artspace RheinMain @ Ölhalle am Hafen Offenbach (4)
3. Ausstellung:
Atelierhäuser Offenbach und Frankfurt (Folge 2): Skulptur und Installation
Nach einem Ausflug jüngst in die unerfreuliche Politik kehren wir gern wieder zurück in den erfreulichen Bereich der schönen Künste.
Einen „Hamburger“ (und nicht einen Politiker) nennt Sebastian Stöhrer seine Skulptur, gefertigt aus Lindenholz, Zeitungspapier und Kunststoff. Die ultimative Kopfbedeckung könnte dennoch recht gut in den närrischen Wahlkampf passen, der uns demnächst vollends ins Haus steht. Es könnte sich aber auch um eine Karikatur der Schlaf- und Zipfelmütze des „Deutschen Michel“ handeln: sie korrespondierte dann trefflich mit den Ergebnissen aktueller Wahlumfragen à la „Lieb’ Vaterland, magst ruhig sein …“ (Original von Max Schneckenburger) inmitten kaum lösbar erscheinender europäischer und weltweiter Krisen, mit diesen Umfrageergebnissen also, die in der kritisch-intellektuellen Presse fassungslos bestaunt werden.
Aber nein, jetzt ist endgültig aus und Schluss mit elender Politik!
Sebastian Stöhrer, 1968 in Freiburg geboren, studierte an der Städelschule als Meisterschüler von Professor Thomas Bayrle. Er bestritt mit seinen Arbeiten zahlreiche Ausstellungen in Deutschland sowie in Glasgow. Stöhrer lebt und arbeitet in Frankfurt am Main.
Eine grösser dimensionierte skulpturale Installation – „untitled one . soft architecture series . work in progress“ hat das Architekten-Duo Boris Banozic & Frank Nickerl geschaffen. Zwei Stühle stehen unter einer weichen, flexibel vernähten Skulptur. Auf ihnen kann sich der Betrachter niederlassen und den Raum um ihn herum individuell gestalten. Er kann sich, zumindest was den Oberkörper angeht, gleichsam „unsichtbar“ machen, sich zurückziehen in eine einer Wohnhöhle ähnlichen Situation.
Frank Nickerl demonstriert „untitled one“
Boris Banozic wurde 1969 im kroatischen Vukovar geboren. Er studierte Architektur an der Fachhochschule München mit Diplomabschluss sowie an der Städelschule in der Architekturklasse bei Professor Enric Miralles. Er arbeitete als entwurfs- und projektleitender Architekt im Frankfurter Atelier Markgraph, seit 2001 ist er Freier Architekt und Designer und Lehrbeauftragter an der Hochschule Darmstadt.
Auch Frank Nickerl studierte Architektur mit Diplomabschluss, an der Fachhochschule Darmstadt, und anschliessend an der Städelschule bei den Professoren Enric Miralles und Peter Cook mit dem Abschluss eines weiteren Diploms. Wie Banozic arbeitete auch er im Atelier Markgraph und wurde anschliessend Freier Architekt. Seit 2010 ist Nickerl Professor an der Hochschule Ostwestfalen Lippe – Detmolder Schule für Architektur und Innenarchitektur. Der Künstler lebt in Weinheim.
Valentin Beinroth schliesslich ist als naturwissenschaftlicher Tüftler unter den Frankfurter Künstlern bekannt. Er überrascht in der Ölhalle mit einer Installation nach Art des Foucault’schen Pendels. Mit Hilfe einer solchen Einrichtung – einem möglichst langen Fadenpendel mit einer möglichst grossen Pendelmasse – wies Jean Bernard Léon Foucault 1851 die Rotation der Erdkugel auch für Laien optisch sichtbar nach. Dieser Nachweis ergibt sich daraus, dass das Pendel die Schwingungsebene im dreidimensionalen Raum beibehält, seine Aufhängung jedoch zwangsläufig mit der Erdkugel rotiert.
Nun müsste Beinroths Pendel, in Bewegung gesetzt und mit einem möglichst berührungsfreien Zeichnungsmechanismus versehen, ein Muster auf den Boden zeichnen, etwa nach diesem Modell:
Modellhafte Animation eines fiktiven Foucault’schen Pendels; Bildnachweis: Nbrouard/wikimedia commons GFDL
Sieben an der Wand installierte verschiedenfarbige Nachbildungen eines Mikroskops ergänzen die interessante Installation.
Sieben Mikroskope? Eine geheimnisvolle Zahl ist die 7. Sieben Sinne werden dem Menschen zugesprochen, sieben Öffnungen besitzt der Kopf; sieben Tage hat die Woche; sieben Weltwunder wurden in der Antike beschrieben. Sieben Arme hat die jüdische Menora, sieben Sakramente kennt die Katholische Kirche und sieben Mal umkreist der pilgernde Muslim die Kaaba.
Und nun sieben Mikroskope an der Wand – (k)ein Zufall?
“Atelierhäuser OF / FFM und ihre Künstler“, Ölhalle am Hafen Offenbach, bis 25. August 2013
(abgebildete Werke © jeweilige Künstler; Fotos: FeuilletonFrankfurt)
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