home

FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

„Faszination Wissenschaft“ im Kunsthaus Wiesbaden – Herlinde Koelbls Porträts von Spitzenforscher*innen

Fesselnder Blick in die abstrakte Welt der naturwissenschaftlichen Forschung

Von Hans-Bernd Heier

Die Münchner Fotografin Herlinde Koelbl hat in ihrem neuesten fotografischen Langzeitprojekt 60 der weltweit besten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf ganz besondere Weise porträtiert.

Emmanuelle Charpentier, Chemie-Nobelpreisträgerin, 2020; © Herlinde Koelbl

Auf deren Handinnenflächen ist eine philosophische Essenz, eine Formel oder eine Antwort auf die Frage zu lesen, welche die Forschenden in ihrer Arbeit motiviert. Das Ziel der renommierten Fotokünstlerin ist es, die Faszination von Naturwissenschaften einem breiten Publikum zu vermitteln. Dafür besuchte die rührige Starfotografin weltweit die akademischen Hotspots der naturwissenschaftlichen Forschung und führte Gespräche mit internationalen Topwissenschaftler*innen und zahlreichen Nobelpreisträger*innen. Die höchst beeindruckende Schau „Herlinde Koelbl – Faszination Wissenschaft“ ist noch bis Ende Oktober 2021 im Kunsthaus Wiesbaden zu sehen.

Für Albert Einstein ist „das Schönste, was wir erleben, das Geheimnisvolle. Es ist das Grundgefühl, das an der Wiege von wahrer Kunst und Wissenschaft steht“. Auch Herlinde Koelbl (Jahrgang 1939) sieht eine „Verbindung zwischen Kunst und Wissenschaft. Beide erfordern Kreativität, Besessenheit, Durchhaltevermögen, Leidenschaft und immer den Drang, etwas Neues auszuprobieren“. In ihrem aktuellen Projekt, an dem sie vier Jahre gearbeitet hat, stellt die Fotografin das Spielerische, das Staunen, das jede*n Forscher*in antreibt, in den Fokus ihrer Fotoarbeiten. Das zeigt sich besonders darin, dass die einfühlsame Fotografin die Porträtierten überzeugen konnte, auf der linken oder rechten Handinnenfläche die Quintessenz ihrer Forschung in eine Formel, eine Philosophie oder ein Zitat zu notieren, um so die Faszination von Wissenschaft sichtbar zu machen. Dadurch führen die ausdrucksstarken Schwarz-Weiß-Porträts die physische Präsenz und die wissenschaftliche Antriebsfeder der einzelnen Forscher*innen zusammen.

„Dabei inszeniert Herlinde Koelbl nicht, wenn sie porträtiert. Sie gibt den Menschen nicht vor, was sie machen sollen. Entscheidend sei es, sich völlig auf den anderen einzulassen und das eigene Ego zurückzunehmen. So schafft sie Vertrauen und Nähe, das in den Bildern spürbar ist“, betont Monique Behr, Leiterin der Wiesbadener Kunsthalle. Sie sucht den Menschen hinter der Forschung, das was ihn – unabhängig von Herkunft oder Nationalität – antreibt, nach dem ersten Schritt immer weiter zu gehen.

Herlinde Koelbl zählt zu den renommiertesten deutschen Fotokünstlerinnen; Foto: Hans-Bernd Heier

Zur Vorbereitung dieses äußerst anspruchsvollen Langzeitprojekts hat sich die Fotokünstlerin intensiv mit den unterschiedlichen Forschungsgebieten der Porträtierten auseinandergesetzt, um bei den Interviews eine kompetente Gesprächspartnerin zu sein. Die Molekularbiologin und Direktorin am Max-Planck-Institut für Immunbiologie und Epigenetik, Dr. Asifa Akthar, zeigte sich bei der Ausstellungseröffnung „sehr beeindruckt, wie tief Frau Kölbl in die Welt der Wissenschaft eingetaucht ist“, um auf ihre Gesprächspartner eingehen zu können. Dies ist in den Interviews des im Knesebeck Verlag erschienenen Begleitbuchs „Faszination Wissenschaft – 60 Begegnungen mit wegweisenden Forschern unserer Zeit“, (Klappbroschur, Preis: 35,00 €) nachzulesen. Die Beiträge bieten einen hochaktuellen Überblick über die Schritte und Fortschritte, die derzeit auf dem weiten Feld der Naturwissenschaft gemacht werden und widerlegen das Vorurteil, dass viele Forschende weltfremd, abgehoben oder sozial isoliert seien.

Auch QR-Codes in der hervorragend arrangierten Schau im Kunsthaus informieren nicht nur über die Forschungsfelder der Wissenschaftler*innen, sondern auch über deren persönliche Erfahrungen, Erfolge und Rückschläge auf dem Weg nach ganz oben. Zudem verraten sie, wie diese ihr Privatleben gestalten und was sie jungen Menschen raten.

© Verlag Knesebeck

Die in München lebende Fotografin finanziert ihre großen fotografischen Langzeitprojekte, deren bekannteste die Studie „Spuren der Macht“ ist, generell selbst. Das vierjährige Wissenschaftsprojekt „Faszination Wissenschaft“, das Koelbl um die ganze Welt führte, wurde durch den Förderfonds Wissenschaft in Berlin in Kooperation mit der Springer Stiftung gefördert. Als nächstes Buch kündigte sie ein Buch über Bundeskanzlerin Angela Merkel an, die sie 30 Jahre fotografisch begleitet hat.

Die Ausstellung „Faszination Wissenschaft – Fotos von Herlinde Koelbl“ ist noch bis zum 31. Oktober 2021 im Kunsthaus Wiesbaden zu sehen.

Öffnungszeiten:

dienstags, mittwochs, freitags, samstags und sonntags von 11 bis 17 Uhr sowie donnerstags von 11 bis 19 Uhr, bei freiem Eintritt.

Es gelten die aktuellen Hygiene- und Abstandsregelungen des Landes Hessen. Die Schau wird von einem umfangreichen Rahmenprogramm mit Diskussionen und Filmen ergänzt;

Weitere Informationen unter:

www.wiesbaden.de/kunsthaus

 

Comments are closed.