Das Klischee vom Reichtum der Juden als antisemitisches Stereotyp
Von Hans-Bernd Heier
Mit „Juden. Geld. Eine Vorstellung“ thematisiert das Jüdische Museum Frankfurt im Jubiläumsjahr ein äusserst heikles, weil klischeebehaftetes Thema. Obwohl das verbindende „und“ im Titel fehlt, und so ganz bewusst zwischen beiden Begriffen eine Verbindung vermieden wird, dürfte es in der Vorstellung von vielen selbstverständlich als eins gesetzt werden. Gibt es ein solches „und“ – und wie wäre es zu verstehen?
Die Ausstellung zeichnet die ökonomische Geschichte der Juden in Deutschland und Österreich nach, sofern diese sich auf die Finanzwirtschaft bezieht. Dabei werden mittelalterliche Geldverleiher, Hofjuden, Bankiers des 19. und 20. Jahrhunderts sowie Theoretiker des Kapitalismus vorgestellt. Gleichzeitig werden Vorurteile und Einstellungen zum Geld sichtbar, die seit dem Mittelalter das Bild eines „reichen Juden“ geprägt haben – ein Bild, das bis heute aktuell ist.
Mit dieser Präsentation, so erklärt Professor Raphael Gross, Direktor des Jüdischen Museum, „wird eine der zentralsten antisemitischen Vorstellungen in den Fokus einer Ausstellung gerückt: ein Kristallisationspunkt antisemitischer Klischees, der sich bis in unsere Gegenwart hinein als immer wieder abrufbar und virulent erweist. Wie aber zeigt man Emotionen, Bilder, Vorstellungen, die zum Judenhass, zum Antisemitismus gehören? Kann man sich damit überhaupt beschäftigen, ohne dass man das, was man bekämpft, geradezu reproduziert und damit tradiert?“
Die Kuratorin Professor Liliane Weissberg knüpft an die Doppeldeutigkeit des Begriffs „Vorstellung“ an, die nicht nur das Vorurteil „jüdisch und reich“ bedient. Weissberg führt den Begriff vielmehr in das Theater zurück. Damit hat sie einen geschickten Weg gefunden, indem sie die Schau auf neun „Bühnen“ (Themenräumen) inszeniert – umrahmt von einem Prolog und Epilog. Dabei führt die vom Atelier Markgraph, Frankfurt am Main, gestaltete theatralische Inszenierung den Blick des Betrachters immer wieder hinter die Bühne: an den Ort, an dem die Vorstellungen entstehen und produziert werden. Über 200, teils sehr wertvolle Objekte ab dem 13. Jahrhundert – darunter Schuldurkunden und Hauptbücher, Gemälde, Skulpturen, Karikaturen, Filme und Fotografien – zeichnen die Spuren einer Wirtschafts- und Finanzgeschichte nach, die seit dem Mittelalter ein wesentlicher Teil jüdischer Existenz gewesen ist.

Otto Rouvel als Nathan, Städtische Bühnen Frankfurt am Main, 1971, Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg; © Günter Englert Weiterlesen