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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Ein Merkur der Wirtschaft und der Kunst

Ein Merkur der Wirtschaft und der Kunst

Zum runden Geburtstag von Hans-Bernd Heier – Eine Hommage

von Renate Feyerbacher

Hans-Bernd Heier; Foto: Privat 

„Leben leben: „Et kütt wie et kütt“ (Artikel 2 des kölschen Grundgesetzes) ist das Motto von Hans-Bernd Heier im FeuilletonFrankfurt-Fragebogen à la Marcel Proust. Dabei ist er doch gar kein Kölsches Kind von Geburt, aber ein Kölscher im Herzen. Ich weiß, wovon ich rede, kennen wir uns doch nun schon mehr als 30 Jahre.

Und das schrieb Hans-Bernd Heiers Lieblingslyriker Johann Wolfgang von Goethe, als er 80 Jahre alt geworden war: „Ei, bin ich denn darum achtzig Jahre alt geworden, dass ich immer dasselbe denken soll? Ich strebe vielmehr, täglich etwas anderes, Neues zu denken, um nicht langweilig zu werden. Man muss sich immerfort verändern, erneuen, verjüngen, um nicht zu verstocken.“

Ich bin kein Spezialist für Astrologie, aber das, was ich über das Sternzeichen Zwilling und Gott Merkur lese, das trifft auf Hans-Bernd, den ich immer nur kurz mit Bernd anrede, zu. Die negativen Eigenschaften werden heute ausgeblendet.

Merkur ist der Planet der Kommunikation. Er gehört zum Sternzeichen der Zwillinge, somit auch der 6. Juni. Das spricht für eine gesellige Persönlichkeit, die meist ein Talent für Sprache hat, aber auch sehr scharfsinnig ist, schlau handelt, die anpassungsfähig, neugierig, sympathisch, taktvoll, charmant, gesellig, kreativ und tolerant ist.

Der 6. Juni 1941, an dem Bernd in Essen geboren wurde, war sicher für Mutter und Kind ein Tag voller Sorge, Freude und Hoffnung. Die Luftangriffe auf das Industriegebiet, in dem Kriegswaffen produziert wurden, hatten auch Essen bereits erreicht.

Bernd aber ließ sich davon nicht abschrecken. Er kam. Und wie alle Kriegskinder wuchs er in Trümmern auf und wird, da er kein Geschwister hatte, viel draußen gespielt haben. Wie ich, die 24 Tage nach ihm kriegsbedingt in Hoffnungsthal im Bergischen Land – nahe Köln – zur Welt kam.

Früh, da war er 10 Jahre alt, verlor er kurz nach der Kommunion den Vater. Er war Verleger. Mutter Anny war unversorgt, packte aber, wie die meisten Mütter damals, an, gründete zwei Textilläden mit Strümpfen, Wollwaren, exquisiten Marken und dem damals äußerst wichtigen Laufmaschendienst – eine Geschäftsgründung mit Anspruch.

Anspruch ist auch für Bernd wichtig.

Nur zwei bekannte Menschen fand ich, die am 6. Juni 1941 geboren wurden: Alexander Cockburn, amerikanisch-irischer Journalist, Autor mit politischen Ambitionen, der übrigens in der Wetterau starb, dann der Comic-Zeichner, Illustrator Neal Adams, ein wichtiger Neuschöpfer der Batman-Figur. Batman ist ein Streiter für Gerechtigkeit.

Gerechtigkeit nennt Bernd im FeuilletonFrankfurt- Fragebogen übrigens als seine Lieblingstugend.

Ansonsten ist der 6. Juni als Geburtstag sehr prominent besetzt mit Persönlichkeiten wie: Diego Velázques, Thomas Mann, den Bernd als einen seiner Lieblingsschriftsteller nennt, Pierre Corneille, Alexander Puschkin, die Malerin Hélène de Beauvoir, Jiri Hájek, Leitfigur des Prager Frühlings.

Bernds Geburtsort Essen liegt zwischen dem Rhein-Herne Kanal und der Ruhr, einem Zufluss des Rheins. Bernd näherte sich zusehends dem Rhein und kam schließlich zum Studium nach Köln, meiner Heimatstadt, und dann nach Bonn.

An der Universität Köln, wo ich auch studierte, sind wir uns nie begegnet: er war bei den Volkswirten und ich bei den Kunst- und Theatermenschen. Aber er begegnete 1966 Gisela Walravens bei einem Karnevalsball in der Mensa der Kölner Univertät. Da hat es gefunkt. Drei Jahre später heirateten sie, nachdem Bernd seine Promotion beendet hatte. Sie zogen nach Köln-Holweide, das mir als Kind vertraut war. Die Straßenbahnlinie dorthin fuhr auch zu meinem Elternhaus auf die „schäl Sick“.

Das Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln war Bernds erste Arbeitsstelle. Dann zog das Ehepaar Heier nach Hessen. Sie wurden leidenschaftliche Wiesbadener und sind es bis heute.

 Gisela und Bernd Heier bei der Geburtstagfeier zum 70.; Foto: Renate Feyerbacher

Bernd kann sehr dynamisch-eigenwillig sein. Er arbeitete in leitender Position beim Bund der Steuerzahler, gab aber auf, schrieb für die Wirtschaftswoche in Düsseldorf, wurde Wochenendpendler, kam ins Ministerium von Heiner Geissler nach Mainz, gab aber schon bald die „Schubladenarbeit“ auf. Zu langweilig für diesen aktiven Menschen.

Es folgte die Exklusiv-Anstellung: Bernd wurde Presseprecher für den Bereich Wirtschaft bei der Höchst AG. Da wäre er wahrscheinlich bis zur Rente geblieben, wenn dieser Weltkonzern nicht auf dubiose Weise abgewickelt worden wäre. Neue Firmen waren eingekauft, traditionelle Höchst-Firmen abgestoßen. (Information aus DER SPIEGEL 50/1997 Gespräch Hoechst-Chef Jürgen Dormann über den Umbau des Chemiekonzerns, die Kritik an seiner Strategie und das Ende der deutschen Gemütlichkeit mit Armin Mahler und Gabor Steingart)

Übrigens hat sich der Autor Ernst Bäumler in seinem Buch „Farben, Formen, Forscher“ – Höchst und die Geschichte der industriellen Chemie in Deutschland“ 1989  ausdrücklich auch bei Hans-Bernd Heier für Rat und Tat bedankt.

Ich habe nie vergessen, wie zuvorkommend Hans-Bernd Heier die damalige hr-Journalistin Renate Feyerbacher bei Höchst empfing, informierte und durchs Haus führte. Da sprang der persönliche Funke über.

Damals gab es nämlich im hr-Schulfunk eine Serie mit Berufsbildern. Es war der Ausbildungsberuf Chemokant/in, den ich porträtierte. Eine junge Frau war meine Gesprächspartnerin – bewusst im Sinne meiner feministischen Einstellung.

Woher kommt Bernds große Liebe zur Kunst? Da kommt seine Frau Gisela ins Spiel, mit der mich seit langen eine intensive Freundschaft verbindet.

1966, als sich die Beiden kennenlernten, arbeitete sie beim Kulturkreis der deutschen Wirtschaft im Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) damals noch in Köln und pflegte gute Kontakte zu Künstlerinnen und Künstlern. Drei Kinder kamen im Zeitraum von 1971 bis 1977 zur Welt. Aber Gisela Heier hielt die Kontakte zu den Künstlern und Künstlerinnen im privatem Bereich aufrecht. Nur Hausfrau war sie nie. Auch heute ist ihr gesellschaftliches Engagement unverändert.

Was schätzt Bernd am meisten an einer Frau? „Warmherzigkeit, Charme, Familiensinn“, heißt es im schon erwähnten Fragebogen. Und als Vater, wie brachte er sich da ein? So, wie es damals als Karrieremann üblich war? Davon habe ich keine Kenntnis. „Lesen, Spielen mit den Enkelkindern, Rätseln“, das nennt er heute als seine Lieblingsbeschäftigung. Seine Familie geht ihm über alles.

1994 gründete Gisela Heier auf der Rettbergsaue vor dem Schloss Biebrich mit einem Partner die „Inselgalerie“. Das kleine Boot schaukelte uns öfters hinüber. Hier stellte sie u.a. Hans Ticha aus.

Mit ihrer Galerie war sie auch Gast  im Wiesbadener Schloss Freudenberg. Außergewöhnlich wurde 2006 der Rahmen, in dem sie ausstellte: das ehemalige Freigängerhaus der JVA Wiesbaden. Das Projekt fand sogar Unterstützung beim damaligen Hessischen  Ministerpräsident Roland Koch.

Gisela Heiers Ausdauer, ihr Verhandlungsgespür und ihre Hartnäckigkeit hatten ihr 2004 einen großen persönlichen Erfolg beschert. Sie erreichte, dass die preisgekrönte Großplastik, die vor dem Abriss-bestimmten Hauptpostamt stand und ebenso der Spitzhacke zum Opfer fallen sollte, gerettet werden konnte. Sie stammte von Bernd Rosenheim, einem Bildhauer aus Offenbach, der im September 90 Jahre alt wird. Weder die Post noch die zuständigen Kulturleute der Stadt Wiesbaden wollten sich dafür engagieren. Gisela Heier schaffte es, indem sie in der DBV-Winterthur Versicherung sowohl einen Sponsor fand als auch einen neuen Stellplatz für „Phoenix“.

Bernd Rosenheim, Phoenix (1975) Edelstahl,  Dauerleihgabe der Bernd-Rosenheim-Stiftung. Neuerrichtet 2002 vor der DBV-Winterthur Wiesbaden (ehemals vor dem Hauptpostamt). Anfertigung Heinrich Hammerich KG, Offenbach am Main.

Der Übergang in die Rente fiel Bernd meines Erachtens schwer. Manchmal jammerte er über Giselas Aktivitäten und Reisefreudigkeit. Ich führte ihm vor Augen, dass sie beruflich etwas nachzuholen hat. Und heute? Seine großen Beiträge über Kunstausstellungen gehören zu den Herzstücken von FeuilletonFrankfurt.

Marcel Proust wollte in seinem Fragebogen außerdem wissen: Wer oder was hätten Sie sein mögen? „Ich! Und wenn das Geld gereicht hätte, noch Mäzen und Kunstförderer“ und malen würde Bernd gerne auch können sowie mehr Humor haben. Aber den hat er doch…

Mein Motto lautet: Et hätt noch immer jot jejange“ (Kölsches Grundgesetz Artikel 3) „Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren.“ (Bertolt Brecht)

So manches haben Bernd und ich gemein. Auch nennt er Beethoven seinen Lieblingskomponisten und vor allen Dingen teilen wir unsere Begeisterung fürs Divertissementchen, die Karnevalsoper des Kölner Männer-Gesangsverseins.

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