet. Dann als sie mit Alice Schwarzer dank des Sponsors Jan Philipp Reemtsma ein feministisches Archiv aufbaute, hatte sie sich ebenfalls entschlossen, eine zweite Ausbildung in Organisationsprogrammiererung, wie der IT-Lehrgang damals noch genannt wurde, zu absolvieren, um 14 Jahre lang dann für die Stadt Frankfurt ein EDV-Netz für die Museen aufzubauen, bis die Geschäfte der Heussenstamm-Stiftung förmlich auf sie zukamen. Der damalige Kulturdezernent Felix Semmelroth hatte sie gefragt, ob sie das übernehmen wolle.
Dort organisierte sie dann jährlich etwa zehn Ausstellungen von Arbeiten lokaler Künstlerinnen und Künstler in der Stiftungsgalerie, entwickelte sozial-künstlerische Projekte u.a. mit dem Drogenhilfzentrum Café Eastside oder mit dem Projekt „Mittendrin – Outsider!“, wo sie Randständige jeglichen Alters in die Mitte der Galerie holte, und sie veröffentlichte eine Reihe an Publikationen, die sich mit der Geschichte der Stiftung befassen, zuletzt über die Frankfurter Jahre der Malerin Ottilie und deren Lebensgefährtin, der Ärztin Elisabeth Winterhalter.
Die Publikationen sind auch hier erhältlich, Foto: Petra Kammann
Morgen wird die bestens gelaunte Dagmar Priepke ihre eigene Finissage mit ihren Freunden feiern. Bis sie dann Ciao und Ahoi sagt, wird es sicher noch rundgehen. Dann bricht sie auf zu neuen Ufern… Mal sehen, was die Zukunft der dynamischen 62-Jährigen mit sich bringt und auch, wie es mit der Hessenstamm-Stiftung weitergeht.
Die Zahl der bislang 31 118 Besucher wird Priepke morgen nochmal erhöhen, zu den 135 Künstlern der letzten zehn Jahre werden sich sicher weitere dazugesellen. Und begegnen werden wir der unruhigen Ruheständlerin weiterhin irgendwo in der Braubachstraße. Und das ist ja auch nur gut so, wenn auch diese Straße bald bis zum anderen Ende wieder lebendig wird und auch bleibt.
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