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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

„THE CULTURE. HIP-HOP und zeitgenössische Kunst im 21. Jahrhundert“ in der Frankfurter Schirn

Von der Subkultur zur einflussreichen kulturellen Bewegung

Von Hans-Bernd Heier

Anlässlich seines 50. Geburtstags widmet die Schirn Kunsthalle Frankfurt dem Hip-Hop und seinem tiefgreifenden Einfluss auf die aktuelle Kunst und Kultur unserer Gesellschaft eine große Ausstellung. Hip-Hop entstand in der Bronx im New York der 1970er-Jahre als Subkultur unter Schwarzen und lateinamerikanischen Jugendlichen. Zu seinen Ausdrucksformen gehörten MCing oder Rappen, DJ-ing, Graffiti-Writing und Breakdance.

„THE CULTURE“, Ausstellungsansicht in der Schirn Kunsthalle Frankfurt 2024, Foto: Emily Piwowar / NÓI Crew

Von Anfang an übte Hip-Hop Kritik an vorherrschenden Strukturen und kulturellen Erzählungen und bot neue Möglichkeiten, um diasporische Erfahrungen auszudrücken und Alternativen zu bestehenden Machtverhältnissen zu schaffen. Heute ist Hip-Hop ein weltweites Phänomen, das zahlreiche Innovationen in Musik, Mode, Technologie sowie bildender und darstellender Kunst vorangetrieben hat. Als eine der vitalsten Bewegungen des 20. Jahrhunderts ist Hip-Hop heute sowohl eine globale Industrie wie auch eine Lebensform.

„THE CULTURE“, Ausstellungsansicht; © Schirn Kunsthalle Frankfurt 2024, Foto: Emily Piwowar / NÓI Crew

„Hip-Hop ist eine gesellschaftlich prägende und einflussreiche kulturelle Bewegung, die in der Schirn erstmals in Deutschland in einem künstlerischen Ausstellungskontext zu sehen ist“, betont Schirn-Direktor Sebastian Baden. “Wir zeigen zusammen mit internationalen Partner*innen den großen Einfluss, den Hip-Hop auf die zeitgenössische Kunst und die Pop-Kultur der letzten 20 Jahre hatte. Mit einem umfassenden Rahmenprogramm greift die Schirn zudem Aspekte der lokalen Hip-Hop-Szene auf – ihre Verbindungen, aber auch die Unterschiede zur US-Geschichte sowie zeitgenössische Debatten über Empowerment und Identität.“

Andréa Purnell vom Saint Louis Art Museum stimmte auf der Pressekonferenz mit dem Wechsel-Dialog „I say hip, you say hop“ die Journalistinnen und Journalisten schwungvoll auf die ungewöhnliche Schau ein; Foto: Petra Kammann

Der Ausdruck „The Culture“ stammt aus der Schwarzen Diaspora-Kultur, die sich weitgehend gegen die Dominanz der weißen Mehrheitsgesellschaft definiert hat. Hip-Hop hat „The Culture“ tief geprägt. Dem amerikanischen Kuratoren-Team der vielseitigen Ausstellung zufolge ist „der Einfluss des Hip-Hop auf die Kultur so maßgeblich, dass er zu einem neuen Kanon geworden ist“. Dieser konkurriere mit der westlichen kunsthistorischen Tradition, an der sich viele Museen orientierten und ihre Ausstellungen entwickelten. Hip-Hop zeige alternative Ideale hinsichtlich künstlerischer Qualität und Exzellenz, die sich auf Afro-lateinamerikanische Identitäten und Geschichten konzentrierten.

Rammellzee und K-Rob, mit Jean-Michel Basquiat, Beat Bop / Test Pressing, 1983, Nachdruck 2001, Vinylplatte, The Museum of Modern Art, New York. Commitee on Prints and Illustrated Books Fund, 2013; © Rammellzee Estate. Digitales Bild © The Museum of Modern Art/Lizenziert von SCALA / Art Resource, NY

Die Ausstellung ‚THE CULTURE‘ verdeutlicht, dass viele der überzeugendsten bildenden Künstlerinnen und Künstler der Gegenwart sich in ihrer Praxis direkt mit diesem Kanon auseinandersetzen. Die visuelle Kultur des Hip-Hop mit ihren subversiven Taktiken und ihrem Einsatz für soziale Gerechtigkeit taucht überall in der heutigen Kunst auf: in Malerei, Performance, Mode, Architektur ebenso wie auch in der Technologie.

Hassan Hajjaj, Cardi B Unity. 2017/1438 (Gregorian/Hijri), aus der Serie My Rockstars, Lambda-Metallic-Druck auf Aluminiumblech, Holz und grünen Teedosen aus Plastik, Courtesy Yossi Milo Gallery, New York

Anhand von sechs Themen erkunden die in der Schirn ausgestellten Werke den Ort, an dem Kultur und „The Culture“ aufeinandertreffen: Pose, Marke, Schmuck, Tribut, Aufstieg und Sprache. Die Arbeiten im Bereich Pose zelebrieren, wie Hip-Hop sich durch den Körper und seine Bewegungen ausdrückt. Marke beleuchtet die aus dem Hip-Hop hervorgegangenen Ikonen und die Verheißungen des Erfolgs. Schmuck fordert weiße Vorstellungen von Geschmack heraus und stellt ihnen alternative Schönheitsbilder entgegen, während Tribut auf den visuellen Kanon im Hip-Hop und seine Entwicklung hindeutet. Aufstieg erforscht Sterblichkeit, Spiritualität und das Transzendente. Sprache, ob in Worten, Musik oder Graffiti, geht den subversiven Strategien des Hip-Hop nach.

Hank Willis Thomas „Black Power“, 2006, Chromogener Druck, Barret Barrera Projects, © Hank Willis Thomas

Die Ausstellung „THE CULTURE“ in der Schirn wird im Kunstverein Familie Montez mit der Videoinstallation ISDN von Stan Douglas fortgesetzt und erweitert durch eine Ausstellung der Milestones des Hip-Hop im MOMEM, durch eine Aktion des Diamant Offenbach: Museum of Urban Culture und mit einer Filmreihe zur 50-jährigen Geschichte des Hip-Hop im DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum.

Die außergewöhnliche Schau „THE CULTURE. HIP-HOP und zeitgenössische Kunst im 21. Jahrhundert“, die durch den Kulturfonds Frankfurt RheinMain mit zusätzlicher Unterstützung von Deutsche Börse Group gefördert wird, ist noch bis zum 26. Mai 2024 zu erleben.

Weitere Informationen unter:

www.schirn.de

 

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