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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Bilder, die bewegen: Künstlerinnen und Künstler der Praunheimer Werkstätten in der Frankfurter Heussenstamm-Galerie

Bilder, die bewegen, so heisst diese Ausstellung …

Was sind das für Bilder, die uns bewegen, die in der Galerie vom Fleck weg gekauft werden, ja sogar sozusagen unbesehen direkt aus dem Katalog?

Was ist das überhaupt für eine Kunst, die wir derzeit – leider nur noch bis zum 29. Januar 2010 –  in der Heussenstamm-Galerie, inmitten der Frankfurter „Galeriemeile“ also, sehen können?

Manche blicken, wie wir bemerkt haben, mit mehr oder weniger erkennbarer Skepsis auf diese Gemälde. Es handelt sich nämlich um Arbeiten von künstlerischen Menschen in den Praunheimer Werkstätten. Diese Werkstätten sind eine Rehabilitations- und Förderstätte für Erwachsene mit geistiger Behinderung.

Sehr viele andere, und wir schliessen uns da ein, zeigen sich angesichts dieser Bilder durchaus betroffen, ja erschrocken: Betroffen von einer Konfrontation mit Kunstwerken, die uns mit einer kaum gekannten Wucht und Unmittelbarkeit in Beschlag nehmen, die mitunter die Intimsphäre der Malenden in einer Weise offenbaren, mit der wir kaum umgehen können. Diese Bilder können irritieren, sie können uns,  die wir uns so frag- und sorglos als nichtbehindert bezeichnen, in eine gewisse Verlegenheit, ja sogar Hilflosigkeit bringen. Zumindest zwingen sie uns, alteingenommene Standpunkte zu befragen, zu prüfen. Dies umso mehr, als wir uns tatsächlich in der „Galeriemeile“ befinden, in der wir so manches Sehenswerte wie auch weniger Sehenswerte antreffen.

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Manfred Buhl, Drei Grazien, 2008/09, Acryl und Tusche auf Leinwand, 60 x 80 cm; Bildnachweis: Heussenstamm-Galerie

Wir können uns auch mit Anna Meseure, Autorin eines überaus interessanten Textes im zur Ausstellung erschienenen phantastischen Katalog, die die gezeigten Arbeiten in einen Kontext mit Werken bekannter und berühmter Künstler stellt, der Thematik kunsthistorisch-wissenschaftlich nähern:

Die Künstler der Praunheimer Werkstätten malen, so Anna Meseure, „mit heiligem Ernst“, jedoch weitab etwa der Naivität von Hobby-Malern. „Der wahrscheinlich einzige Unterschied“ – wir dürfen zitieren – “ zwischen der Kunst von Menschen mit Beeinträchtigungen und jener von anderen Künstlern besteht in einer anderen Sicht von Innen- und Aussenverhältnis. Während für die Künstler der Praunheimer Werkstätten ihre Kunst dominant eine Ausdrucksmöglichkeit ist, ihr Verhältnis zur Welt und ihre ganz subjektive Sicht der Realität zu zeigen, reflektieren die anderen Künstler mit Hilfe ihrer Werke die Welt als wahrnehmungsabhängig, also die sich historisch ändernden Bedingungen, wie wir Welt überhaupt sehen und verstehen können. Das setzt eine intellektuelle Distanz voraus … Das ‚Da-Sein‘ und das ‚So-Sein‘ sind different. Bei den Bildern der hier vorgestellten Künstler fallen diese Kategorien in eins … Wobei das ‚Da-Sein‘ und ‚So-Sein‘ unabhängig von dem gewählten Abstraktionsgrad der Darstellungen identisch ist … Keinem der Künstler geht es um ‚Wirkung‘, um ein ‚Beeindrucken‘ der Betrachter, sondern um den Ausdruck ihrer eigenen Befindlichkeit. Dies ist aber mindestens so authentisch, wenn nicht authentischer als das, was wir als sogenannte Kunsthandels-Kunst bezeichnen.“

Gerade letzterer Feststellung möchten wir uns uneingeschränkt anschliessen. Uns scheint der Begriff „Authentizität“ ohnehin ein Schlüssel zur Beurteilung der Frage zu sein, ob wir einem Kunstwerk gegenüberstehen oder einer in den Kunstbetrieb – sprich Kunst-Markt – eingebrachten Beliebigkeit. Womit wir wieder an den Anfang unserer Betrachtungen zurückgekehrt wären: Ja, diese Bilder aus den Praunheimer Werkstätten bewegen wirklich!

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Manfred Buhl, ohne Titel, 2009, Acryl, Tinte auf Leinwand, 60 x 80 cm; Foto: FeuilletonFrankfurt

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Selbermann (Georg Vaternahm), Frau Barbara Streisand bei Julchen in Oregon, 2006, Ölpastell, Ölfarbe und Bleistift auf Papier, 50 x 70 cm; Bildnachweis: Heussenstamm-Galerie

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Andreas Skorupa, Flucht nach Ägypten, 2009, Acryl und Tusche auf Leinwand, 80 x 100 cm; Foto: FeuilletonFrankfurt

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Gotthard Tschisch, Landschaft mit Bergen, 2008, Acryl auf Leinwand, 60 x 90 cm; Foto: FeuilletonFrankfurt

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Birgit Ziegert, Eichhörnchen, 2008, Acryl und Tusche auf Papier, 40 x 60 cm; Bildnachweis: Heussenstamm-Galerie

Seit Mitte Januar 2010 erstreckt sich die bereits im November vergangenen Jahres im Obergeschoss der Heussenstamm-Galerie eröffnete Schau nun über die gesamte Aussellungsfläche. In den Wochen bis Weihnachten konnten bereits über 600 Besucher gezählt werden – ein grossartiger Erfolg.

Ein Kunstwerk für sich bildet der schon erwähnte Katalog zur Ausstellung, herausgegeben von der Frankfurter Heussenstamm-Stiftung. Er kostet lediglich 15 Euro und sollte in keiner Kunst und Kultur verpflichteten Bibliothek fehlen.

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Stadträtin Professor Daniela Birkenfeld und Dagmar Priepke, Leiterin der Galerie und Geschäftsführerin der Stiftung, bei der Eröffnung der Ausstellung im November 2009, im Hintergrund die Künstlerin Hilda Kleyn; Foto: FeuilletonFrankfurt

Die Praunheimer Werkstätten gGmbH ist eine Rehabilitations- und Förderstätte für Erwachsene mit geistiger Behinderung. Mit verschiedenen Atelierangeboten im künstlerischen Bereich kommt die Einrichtung ihrem formulierten Anliegen nach, den einzelnen behinderten Menschen als Individuum zu begreifen und ihm bei der Entfaltung seiner Persönlichkeit zu unterstützen. Die Ateliers befinden sich in den Standorten Praunheim, Fechenheim und Höchst. Hier erhalten die Künstler der Werkstätten unter Anleitung und Betreuung durch erfahrene Kunstpädagoginnen die Möglichkeit, durch Kunst ihr Verhältnis zur Welt und ihre ganz subjektive Sicht der Realität auszudrücken. Das Ergebnis stellt sich durch Arbeiten mit hoher ästhetischer Qualität und von beeindruckender Authentizität dar und reicht von grossformatigen Gemälden über Papierarbeiten bis zu Holz- und Kartonskulpturen.

Heussenstamm-Stiftung und Heussenstamm-Galerie, Braubachstraße 34, 60311 Frankfurt am Main; die Galerie hat dienstags bis freitags von 12 bis 18 Uhr, samstags von 12 bis 17 Uhr geöffnet.

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