Darmstädter Sezession zu Gast im Museum Giersch (1)
Mit zwölf künstlerischen Positionen ist die Darmstädter Sezession in diesem Sommer in einer Gastausstellung im Frankfurter Museum Giersch zu sehen. Hinzu kommt im Dachgeschoss des Museums eine Sonderausstellung mit Arbeiten von Laura Baginski, ebenfalls Mitglied dieser Künstlervereinigung und Preisträgerin der Darmstädter Sezession 2010; ihrem Schaffen ist demnächst ein eigener Beitrag gewidmet.
Die 1919 gegründete Gruppe umfasst über 100 Mitglieder und stellt in unregelmässiger Folge jeweils zwölf Positionen aus, die, alles in allem betrachtet, das breite künstlerische Spektrum der Vereinigung in etwa repräsentativ widerspiegeln. Wie es der Zufall will, verfügt das Museum Giersch über zwölf Kabinette, so dass jedem der elf Künstler sowie Bea Emsbach als einziger weiblicher Teilnehmerin der Zwölfer-Runde jeweils ein eigener Ausstellungsraum zur Verfügung steht.
FeuilletonFrankfurt stellt, in zwei Folgen, jeweils in einem zusammenfassenden Überblick die entsprechenden Kunstschaffenden in alphabetischer Reihenfolge vor.
Ariel Auslender, 1959 in Buenos Aires geboren, studierte Kunst in Buenos Aires, Carrara und München. Seit 2006 ist er an der Technischen Universität Darmstadt Professor für Plastisches Gestalten. In seinen ausgestellten Arbeiten witzelt er über die Diktatoren der Zeitgeschichte, die er, oft in Gestalt von Nikoläusen oder Gartenzwergen, demaskiert und blossstellt. In vergleichbarer Weise spottet er, etwa indem er als Bleiguss jeweils eine „Ost Hantel“ und eine „West Hantel“ kreiert, über den – hoffentlich – überwundenen Ost-West-Konflikt, wie er sich nicht zuletzt auch auf wettkampfsportlichem Gebiet in oft grotesker Weise manifestierte.
choose your santa ost, Bronze / Blei, 2009
Der Diktatorenlöwe, Bronze / Blei, 2010
Bea Emsbach haben wir unseren Leserinnen und Lesern bereits wiederholt vorgestellt. In der gegenwärtigen Ausstellung ist sie mit einer Serie von Papierarbeiten („Kolbenfülleraquarellen“) vertreten, die sie in ihrer spezifischen Motivik fertigt. Seit einigem arbeitet sie auch mit Stoffen und mit Buchsbaumrispen. Dem Buchs kommen vielerlei Bedeutungen zu: Einerseits in all seinen Teilen giftig, findet er seit altersher in der Heilkunst Anwendung; kein Wunder, dass sich auch die Homöopathie seiner bemächtigte. Aus Garten- und Parkanlagen, vor allem der Barockzeit, ist er nicht wegzudenken, und im „Herrgottswinkel“ katholischer Haushalte dienen seine Zweige ebenso zum Schmuck wie in Adventskränzen zur Weihnachtszeit. Vielfältige Assoziationen sind erlaubt – und von der Künstlerin sicherlich auch gewünscht.
Judith, 2011/12, Kolbenfülleraquarell/Papier, Bildnachweis: Museum Giersch
Ohne Titel, Buxus / Wäsche / Samt
Nikolaus Heyduck wurde 1957 in Kassel geboren. Er studierte an der Staatlichen Hochschule für bildende Künste (Städelschule), unter anderem bei Professor Thomas Bayrle und dem langjährigen Leiter der Städel-Abendschule Bernhard Jäger. Ein Studium der Komposition an der Akademie für Tonkunst Darmstadt schloss sich an. Entsprechend stellt er jetzt ein kinetisches Objekt nebst einem Video und elektroakustischem Ton aus. Ähnlich einer Decubitusmatratze hebt und senkt sich der Grund in einem Kasten, unter wechselndem Leuchten knirschen und knacken Plastikschachteln. Ein Eindruck von Gären und Rumoren entsteht, im Video flackern sich ausbreitende Kreisformen. „Abklingbecken“: für wieviel tausende, gar hunderttausende von Jahren?
Abklingbecken, 2009, Installation (kinetisches Objekt / Video / elektroakustischer Ton), 60 x 140 x 210 cm, Bildnachweis: Museum Giersch, Foto: Monika Golla
Auch Bernhard Jäger ist unseren Leserinnen und Lesern bereits bekannt. Seine Handschrift ist unverkennbar und unverwechselbar – öfter kopiert, nie erreicht. Er habe sich – so erzählt er – mit etwa 400 piktogrammartigen Figuren ein eigenes „Figurenalphabet“ erschaffen, aus dem er seine farb- und formkräftigen Arbeiten sozusagen formuliert.
Frankfurt Tryptichon, Links, Acryl, 2008
Grossstadt, Acryl, 2008
Frankfurt Tryptichon, Mitte, Acryl, 2008
Frankfurter Chaos, Acryl, 2006
Schatten, Acryl, 2008
Detlef Kraft wurde 1950 in Berlin geboren. Er studierte bei Professor Joachim Schmettau an der Hochschule für bildende Künste, der heutigen Universität der Künste, in Berlin. Sokiaan – ein Rocktitel von Bill Halay und auch der Band „The Explosions“, wie wir lesen; Brian Jones, der 1969 unter wohl auch heute noch nicht gänzlich aufgeklärten Umständen verstorbene Mitbegründer der Rolling Stones – wir räumen ein, Gebiete zu betreten, auf denen wir uns nicht so recht auskennen. Also lassen wir das und schenken wir unsere Aufmerksamkeit dem fein ausgeführten Messingguss des Künstlers, der heute in Darmstadt lebt und arbeitet.
mittig: Sokiaan, Bronze, 2001
Portrait Brian Jones, 2010, Messing, Höhe 55 cm; Bildnachweis: Museum Giersch
12 Positionen – die Darmstädter Sezession zu Gast im Museum Giersch, bis 26. August 2012
Fotos, soweit nicht anders angegeben: FeuilletonFrankfurt
⇒ ⇒ ⇒ Darmstädter Sezession zu Gast im Museum Giersch (2)
⇒ ⇒ ⇒ Laura Baginski – von Baubo zu Vulviva