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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Faszinierender Planetenweg von Kriftel bis Okriftel

Farbzauber im „Rosarium“ – ein Fest fürs Auge

Von Hans-Bernd Heier

Corona hat uns mit den schnell ansteckenden Virus-Mutanten weiter im Griff. Der Lockdown ist vorerst bis zum 7. März verlängert worden. Auslandsreisen werden durch verschärfte Grenzkontrollen zunehmend erschwert. Die Bundesregierung rät sogar generell, auf nicht unbedingt notwendige Reisen zu verzichten. Doch warum in die Ferne schweifen, liegt das Gute oft so nah? Auch im näheren Umkreis lässt sich viel Neues, Sehenswertes und Überraschendes entdecken, so beispielsweise der großartige „Planetenweg“ ab Kriftel sowie das farbenprächtige Rosarium in Hattersheim – und beides kostenfrei.

Um sie kreist in unserem Planetensystem alles: die Sonne

An elf Stationen werden die Planeten unseres Sonnensystems auf dem knapp sechs Kilometer langen Pfad entlang des Schwarzbachs vorgestellt. Ausgangspunkt für den „Planetenweg“ ist der große Freizeitpark in Kriftel. Er beginnt mit der Sonne, unserem Zentralgestirn, das rund 4 bis 5 Milliarden Jahre alt ist. Im Vergleich zu den Planeten ist die Sonne – unsere zentrale Energiequelle, die Leben auf der Erde überhaupt erst möglich macht, – riesig, dennoch gehört sie zu den kleineren Sternen des Universums. Aber um sie dreht sich in unserem Planetensystem alles.

Informativer Führer durch den „Planetenweg“

Als sonnennächster Planet umkreist Merkur das Zentralgestirn. Das wissen alle Schüler*innen, die den Merkspruch kennen: „Mein Vater erklärt mir jeden Sonntag unsere neun Planeten – Merkur – Venus – Erde – Mars – Jupiter – Saturn – Uranus – Neptun und Pluto. Mittlerweile ist allerdings Plutos Position als Planet umstritten und die Eselsbrücke heißt heute: „Mein Vater erklärt mir jeden Samstag unseren Nachthimmel.“

Der Planetenweg am Schwarzbach stellt unser Sonnensystem im Maßstab 1 zu 1.000.000.000 dar; das heißt: ein Zentimeter des Modells entspricht 10.000 Kilometer Entfernung in der Realität. Dabei sind sowohl die Abstände der Himmelskörper als auch ihre Größe maßstabsgerecht dargestellt. Die fast sechs Milliarden Kilometer lange Distanz von der Sonne bis zur Pluto-Bahn entspricht im Modell einer Wegstrecke von knapp sechs Kilometer.

Zwei tonnenschwere Findlinge aus dem Felsenmeer des Odenwalds säumen den idyllischen Weg am Schwarzbach

Dieses ausgetüftelte Projekt haben Schüler*innen der Arbeitsgemeinschaft Astronomie der Weingartenschule, einer Gesamtschule in Kriftel, im Schuljahr 1997/98 erdacht, geplant und entworfen. Um die Entwürfe auch konkret umsetzen zu können, haben die cleveren Pennäler sich auch um das notwendige Geld gekümmert und die gesamte Finanzierung durch Sponsoren sowie der Gemeinde Kriftel und der Stadt Hattersheim gesichert.

Elf Info-Tafeln enthüllen die wichtigsten Fakten der Planeten – wie z. B. über Uranus

Gut gestaltete Info-Tafeln bieten kompakte und verständliche Erklärungen zu den geologischen, physikalischen, chemischen, atmosphärischen sowie astronomischen Besonderheiten der einzelnen Planeten. Auch informieren sie über den Zeitpunkt der Entdeckung der weiter entfernten Planeten und über die Namensherkunft. Alle Planeten sind nach römischen bzw. griechischen Göttern und Göttinnen benannt. Ihre „Zuständigkeiten“, Verwandtschaftsverhältnisse, Liebesgeschichten und andere Katastrophen werden kurz erläutert.

Von der Sonnenstation führt der großartige Parcours zum Merkur, dem Schnellläufer unter den Planeten, weiter zur Venus, benannt nach der römischen Göttin der Liebe und Schönheit. Umgeben ist der heißeste Planet allerdings von einer wahrlich höllischen Atmosphäre. Nach dem blauen Planeten Erde, der zu den kleinen Begleitern der Sonne gehört, folgt der Mars. Diese Station dürfte nach der geglückten Mars-Landung am 18 Febr. 2021 auf besondere Aufmerksamkeit stoßen. Als der US-Rover „Perseverance“ nach einer fast 500 Millionen Kilometer langen Reise und nach gut einem halben Jahr erfolgreich auf dem Mars aufgesetzt hatte, brach begeisterter Jubel im Kontrollzentrum der US-Raumfahrtbehörde NASA im kalifornischen Pasadena aus. Am 30. Juli 2020 war die „Mission Mars 2020“ mit einer Atlas V-Rakete von Cape Canaveral in Florida gestartet.

In Hattersheim beschützt seit Mitte des 18. Jahrhunderts der heilige Nepomuk, der Schutzpatron der Flößer, Müller und Schiffer, die Brücke über den Schwarzbach

Der „Rote Planet“ hat seit jeher das besondere Interesse der Menschen geweckt, weil er der Erde am ähnlichsten ist. Der Mars ist der am besten erforschte Planet, zu dem viele Raumsonden entsandt wurden. Schon über 20 sowjetische und US-amerikanische Raumsonden erkundeten ihn. Die ersten TV-Livebilder gelangten 1997 im Rahmen der „Pathfinder-Mission“ zur Erde.

„Raumbild mit Pyramide“ von Hubert Zimmermann

Ob es einfache Lebensformen auf dem Mars gibt oder gab, gilt zwar als unwahrscheinlich, kann aber bis heute noch nicht abschließend beantwortet werden. Bisher sind noch keinerlei Lebensspuren entdeckt worden. Der Mars dürfte aber in absehbarer Zeit der erste – und wohl auch einzige – Planet sein, der von Menschen betreten wird. Die atmosphärischen Verhältnisse auf den anderen Planeten sind nämlich total lebensfeindlich.

Blick auf die Farbtafeln

Der Mars wurde wegen seiner (blut-)roten Farbe nach dem römischen Gott des Krieges (griechisch: Ares) benannt. Seine beiden winzigen Monde heißen Phobos (Angst) und Deimos (Schrecken). Der Himmelskörper hat nur eine sehr dünne Atmosphäre überwiegend aus Kohlendioxid und eine sandige und steinige Oberfläche, die durch Eisenoxid ihre rötliche Farbe erhalten hat. Er besitzt Eiskappen, gleicht in der Achsneigung unserer Erde und hat folglich auch Jahreszeiten.

Weiter geht es vorbei an Jupiter, dem größten Planeten des Sonnensystems, einem „Gasriesen“, dann zu Saturn, dem „Herrn der Ringe“, und zu Uranus, der wie alle Gasplaneten von einem Ringsystem umgeben ist, das aber von der Erde nicht direkt sichtbar ist, sondern erst von Raumsonden fotografiert werden konnte.

An der Uranus-Station lädt die mehrteilige Skulptur „Raumbild mit Pyramide“ von Hubert Zimmermann zum Betrachter und Mitmachen ein. Das Kunstwerk veranschaulicht auf spielerische Weise die Gesetzmäßigkeiten der Perspektive und die räumliche Wirkung verschiedener Farben: Gelb scheint näher, Blau weiter entfernt zu sein – ein verblüffendes Ergebnis, das zur Überprüfung reizt.

Sitzbänke am Wehr des Schwarzbachs laden zur Rast ein

In Höhe des Wehrs am Schwarzbach lohnt in den Frühlings- und Sommermonaten ein Abstecher zum „Rosarium“. Dieser Garten für die „Königin der Blumen“ in Hattersheim war eine der ersten Attraktionen, die die Regionalpark RheinMain Gesellschaft in der Öffentlichkeit bekannt gemacht hat. 1997 eröffnet, erfreuten sich schon bald viele tausend Besucher an den rund 6.500 Rosenpflanzen mit über 100 Sorten, darunter auch Wasserrosen. Mit der Standortwahl wollte die Regionalpark Gesellschaft an die Tradition des Rosenanbaus in dieser Gegnd erinnern. Bis in die 1970er Jahre versorgten Hattersheimer Rosengärtnereien das Rhein-Main-Gebiet mit Schnittrosen. Diese mehr als 100 Jahre alte Tradition hat Hattersheim den Beinamen „Stadt der Rosen“ eingebracht – auch wenn heute nur noch kleinere Rosenfelder in Okriftel zu finden sind.

Die „Königin der Blumen“ in üppiger Blüte; Foto: Toni Bormann

Im Mittelpunkt des Blumenparadieses steht die 6,50 m hohe Rosenpyramide, die über und über von den Kletterrosen „Flammentanz“ und „Lykkefund“ umrankt ist. Hier finden Rosenliebhaber reichlich Anregungen für den eigenen Garten.

Das Rosarium ist über die Jahre auch zu einem beliebten Veranstaltungsort für zahlreiche kulturelle Ereignisse geworden: Konzerte, Autorenlesungen, Feste, Rosenführungen und Gottesdienste finden dort statt.

Magnolienbäume am Rande des Rosariums ergänzen die Farbpracht; Foto: Toni Bormann

Zurück zum Planetenweg folgt jetzt noch Neptun, der ähnliche Eigenschaften wie Uranus hat, Einzelheiten sind aber heute noch nicht gesichert. Auf Fotografien der Raumsonde „Voyager 2“ erscheint der große Gasplanet als blaue Kugel.

Der höchst kurzweilige und informative Planetenweg endet mit der Pluto-Station in Okriftel, wo der Schwarzbach in den Main mündet. Der erst 1930 entdeckte Planet ist der sonnenfernste und kleinste. Heute wird der nach dem römischen Gott der Unterwelt benannte Himmelskörper aber nur noch als Zwergplanet bezeichnet, weil er so klein ist, dass er es nicht geschafft hat, alle anderen Brocken, die noch auf seiner Umlaufbahn mit ihm um die Sonne kreisen, einzufangen oder aus der Bahn zu schubsen. Allerdings setzen sich derzeit einige namhafte Sternenkundler dafür ein, Pluto wieder den vollen Planetenstatus zurückzugeben.

Bereits während der Planungsphase haben die Schüler eine Broschüre mit Texten zur Geschichte der Astronomie, zum Sonnensystem und den Planeten verfasst. Die bebilderte Broschüre (50 Seiten) ist im örtlichen Buchhandel, an der Kasse des Parkbades sowie im Bürgerhaus in Kriftel und dem „Stadtpunkt“ im Bahnhof in Hattersheim für 2,50 € erhältlich. Mit dem Erlös soll der Schwarzbach Planetenweg instandgehalten werden.

Fotos, soweit nicht anders ausgewiesen: Gisela und Hans-Bernd Heier

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