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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Zehnte Auflage: Verleihung des „Prix AbiBac“ an besonders erfolgreiche bilinguale Schülerinnen und Schüler

Auf zu neuen Horizonten

Von Petra Kammann

Am 22. Juni 2022 wurde – unter der Schirmherrschaft von Düsseldorfs OB Dr. Stephan Keller und der französischen Generalkonsulin Dr. Olivia Berkeley-Christmann – zum zehnten Mal der renommierte „Prix AbiBac“ des Deutsch-Französischen Kreises (DFK) an besonders erfolgreiche Schüler und Schülerinnen des Lycée français und des Luisen-Gymnasiums im Jan-Wellem-Saal des Düsseldorfer Rathauses verliehen. Der Preis geht alljährlich bilinguale Schüler und Schülerinnen des Düsseldorfer Lycée Français und des Luisen-Gymnasiums, die sowohl die deutsche als auch die französische Hochschulreife erlangt haben. Mit dem „Prix AbiBac“ würdigt der Deutsch-Französische Kreis e.V. das besondere Engagement junger Menschen für die jeweils andere Landessprache und die damit verbundene Kultur, Geschichte und Lebensart.

Gruppenbild mit Dame (Präsidentin Ariane Bommers) und Herrn (OB Dr. Keller) im Jan-Wellem-Saal, v.l.n.r.die Ausgezeichneten: Jérôme Danan, Amélie Schmitz, Coralie Bisquerra, Laetitia Kalenberg, Rémy Wiwiora, Camille Brisson; Foto: Petra Kammann

Das „AbiBac“ (Mischung aus Abi-tur und Bac-calauréat), dieser doppelte Schulabschluss wird in Frankreich und in Deutschland gleichermaßen als Hochschulreife anerkannt. In den AbiBac-Klassen der dafür ausgewählten Schulen sind zusätzlich zum Sprachunterricht zwei Sachfächer in deutscher und französischer Sprache verbindlich, bisweilen auch Berufspraktika im jeweils anderen Land. Allein das rein doppelsprachige Abibac-Diplom gilt in den jeweiligen Schulsystemen in Deutschland und Frankreich schon als wertvoll, da es wegen der damit verbundenen Mühe und „Doppelbelastung“ ein anderes Licht auf das Engagement der Abiturienten wirft. So verbessert es gewissermaßen auch die Perspektiven für das künftige Studium und/oder Berufsleben.

Mit der zusätzlichen Anerkennung des Abibac-Preises durch den Deutsch-Französischen Kreis wird die Wirkung der Studierenden-Persönlichkeit dann noch einmal gesteigert. Die vom jeweiligen Gymnasium dafür vorgeschlagenen Schüler stellen sich mitten in ihren Abiturvorbereitungen zusätzlich dem kritischen Blick einer Jury, welche die künftigen Studierenden noch einmal einem anderen als dem schulischen Blick unterzieht. Natürlich wird dabei die mühelose Zweisprachigkeit vorausgesetzt. Von Interesse ist in diesem Auswahlverfahren aber auch die Gesamtpersönlichkeit, die eine gewisse Botschafter-Funktion hat. Man gibt zu erkennen, dass man sich nicht nur selbständig und souverän in der anderen Sprache ausdrückt, sondern auch einen Teil der jeweils anderen Kultur verinnerlicht hat und die Kenntnisse darüber bestens vermitteln kann.

Selfie der Prix AbiBac-Jury mit DFK-Präsidentin nach der Prüfung im Luisen-Gymnasium: v.l.n.r.: Dr. Vera Gerling, Bruno Girardeau, Ariane Bommers, Petra Kammann; Foto: Vera Gerling

Eine unabhängige Jury prüft die von der jeweiligen Schule vorgeschlagenen Kandidat:innen noch einmal schriftlich und mündlich, um sich einen persönlichen Eindruck zu machen. Ihr gehören an: Dr. Vera Gerling, Privatdozentin am Institut für Romanistik der Heinrich-Heine-Universität, Bruno Girardeau, Attaché de coopération pour le français pour la Hesse et la Rhénanie-du-Nord-Westphalie am Institut français und DFK-Präsidiumsmitglied Petra Kammann, Romanistin, Publizistin und Dozentin, welche die Jury seit 10 Jahren betreut. Anfangs bestand die Jury aus Präsidiumsmitgliedern des Deutsch-Französischen Kreises wie Prof. Dr. Bernd Kortländer (ehem. Stellvertr. Leiter des Heinrich-Heine-Instituts) und der Romanistin Petra Kammann (seinerzeit Herausgeberin und Chefredakteurin der Zeitschrift …IN RHEINKULTUR) sowie einem Sprachbeauftragten des Institut français. Zu Anfang war es auch Bruno Girardeau, der dann aber für ein paar Jahre in Lille tätig war und dessen Funktion durch Marc-Alexander Schreiweis ersetzt wurde. Nach dessen Weggang nach Ottawa, Canada, wiederum übernahm Bruno Girardeau abermals die im Düsseldorfer Institut français angesiedelte Stelle des Attaché de langue und ist darüberhinaus auch für die Zusammenarbeit mit Schulen in Hessen zuständig. Die Akademische Rätin an der Heinrich-Heine-Universität Dr. Vera Gerling wiederum übernahm in diesem Jahr den Sitz in der Jury von Prof. Dr. Bernd Kortländer, der gemeinsam mit ihr den Romanistik-Preis des Deutsch-Französischen Kreises auslobt.

 

Begrüßungsreden der französischen Generalkonsulin Dr. Olivia Berkeley-Christmann; von OB Dr. Stephan Keller und von DFL-Präsidentin Ariane Bommers; Foto: Petra Kammann

Bevor es nun aber zur Verleihung des Preises ging, begrüßte Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller die Preisträgerinnen und Preisträger sowie auch die Vertreterinnen und Vertreter der beteiligten Institutionen Luisen-Gymnasium und Lycée français im Jan-Wellem-Saal, der guten Stube des Düsseldorfer Rathauses, und gab dabei seine Frankophilie zu erkennen. Die französische Generalkonsulin Dr. Olivia Berkeley-Christmann sprach ebenso ein Grußwort, in dem sie der Stadt Düsseldorf sowie dem Deutsch-französischen Kreis für die stets gute Zusammenarbeit dankte. Auch die Präsidentin des Deutsch-französischen Kreises, Ariane Bommers bedankte sich bei der Stadt, den Schulen, der Jury, und allen Kooperierenden.

Die Preisträgerin Laetitia Kalenberg vom Lycée français (1. Preis) während ihrer Dankesrede; Foto: Uwe Kammann

Die Entscheidung für die Preisträger:innen fiel der unabhängigen Jury in diesem Jahr nicht gerade leicht. Herausragend waren alle Anwesenden. Der mit 300 Euro dotierte erste Preis ging schließlich an Laetitia Kalenberg vom Lycée français. Daneben hatte sich die Jury mit Unterstützung der Präsidentin ausnahmsweise für zwei zweite Preise entschieden. Dabei fiel die Entscheidung in diesem Jahr auf Jérôme Danan vom Luisen- Gymnasium und auf Coralie Bisquerra vom Lycée français, während Rémy Wiewiora den dritten Preis in der Höhe von 100 Euro erhielt. Als Erinnerung an die Preisverleihung erhielten die ebenfalls sehr kompetenten Nominierten Amélie Schmitz (Lycée français) und Camille Brisson (Luisen-Gymnasium) eine Anerkennung, den dreisprachigen Gedichtband des Résistance-Kämpfers und KZ-Überlebenden Stéphane Hessel, „O, ma mémoire“ (Grupello Verlag), dem das Memorieren der für ihn wichtigen deutschen, englischen und französischen Gedichte in entscheidenden Momenten das Überleben gerettet haben.

Der Sohn des deutsch-jüdischen Schriftstellers Franz Hessel wurde 1948 Mitunterzeichner der Charta der Menschenrechte. Im Auftrag der UNO bereiste er danach als Diplomat des französischen Außenministeriums die Welt, wozu ihm der französische Staat den Titel „Ambassadeur de France“ verlieh. Beliebt bei Jugendlichen, wurde er im hohen Alter durch seine kleine Streitschrift „Empört Euch!“ und „Engagiert Euch!“ zum Publikumsmagnet. Allein in Düsseldorf trat er nicht nur in der vollen Tonhalle auf, er war auch Gast an einem spektakulären Abend im Deutsch-Französischen Kreis.

Vertreter des Lycée français: Proviseur François Dillenschneider und Deutschlehrerin und AbiBac-Koordinatorin Audrey Langenscheid, Foto: Petra Kammann

In diesem Jahr war die Aufgabe für die Jury, die Prüfung zu gestalten, nochmal eine andere als schon in den vergangenen Jahren der Pandemie, wo die Herausforderung darin bestand, den Preis trotz der Unmöglichkeit sich von Angesicht zu Angesicht zu erleben, dennoch sinnvoll weiterzuführen. So wurde die Prüfung im ersten Corona-Jahr auf elektronischem Wege gemacht. Und sogar die Preisverleihung fand in Form einer Zoom-Konferenz und in einem regen Austausch vor den Bildschirmen der Einzelnen statt. Und das nach langem Abwarten, ob sich die Zeiten vielleicht nicht doch noch ändern würde, also spät im Jahr, erst im Dezember 2020 also, als viele schon in der Universität immatrikuliert waren, und noch nicht einmal so etwas wie ein „normales“ Universitätsleben auf einem lebendigen Campus erlebt hatten.

Vertreterinnen des Luisen-Gymnasiums: Direktorin Gabriele Patten und die Französischlehrerinnen Nina Schmelzer und Julie Kaiser; Foto: Petra Kammann

In diesem Jahr ging es in letzter Minute gewissermaßen gut. Die Prüfungen konnten dank der guten Kooperation mit dem Luisen-Gymnasium trotz Raummangel in der dortigen Aula live abgehalten werden. Und schließlich konnte auch die Verleihung – wenn auch im kleineren Rahmen – im Rathaus der Stadt stattfinden, nicht zuletzt zur Freude der jeweiligen Schul-Direktor:innen wie Frau Gabriele Patten vom Luisen-Gymnasium und François Dillenschneider, Proviseur des Lycée français de Düsseldorf, sowie der jeweiligen Fremdsprachenlehrer:innen und Koordinator:innen, die mit großem Vergnügen an dem feierlichen Festakt teilnahmen.

Bei der Auswahl der Preisträger:innen spielen sowohl Erfahrungen, ehrenamtliches Engagement als auch Vermittlung von Zukunftsperspektiven eine nicht unerhebliche Rolle. Damit stehen die prämierten Schüler und Schülerinnen als Sprach-Botschafter für das Verständnis der jeweils anderen Kultur. Auch soll für sie in ihrer weiteren Entwicklung im späteren Leben der Deutsch-Französische Kreis eine Anlaufstelle sein, sei es, dass sie selbst dort über ihre persönlichen und sachlichen universitären oder auch lebenspraktischen Erfahrungen berichten wollen und können, sei es, dass sie dort auch das reiche Veranstaltungsangebot nutzen können und vielleicht selbst Mitglied im Kreis werden, um die über 70-jährige deutsch-französische Tradition des renommierten Düsseldorfer Kulturkreises auch in Zukunft fortzuführen. Dem ein oder anderen Kandidaten hilft es darüberhinaus, Empfehlungen erfahrener Mitglieder zu verfolgen oder im Kreis professionelle Kontakte zu knüpfen.

Die AbiBac-Kanditat:innen mit Jury und Präsidentin: Remy Wiwieroa, Dr. Vera Gerling (Jury), Petra Kammann (Jury), Camille Brisson (2. Preis), Ariane Bommers (Präsidentin), Coralie Bisquerra, Laetitia Kalenberg (1. Preis) Amélie Schmitz (Nominiert), Bruno Girardeau (Jury), Jérôme Danan (2. Preis)

Die Jury hatte in diesem Jahr vor allem wegen der aktuellen politischen Lage und der Bedrohung Europas einen sehr lesenswerten Text von des Goncourt-Preisträgers Laurent Gaudé, „Wir, Europa – Fest der Völker“, eine „europäische Erzählung, eine Geschichte aus Begeisterung, Wut und Freude…“  als Diskussionsgrundlage für die zu Prüfenden ausgewählt. Gaudé hält in seinem langen Poem den Ländern Europas den Spiegel vor, wobei sein Rückblick bis ins Revolutionsjahr 1848 zurückgeht und ebenso an die vielen schmerzlichen Ereignisse und Erfahrungen der Geschichte Europas erinnert, gleichzeitig aber auch an die Gründung der EU und die damit verbundenen Hoffnungen und Errungenschaften. Eine offizielle Version eines charakteristischen Textausschnitts in beiden Sprachen machte die Vergleichbarkeit der Anforderungen besonders evident. Umso verblüffender war die Vielzahl verschiedenartiger Reaktionen auf den vorgegebenen Text und auf die Beschäftigung mit dem, was für die Einzelnen Europa bedeutet.

So kam etwa Jérôme vom Luisen-Gymnasium zu dem Schluss: „L’Europe est une partie de moi“ („Europa ist ein Teil von mir“ ), aber, so meinte er, wir müssten uns noch besser kennenlernen in einem zukünftigen Europa und mehr Gemeinschaftsverantwortung für das Gesamte entwickeln, während Coralie vom Lycée francais schon zusätzliche Erfahrungen in Spanien gesammelt und sich bereits im Vorfeld für ein Praktikum zum Thema Landwirtschaft in der EU beworben und dort ihre Erfahrungen gemacht hat. Rémy vom Lycée français wiederum steht seit einiger Zeit mit dem ostafrikanischen Staat Togo in Verbindung, wo er an einem ehrenamtlichen Projekt zur weiteren Digitalisierung arbeitet. Er strebt demnächst in Aachen oder in einem der nordeuropäischen Länder ein Ingenieursstudium an, hrend die erste Preisträgerin Laetitia Kalenberg mit kamerunesischem Hintergrund eine Bankkarriere anstrebt, ggfs. bei der EZB.  Es war äußerst interessant zu beobachten, wie sich aus der intensiven Beschäftigung mit einer weiteren Sprache im Laufe der Entwicklung plötzlich für die Schüler:innen neue Horizonte aufgetan haben.

AbiBac-Feier 2021, links: Preisträger Alexander Roßbach, rechts:Philipp Rudolph 

Der erste Preisträger des letztjährigen AbiBac, Alexander Roßbach vom Luisen-Gymnasium, hatte ursprünglich vor, Romanistik und Politikgeschichte zu studieren, kam aber letztlich auch zu einem anderen Schluss. Er schrieb uns aus der Nachbarstadt Köln, wo er heute Medizin studiert: „Ich habe aus verschiedenen Gründen gemerkt, dass dies besser zu mir passt, was jedoch nicht bedeutet, dass der Prix AbiBac nicht trotzdem sehr hilfreich war und ist. Einerseits war er schon öfter Gesprächsthema bei meinen Kommiliton:innen und hat mir auch dabei geholfen, das Eis mit ihnen zu brechen, insbesondere, weil manche meiner Kommiliiton:innen gerne Französisch lernen möchten. Andererseits ist er natürlich ein tolles Verkaufsargument für meine Französisch-Nachhilfe, die ich nebenbei noch gebe. “ Die Sprache selbst muss ja nicht immer das Ziel sein. Sie ist ein weiteres Kommunikationsmittel, das neue Horizonte aufschließt. So ergänzt er in seinem Statement: „Der Preis hat mir geholfen, in meinem naturwissenschaftlichen Studium die Verbindung zur französischen Sprache nicht zu verlieren, wofür ich auch sehr dankbar bin.“  Pfiffig zu sein ist zweifellos ein weiteres Atout.

Und hier eine kleiner Rückblick auf frühere Verleihungen:

Prix AbiBac-Vergabe beim Düsseldorfer Frankreichfest 2014 mit dem damaligen und inzwischen verstorbenen DFK-Präsidenten Dr. Cornelis Canenbley; Foto: privat

Bereits im zweiten Jahr hatten sich an 2014 zu den ausgewählten AbiBac-Schülern des Düsseldorfer Luisen-Gymnasiums die des Lycée français gesellt. Die Preisverleihung fand seinerzeit im Innenhof des Rathauses statt, wo mit einem konsularischem Empfang das legendäre Düsseldorfer Frankreichfest mit viel Tam Tam, Reden und Musik offiziell und gleichwohl in lockerer Atmosphäre eröffnet wurde. Es war ein publikumswirksamer Beginn, der den Preis bekannt machte. Heute erfährt die Veranstaltung durch den Empfang im Rathaus eine besondere Würdigung, wo die einzelnen Kandidaten und Kandidatinnen intensiver austauschen können.

Verleihung des 9. Prix AbiBac des Deutsch-Französischen Kreises 2021 live im Düsseldorfer Rathaus

Der Prix AbiBac in Zeiten der Pandemie 2020

Deutsch-französische Beziehungen: Feierliche Verleihung des Prix AbiBac 2019

Verleihung des „Prix Abibac“ bei der Eröffnung des Frankreichfestes 2018 in Düsseldorf

Verleihung des Prix AbiBac 2017 auf dem Düsseldorfer Frankreichfest

Das 16. Düsseldorfer Frankreichfest

DFK communiqué de presse 2015

Verleihung des Prix Abibac 2014

DFK Prix AbiBac Verleihung 2013

Darüber hinaus setzt sich der Deutsch-Französische Kreis e.V. seit über 70 Jahren für die Förderung der Freundschaft zwischen beiden Ländern und Kulturen ein und trägt mit speziellen Veranstaltungen zu Begegnungen zwischen Deutschen und Franzosen bei.

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