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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Städelrundgang 2019 – „Oven Light“ von Tala Madani in der Frankfurter Ausstellungshalle Portikus

Befremdlich-Hintergründiges Spiel mit Licht und Schatten 

von Petra Kammann

Blick aus der oberen Etage in den Ausstellungsraum: Komposition aus Fernsehapparaten und Gemälden Tala Madanis; Alle Fotos: Petra Kammann

Die magische Wirkung der Gestaltungskraft von Licht erlebt man beim Rundgang der Städelschule in diesen sonnigen Spätwintertagen ganz besonders im minimalistischen inneren White Cube des kleinen roten Hauses an der Alten Brücke, im Portikus, einem ihrer essentiellen Bestandteile für Ausstellungen von Nachwuchskünstlern. Dort ist auch über das Ende des Rundgangs hinaus die erste institutionelle Einzelausstellung der 1981 in Teheran geborenen und in Los Angeles lebenden Künstlerin Tala Madani unter dem Titel „Oven light“ zu sehen.

Hier schaut man so bewusst wie intensiv in die fast schwarz gemalten Flächen hinein, aus denen lichte Szenen oder rote Blutspritzer wie Spuren einer realen Welt herauszuleuchten scheinen und gleichsam wieder verschwinden. Man schaut auf seltsame hoffmanneske Wesen, welche die Teile der Dunkelheit aufzuhellen versuchen und dabei auf tragikomische Weise scheitern.

Für die Ausstellung „Oven Light“ hat Tala Madani ihren Fokus auf neue, serielle Malereien und Animationen abgestellt, darunter Schattenspiele, Hasenohren und Zaubertricks, die vom Licht und Projektionsflächen sowie von deren Qualitäten erzählen. Auf fünf Podesten sind in der Raummitte Fernsehapparate aufgestellt, auf denen die Animationsfilme der Künstlerin laufen, – slapstickartig sich wiederholende zum Scheitern verurteilende Handlungen –, gewissermaßen als Ergänzung zum Gemalten und der in den Bildern erzählten oder angedeuteten Geschichten.

Immer auf der Suche nach der Lichtquelle in diesem hellen Raum schaut man hier fast automatisch simultan, um Vorder- und Hintergrund und im Rundum-Blick den Raum gleichzeitig zu erfassen, zumal einige Gemälde um die Ecke gehen. Man traut seinen Augen nicht. Was ist gemalt, was wird auf die Leinwände projiziert? Sind die Umrisse der etwas kindlich anmutenden – meist männlichen – Figuren Comicbänden entnommen und in die Filme eingebaut oder sind sie eigens für die Installation entwickelt? Und warum verhalten sich die teils dubiosen Gestalten so, wie sie sich verhalten?…

So magisch anziehend wie irritierend ist die auf Tala Madanis Bildern dargestellte Dunkelheit, aus der die sich teils panikartig fortbewegenden dunklen Gestalten hervortreten, die in ihren unüberlegten Bewegungen bisweilen unheimlich, bisweilen komisch wirken. Diese kleinen Figuren – zumeist phallische Männlein –  lassen sich buchstäblich hinters Licht führen und tappen in jede mögliche Falle, wenn sie zum Beispiel die Quelle des Lichts erforschen wollen, sei es, dass sie mit Taschenlampen die Dunkelheit auszuleuchten versuchen, sei es, dass sie in die Tiefe eines heißen Ofens schauen wollen. Madanis Sujets springen von Traum zu Trieb, von verbotenen Gedanken zu scheinbar unvermeidbaren Bedürfnissen.

Der Titel  „Oven Light“ verweist auf eines der zentralen Motive dieser Schau. Es ist u.a. das künstliche Licht großer Backöfen, wie man sie aus Mandalis Wahlheimat USA kennt. Aus deren Innerem glüht und strahlt es förmlich heraus, während die Gestalten auf tumbe Weise gegen die Realität und der damit verbundenen Hitze ankämpfen. Es ist absehbar, dass, wenn diese nackten Leiber den Licht- und Wärmequellen folgen und sich in die  Tiefe der Öfen hineinbegeben, ihre Körper darin verschwinden und sie darin umkommen.

Der Ofen ist heiß, was sie nicht davon abhält, hineinzugehen und an ihren Leidenschaften zu verbrennen… Ähnlich wie Kinder, welche die praktischen Erfahrungen des Lebens noch nicht verinnerlicht haben, geben sich die kleinen Kobolde ungebremst ihrer Gier und ihren Obsessionen hin und verweigern sich jeglicher rationalen Überlegungen. Fast fühlt man sich an Goyas Reaktion auf den Spanischen Bürgerkrieg und seine kritische Darstellung in den Caprichos erinnert, vor allem an das Capriccio „Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer“.

Wenn die Vernunft halt nichts zu lachen hat, entwickelt sich unter dem Eindruck der „Aufklärung“ ein Schattenreich oder heute würde man sagen, eine Parallelwelt. Das Licht, das auf die Realität geworfen wird, ist eben nur zu fahl. Die erste institutionelle Einzelausstellung von Tala Madani in Deutschland ist insofern bemerkenswert, als diese besondere Künstlerin, die vermutlich Eindrücke der östlichen wie der westlichen Welt verinnerlichtet, sowohl tiefgreifende als auch hintergründige künstlerische Schlüsse aus ihrer Erfahrung verschiedener und konträrer Welten gezogen hat. Sehenswert ist diese Schau auch über den diesjährigen Städelschulen-Rundgang hinaus allemal.

 

Die Ausstellung Oven Light von Tala Madani im Portikus geht noch bis bis zum 07.04.2019

Tala Madani

Tala Madani wurde 1981 in Teheran geboren und erhielt 2006 ihren MFA von der Yale University School of Art. Zu ihren letzten Einzelausstellungen gehören: La Panacée, Montpellier, 2017; First Light, MIT Visual Arts Center, Cambridge, 2016; Centro Andaluz de Arte Contemporáneo, Seville, 2014; Nottingham Contemporary, 
2014; Rip Image, Moderna Museet Malmö & Stockholm, 2013; The Jinn, Stedelijk Museum Bureau, Amsterdam, 2011.

Außerdem waren Tala Madanis Arbeiten Teil folgender Gruppenausstellungen: Whitney Biennial 2017, New York; Hope and Hazard: A Comedy of Eros (kuratiert von Eric Fischl), Hall Art Foundation, New York 2017; Los Angeles – A Fiction, Musée d’art Contemporain de Lyon, 2017; Zeitgeist, MAMCO, Geneva, 2017; Invisible Adversaries, Hessel Museum of Art, Bard College, Annandale-on-Hudson, 2016; The Great Acceleration: Art in the Anthropocene, Taipei Biennial (kuratiert von Nicholas Bourriaud), 2014; Made in L.A. 2014, Hammer Museum, Los Angeles; Where are we Now?, Marrakech Biennale 5, Marrakech, 2014; Speech Matters, La Biennale di Venezia, 2011; Greater New York, P.S. 1, New York, 2010; Younger than Jesus, New Museum, New York, 2009

Info

PORTIKUS
Alte Brücke 2 / Maininsel
D–60594 Frankfurt/Main

Dienstag–Sonntag 11–18 Uhr
Mittwoch 11–20 Uhr

Der Eintritt ist frei.

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