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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Letzte Gelegenheit: Morgen endet die Ausstellung „Abe Frajndlich. Chameleon“ im FotografieForumFrankfurt

Was bedeutet Heimat, was Sprache? oder: „Light is Live“

Die Kindheit und frühe Jugend des bedeutenden Fotografen Abe Frajndlich war von Migration geprägt, von „Five parents, five countries, and six languages“. Als Kind überlebender Eltern aus dem jüdischen Schtetl von Lodz wurde er 1946 als staatenloses Kind in einem DP-Camp in Zeilsheim, einem Displaced-Persons-Lager in der Nähe von Frankfurt, geboren, wuchs zunächst in Deutschland auf, lebte nach dem Tod der ursprünglichen Eltern in Frankreich, Israel, Brasilien und in den USA. Ab den 1980er Jahren war er für große internationale Medien wie die New York Times oder auch das FAZ-Magazin tätig. In seinen Bildern beschäftigt er sich immer wieder mit Kreativität, Hoffnung und Identität in einer freien Welt.

Abe Frajndlich im Fotografieforum am 12. September 2023, Foto: Petra Kammann

Stark beeinflusst ist die Arbeit des Fotografen durch sein eigenes biografisches Erleben: Sein Weg – und der seiner wechselnden Familien, die ihn adaptiert hatten, führte ihn von Deutschland nach Israel, zurück nach Deutschland, und dann über Frankreich und Brasilien schließlich in die USA, wo er Fotograf wurde, und auch heute noch lebt. Neben Deutsch, Jiddisch, Französisch, Portugiesisch und amerikanisch wurde die Fotografie zu seiner universellen Sprache.

Der geborene Storyteller berichtete am vergangenen Sonntag im FFF von seinem ereignisreichen Lebensweg in einem spannenden Gespräch mit dem in Santa Monica (USA) geborenen, heute in Paris lebenden österreichisch-US-amerikanischen, deutschsprachigen Autor und Filmemacher Peter Stefan Jungk, dem das Schicksal der Emigranten nicht minder vertraut ist.

v.l.n.r.: Celia Lunsford, Abe Frajndlich, Peter Stefan Jungk und Sabine Königs, Foto: Petra Kammann

Farbig und humorvoll erzählte Frajndlich in dem Gespräch, wie es dazu kam, dass er Kreative aus Musik, Kunst und Showbiz porträtierte. Etliche dieser Größen der Fotografiegeschichte, diese „Masters of Light“, sind noch bis morgen im Fotografieforum zu sehen, wie auch seine teils surreale Alltagsszenen in Metropolen wie New York.

Jack Lemmon, Hollywood Studio, Los Angeles, California, 1996 © Abe Frajndlich, 2023 

In der sensationellen Ausstellung  Chameleon hat das FFF die schillernde Vielfalt des US-amerikanischen Fotografen Abe Frajndlich aus den verschiedensten  Schaffensjahren des Fotografen zusammengetragen.

Dabei hat der freiheitsliebende uns stets neugierige Abe Frajndlich mit den „hungry eyes“ nach einem Studium der Literatur (James Joyce war sein „favourite“) mit der Fotografie erst 1970 begonnen. Von Aperture-Gründer Minor White lernte er unendlich viel über Fotografie und das Sehen.

Portrait seines „Meisters“ Minor White, Arlington Heights, Massachusetts, aus der Serie: Lives I’ve Never Lived, 1976 © Abe Frajndlich, 2023 

Zu entdecken sind im FFF u.a. Frajndlichs experimentelle Arbeiten, seine Straßenfotografie mit teils komischen Szenen in verschiedenen Ländern sowie seine Porträts großer Künstlerinnen und Künstler, wie zum Beispiel die von Cindy Sherman, Leonard Cohen, Louise Bourgeois, Nancy Spero, Yoko Ono und Jack Lemmon, auch inszenierte Bilder von Gordon Parks und Louise Dahl-Wolfe sowie Nudes-Fotos aus seinem emotionalen Buch Eros Eterna. Er interessierte sich eben stets for all Sorts of mankind and womenkind, wie er scherzhaft im Gespräch sagte.     pk

„Abe Frajndlich.Chameleon“  

Fotografie Forum Frankfurt
Braubachstraße 30-32
60311 Frankfurt am Main
www.fffrankfurt.org

noch bis 17. September 2023

Abe Frajndlich bei der Vernissage, Foto: Klaus Radke

Abe Frajndlich hat außerdem zahlreiche Bücher veröffentlicht, u.a. Lives I‘ve Never Lived: A Portrait of Minor White (1983, Arc Press, Cleveland), Eros Eterna (1999, Verlag Umschau Braus, Heidelberg), Portraits (2000, Prestel Verlag München), Penelope’s Hungry Eyes (2011, Schirmer /Mosel, München). Seine Arbeiten waren in Ausstellungen renommierter Häuser zu sehen, darunter Nicephore Niepce Museum of Photography, Chalon-sur-Saone, Frankreich; Museum Ludwig, Köln, Jüdisches Museum, Frankfurt, National Portrait Gallery, Washington D.C., USA. Das Fotografie Forum Frankfurt hat bereits 1997 eine Ausstellung mit Fotografien von Abe Frajndlich gezeigt. Er lebt heute in Cleveland, Ohio, USA. Frajndlichs jüngstes Buch „75 at 75“, in dem er selbst anlässlich seines 75. Geburtstags eine Auswahl von 75 seiner Fotografien (aus allen Schaffensphasen) zeigt, erschien 2022 und ist im Buchhandel und im FFF erhältlich. (Preis: 34,90€).

Die von FFF-Chefin Celina Lunsford und Esra Klein (ebenfalls FFF) kuratierte Retrospektive spiegelt Stationen aus Frajndlichs zeitgeschichtlich bewegter Biografie und ist daher ein Beitrag des FFF zum 175. Paulskirchenjubiläum.

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