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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

2021 – Was vom Jahr noch übrig blieb und nicht in Vergessenheit geraten sollte…

Remember, remember…

Ein Blick in den Rückspiegel von Petra Kammann

Ja, mach nur einen Plan, sei nur ein großes Licht /und mach dann noch ´nen zweiten Plan, gehn tun sie beide nicht.“ Ach, der gute alte Brecht, da hat er einfach recht. Was in diesem, durch verschiedene Krisen geschüttelten Jahr unser aller Alltag extrem verändert hat, ist nicht zuletzt das Verhältnis zur Zeit, der real zur Verfügung stehenden und der empfundenen Zeit, die sich wahlweise an unpassenden Stellen überschlug oder sich endlos zu dehnen schien. Und nicht alles ließ sich gleich-zeit-ig verarbeiten, weil vieles und anderes aufwändiger vor- und nachbereitet werden musste. Dann wiederum war es zu spät, um auf Begonnenes zurückzukommen. Dabei sind so einige wertvolle Perlen heruntergekullert, die wir wieder zurückholen wollen, in dem wir an ein paar der bislang nicht realisierten Dinge  erinnern möchten…

Beuys-Sammler und -Verleger Lothar Schirmer, Foto: (Schirmer & Mosel)

„Hut ab – Kopf an!“ zum 100. Geburtstag von Joseph Beuys mit dem Kunstverein EULENGASSE

Livestream im Ausstellungsraum des Kunstvereins  EULENGASSE, moderiert von Harald Etzemüller und Petra Kammann, hier im Gespräch mit dem Künstlerpaar Agnes Stockmann und Jon Pahlow

So haben wir es verpasst, nach all der vielen Vorbereitungsarbeit ausdrücklich und aus vollem Herzen noch einmal für die gute Zusammenarbeit allen Beteiligten Danke zu sagen, allen voran dem Kunstverein EULENGASSE mit Harald Etzemüller und Vládmir Combre de Sena.

Ein dickes Dankeschön für die gelungene Zusammenarbeit !

Vládmir Combre de Sena (Künstlerischer Leiter EULENGASSE) beim Aufnehmen des Gesprächs von Petra Kammann mit dem Kunstkritiker Dr. Eduard Beaucamp; Foto: Petra Kammann

Vládmir Combre de Sena machte aus einem ausführlichen Telefoninterview, das ich mit dem ausgezeichneten Beuys-Kenner -Sammler und -Verleger Lothar Schirmer (Schirmer & Mosel) führte, einen nachzuhörenden Podcast. Er war es auch, der das Gespräch mit dem FAZ-Kunstkritiker Eduard Beaucamp und mir filmisch aufnahm. Abrigada.

Screenshot: Dr. Eduard Beaucamp im Gespräch mit Petra Kammann

Über viele Stunden und Tage haben wir vorab gemeinsam und kurzfristig für den 12. Mai die einmalige Aktion „Hut ab – Kopf an!“ vorbereitet und einen ganzen Tag lang bis in die Nacht den 100. Geburtstag von Joseph Beuys im Live-Stream mit wunderbaren künstlerischen Beiträgen von über 30 Künstlern und Künstlerinnen sowie mit Zeitzeugen und Inspirierten diskutierend gefeiert, was jetzt dokumentarisch in der EULENGASSE  verankert ist.

 

Inge Sauer, 1970 an der Düsseldorfer Akademie bei Beuys-Aktionen © Inge Sauer

Dazu gebührt der Dank auch den wunderbaren Zeitzeugen selbst, die Beuys persönlich begegnet sind, und mit denen wir ausführliche Gespräche geführt haben wie zum Beispiel mit dem Kunstsammler und Verleger Lothar Schirmer so wie auch mit dem großen langjährigen FAZ-Kunstkritiker Dr. Eduard Beaucamp und nicht zuletzt mit der Düsseldorfer Künstlerin Inge Sauer, die Beuys 1970 als Studentin an der Düsseldorfer Kunstakademie fotografierte und die uns für dieses Ereignis ihre damals entstandenen Fotos zur Verfügung stellte.

 

← Filmplakat zu Beuys-Film von Andreas Veiel…

 

Ein weiterer Dank gilt auch der Fotografin und Filmwissenschaftlerin Sabine Imhof  für die gelungene Matinee im filmforum höchst, bei der wir nicht nur den interessanten Beuys-Film von Andreas Veiel gemeinsam anschauten, sondern auch darüber diskutieren konnten, zwar leider nicht vor Ort im Kino und von Angesicht zu Angesicht, dafür aber konnten sich dann Menschen in den Live-Stream einloggen, die sonst keine Gelegenheit gehabt hätten, daran teilzunehmen, und die wir zum Teil auch nicht kannten.

Beuys in Düsseldorf

Leider kam es nicht zu den Filmaufnahmen in Düsseldorf, die wir im Atelier des österreichischen Künstlersund ehemaligen Freund und Mitarbeiter von Joseph Beuys, Heinz Baumüller. Bei der Aktion „ZERSÄGEN“, 1985, machte Joseph Beuys Heinz Baumüller auf zwei Fehler aufmerksam und überließ ihm, ob er damit weiter so leben wolle. Wollte er nicht. Mutig zersägten sie nach der Erkenntnis des künstlerischen „Irrtums“ dann gemeinsam den „Tunnel“ in Baumüllers Atelier im Raum 13 der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf.

Gemeinsames „Zersägen“ der hochdekorierten Holzskulptur, mit der Baumüller 1984 den Bundeswettbewerb der deutschen Kunstakademien und Fachhochschulen gewann. links H. Baumüller, rechts Beuys; Foto: von Baumüller zur Verfügung gestellt

Beuys machte daraus die Arbeiten „Nasse Wäsche – Jungfrau II + III, wobei ihm Baumüller assistierte. Die aus der Aktion nach 10-jähriger Überlegung entstandene konkave zweiteilige Skulptur „Eingang/Ausgang“ aus Beton (1998) steht heute auf der Raketenstation-Insel Hombroich. Leider zu schwierig, in kurzer Zeit unter den Pandemie-Bedingung eine entsprechende Fahrt nach Düsseldorf und Umgebung hinzubekommen.

Am 12. Mai 2021 bat Baumüller übrigens den Pfarrer seiner österreichischen Heimatgemeinde Kollerschlag, die von ihm 2010 entworfene Josephsglocke zu Ehren Joseph Beuys´ 100. Geburtstag 10 Minuten lang läuten zu lassen. Baumüller hat ein Relief, das Beuys auf einem Sofa sitzend, mit einer Axt in der Hand, als den Hl. Josef appliziert.

Bedauerlicherweise kam es auch nicht zu einer intensiven Auseinandersetzung mit der Düsseldorfer Beuys-Ausstellung „Jeder Mensch ist ein Künstler“ im K20. In der renommierten Kunstsammlung NRW zeugten aber zwölf ausgewählte Kunstaktionen und Happenings vom Künstler mit dem Filzhut und Anglerweste, der den Kapitalismus abschaffen und die Welt mit Kunst heilen wollte, aufgezeichnet von Zeitgenossen auf Film und Foto. Außerdem waren analog dazu dort internationale zeitgenössische, von Beuys inspirierte Künstler zu sehen.

Blick in die Düsseldorfer Beuys-Ausstellung „Jeder Mensch ist ein Künstler“ im K20; Foto: Petra Kammann

Die meisten von ihnen suchten ob des erweiterten Kunstbegriffs durch Beuys nach Antworten auf drängende Fragen unserer Zeit und waren in Videointerviews zu sehen wie zum Beispiel die US-Bürgerrechtlerin Angela Davis, die indische Frauenrechtlerin Vandana Shiva, ja sogar der vietnamesisch-buddhistische Mönch Thích Nhất Hạnh, die Klimaaktivistin Greta Thunberg oder auch der umstrittene französische Autor-Philosoph Michel Houllebecq.

Das alles begründet darzustellen, hat sowohl den Zeitrahmen wie auch den Rahmen unserer begrenzen Möglichkeiten gesprengt, wie so vieles andere in diesem Jahr. Ich konnte das nur auf mich wirken lassen und feststellen, dass Beuys auch nach 100 Jahren noch lange nicht tot, sondern quicklebendig ist, weil er die Gemüter früher wie heute in Wallung bringt.

Die Bühnenbildnerin Aino Laberenz, Witwe des provokativen Theater- und Opern-Regisseurs Christoph Schlingensief, dessen Ausstellung „Kaprow City“  im K20 stattfand; Foto: Petra Kammann

Im K20 traf ich auch die junge kluge Bühnenbildnerin Aino Laberenz, Witwe Christoph Schlingensiefs, die am Tag meines Kommens im K20 über „Kaprow City“ berichtete. Man hätte ihr eigens eine Geschichte widmen müssen, zumal sie auch darüber sprach, dass Beuys für ihren verstorbenen Mann wichtig gewesen sei. 2006 hatte Schlingensief die im K20 ausgestellte improvisierte Bühne „Kaprow City“ für die Berliner Volksbühne geschaffen, gewissermaßen als Hommage an den New Yorker Allan Kaprow (1927-2006), der mit seinen spektakulären Kunst-Happenings schon in den 1950ern provozierte. kunstsammlung.de 

Burghard Schlicht in der Romanfabrik

Versäumt habe ich auch, über die gelungene Lesung des Frankfurter Schauspielers, Kritikers und Filmemachers Burghard Schlicht, der nicht nur mit Rainer Werner Fassbinder zusammenarbeitete, zu berichten. Sein Roman „Im Augenblick der Freiheit“ (Verlag Olga Grueber) steckt voller fabelhafter Geschichten, die den tragikomisch witzigen, absurden Kosmos einer Zeitepoche wiedergeben, in der alles möglich schien.

Michael Hohmann (Romanfabrik), der ein Gespräch mit Burghard Schlicht führte, Foto: Petra Kammann

Schlichts Roman wirkt 30 Jahre nach den spektakulären 1968er Ereignissen wie ein Film und erzählt temporeich die Geschichte von Revolution, Sehnsucht und Verwirrung der Gefühle in diesen bewegten Zeiten. Immer wieder ist dabei von Träumen vom Film, von Dreharbeiten, vom Kino und von Schauspielerei die Rede, von enttäuschter Liebe, von Hoffnung auf ein besseres Leben und einer vergangenen Epoche, die damals zum Greifen nah schien.

Dabei wird man unmerklich in die Geschichten von berühmten Regisseuren, Stars und Schauspielern und in einen Strudel irrwitziger Szenen und abenteuerlicher Begegnungen als Leser mit hineingezogen.

Es sieht so aus, als würde Schlicht an dieser Geschichte weiterschreiben oder sie vielleicht von einer anderen Seite her aufrollen, und dann sind wir hoffentlich, wenn es soweit ist, schneller am Ball mit unseren Reaktionen…

Der Autor Burghard Schlicht beim Erläutern der zeitlichen Umstände, in dem der Roman spielt; Foto: Petra Kammann

Paris ist eine Messe wert

Als wir in Paris eine Reportage über Christo & Jeanne Claudes Arc de Triomphe Wrapped machten, haben wir es verabsäumt, auch etwas über dort in der Nähe Liegendes zu berichten, so über die neue, vom japanischen Architekten Tadao Ando umgebaute „Bourse de commerce„, die sich zu einer zeitgenössischen Kunststation des milliardenschweren Kunstsammlers François Pinault, der etlichen von der Biennale in Venedig her ein Begriff sein dürfte, entwickelt hat.

Manchen, die in der neuen ,Kunstbörse‘ zu Gast waren, rangen die Exponate allerdings nur ein müdes Gähnen ab, kannten sie die Objekte doch größtenteils schon aus Venedig! Aber was wären schon die Künstler in diesen unruhigen Zeiten ohne so leidenschaftliche Mäzene wie Pinault? Konzentrierter jedoch wirkte da Pinaults thematisch angelegte Ausstellung Noir et blanc im Jakobinerkloster in Rennes, über die wir im Sommer berichteten.

Blick in die Kuppel der alten Getreidebörse von Paris, die Tadao Ando zum Kunstort umgebaut hat, Foto: Petra Kammann

Einen kurzen Blick warfen wir auch auf und in das frisch eingeweihte und bislang unzugängliche „Hôtel de la Marine„, ein Stadtpalais aus dem 18. Jahrhundert, einen Ort in der Nähe der Place de la République gelegen, den man in der Seine-Metropole auf jeden Fall aufsuchen sollte, weil er eben so ganz unverwechselbar französisch wirkt, eben von der Einrichtung mit feinen Dekors und Holzarbeiten von französischen Ebenisten aus dem 18. Jahrhundert bis hin zu zeitgenössisch digitalen Elementen.

Der Lichtinnenhof des umgebauten „Hôtel de la Marine“ im Herzen von Paris, Foto: Petra Kammann

Und Versailles die grüne Lunge in der Nähe…

Vor allem aber haben wir uns den barocken und weitläufigen „Vorgarten“ von Paris, den Park von Versailles, den Louis XIV. mit dem Gartenkünstler André Le Nôtre angelegt hat, in dem ich in gefühlten Ewigkeiten nicht mehr war, angeschaut. Die Gartenanlage hat mich in Größe und gestalterischer Vielfalt diesmal förmlich in Bann geschlagen.

Ein luftiges Erlebnis! Wegen der Weitläufigkeit des Geländes haben dort die „Aerosole“ weniger Chancen, sich zu verbreiten, als in geschlossenen Räumen. Natürlich handelt es sich nicht um einen „Biogarten“, auch wenn Marie-Antoinette sich auf der Suche nach dem Natürlichen in der königlichen Domäne ihre eigene Schäferidylle gebaut hatte, bevor sie von den Revolutionären guillotiniert wurde.

Überrascht war ich in dieser gewaltigen Parkanlage nicht nur von den sensationellem Wasserspektakeln, den Bosketts und gärtnerisch verspielt angelegten Labyrinthen, sondern auch von den humorvoll-poetischen, von den Surrealisten beeinflussten Tierskulpturen des verstorbenen Künstlerduos Claude und François-Xavier Lalanne, die effektvoll und augenzwinkernd zwischen dem Petit Trianon und dem Schäferdorf der Marie-Antoinette, dem Hameau, platziert waren.

Eine Reminiszenz des Künstler-Duos Lalane an die wohl ersehnten Schäferstündchen der Marie-Antoinette in ihrem Versailler „Hameau“, Foto: Petra Kammann

Heiner Goebbels Erinnerungsgarten der Stimmen

Sehr kurzfristig und zugegebenermaßen etwas unvorbereitet fuhr ich zur Generalprobe von Heiner Goebbels Uraufführung von „A House of Call. My Imaginary Notebook“, einem vierteiligen Zyklus von Kompositionen, in denen das Orchester des Ensemble Modern auf Stimmen, die Goebbels in einem imaginären Notizbuch aufbewahrt hat, musikalisch reagiert. Stimmen, auf die er – oft auch zufällig – bei Projekten, Reisen, Begegnungen oder in Archiven gestoßen ist und die in einer gewaltigen Toncollage aus wiederkehrenden Dialogen, Beschwörungen, Gebeten, Anrufungen, Aufrufen, Sprechakten oder Liedern ‚den Ton angeben‘.

Try out mit dem Ensemble Modern in der Fredenhagen Halle in Offenbach  für die Uraufführung von Heiner Goebbels „A House of Call. My Imaginary Notebook“; Foto: Petra Kammann

„House of Call“, so nannte man zu Beginn der industriellen Revolution in England auch Einrichtungen, wo suchende Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusammentrafen und vielleicht auch vertragseinig wurden. Ein solches Zusammentreffen überträgt Goebbels auf den Konzertsaal. Seine Komposition aus den unberührbaren Stimmkonserven, worauf die Musikerinnen und Musiker des Orchesters kommentierend, unterbrechend, unterstützend und widersprechend „antworten“ können, beim Publikum individuell oder kollektiv Glücksgefühle, Fragen und Sehnsüchte auslösen. Besonders erinnerlich blieben mir, weil anrührend, die eingebaute Tonkonserve von Eichendorffs Gedicht „Die Wünschelrute“ aus dem Mund von Goebbels’ fast hundertjähriger Mutter wie auch die Stimme der armenischen Sängerin Zabelle Panosian in einer Aufnahme aus dem Jahr 1917.

Auch in der Mittagspause wird im Freien weitergearbeitet, v.l.: der dynamische Dirigent Vimbayi Kaziboni aus Simbabwe und Heiner Goebbels; Foto: Petra Kammann

Zitat Heiner Goebbels: „In diesem Konzert kommen Stimmen zu Wort, die mich berührt, verstört, begeistert, befremdet haben und die hier meist erstmals auf einer Konzertbühne zu hören sind. Etwa die Hälfte dieser Stimmen wurde mit historischen Phonographen auf Wachsmatrizen aufgenommen und ihre Entstehung ist oft ambivalent. … Manchmal lassen sich die Beweggründe auch nicht voneinander trennen. Die Widersprüche kann ich nicht ausräumen, sondern nur künstlerisch bearbeiten. Die Musik ist eine direkte Antwort auf die Komplexität und Rauheit der Stimmen, ihre Ausstrahlung und die Geschichte dieser Aufnahmen.“

Leider konnte ich weder die tatsächliche Uraufführung an anderen Orten wie in Berlin oder in Hamburgs Elbphilharmonie nicht wahrnehmen oder die erste Begegnung durch ein Gespräch vertiefen, weil sich zu Beginn des Herbstes plötzlich die Termine verschoben, sich doppelten und die Dinge einen anderen Lauf nahmen.

Und die Buchmesse? Sie fand statt. Und das war gut so.

Zaungäste vor dem legendären „Blauen Sofa“ auf Abstand, Foto: Petra Kammmann

Ein Fortschritt war die Öffnung der weltweit größten Frankfurter Buchmesse gegenüber dem Vorjahr. Das (zahlenmäßig begrenzte) Publikum hatte nach Voranmeldung Zugang. In den Gängen wurde nicht gedrängelt, sodass manch unerwartet spontanes Gespräch stattfinden konnte, u.a. meines mit dem früheren Aufbau-Verleger, Bernd F. Lunkewitz, der eigens aus Kalifornien, seinem heutigen Lebensort, angereist war, um in Frankfurt seine Geschichte des Aufbau Verlags zu präsentieren. Ihm war übel mitgespielt worden, weil die Besitzverhältnisse des Verlags über einen langen Zeitraum hinweg ungeklärt waren.

Bernd F. Lunkewitz kaufte den Verlag gleich mehrfach  – eine nicht geklärte Geschichte der Nachwendezeit, Foto: Petra Kammann

Lunkewitz hatte den renommierten DDR-Verlag nach der Wende gleich mehrfach gekauft, eine Never Ending Story der Nachwendezeit, die rechtlich immer noch nicht bis zum Ende aufgeklärt ist. Dabei kämpft der Ex-Verleger unverdrossen weiter um Gerechtigkeit, hatte er doch ebenso viel Herzblut wie Geld in den Verlag gesteckt, um ihn unter den westlichen Marktbedingungen überlebensfähig zu machen. Für die Aufarbeitung des langen Gesprächs mit ihm hatte ich leider noch immer nicht die Zeit. Es setzt auch zusätzliche Recherchen voraus, nicht zuletzt juristische, denen ich mich ad hoc nicht gewachsen fühlte… Aber natürlich können sich die Leser bei der Lektüre der Verlagsgeschichte schon mal ihr eigenes Urteil bilden.

links: Pressesprecherin Barbara Stang (u.a. Europa Verlag) mit der Autorin und Künstlerin Ulrike Damm, Foto: Petra Kammann

Schön, dass es auf der realen Buchmesse neben all dem, was in den täglichen Feuilletons nachzulesen ist, auch immer wieder Entdeckungen zu machen gibt. Für mich war das diesmal die ungewöhnliche Autorin und Künstlerin Ulrike Damm. Sie schrieb ihren Roman „Kulp und warum er zum Fall wurde“ (Drava Verlag) gleich zweimal – zunächst als Buch und dann handschriftlich als Kunstwerk auf Papier. So entstand eine Skulptur aus 962 Metern Seiden-Papier, die sie in der Berliner Zionskirche im Prenzlauer Berg ausstellte. Schon beim Anblick der Fotos hat man förmlich das Rascheln der Papierbahnen im Ohr und kann sich aus der Geschichte des erblindenden Protagonisten plus dieser Aktion auch sofort ein Hörspiel aus dem Innenraum der Sprache vorstellen.

Von Ulrike Damms Künstlerpersönlichkeit, wie von den in der FeuilletonFrankfurt-Redaktion gestapelten Lyrik-Editionen, etlichen Hörbüchern und der spannenden neu zu entdeckenden Literatur zur Romantik werden die geneigten Leser und Leserinnen dann im kommenden Jahr mehr hören, von Musikern, die hoffentlich bald wieder ertragreiche Auftritte haben werden und von den anstehenden herausragenden Ausstellungen in Frankfurt ganz zu schweigen….

Ulrike Damms Lesung in der Zionskirche, Foto: privat

Lassen Sie sich überraschen.und kommen Sie gut und heil ins Neue Jahr!

 

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