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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Das neue Stoltze-Museum in der Frankfurter Altstadt

Friedrich Stoltze: Dichter, Schriftsteller, Satiriker, Verleger und Demokrat

Text und Fotos: Renate Feyerbacher

Robert Restani, Vorstandvorsitzende der Frankfurter Sparkasse, Museumsleiterin Petra Breitkreuz und OB Peter Feldmann 

Friedrich Stoltze ist für Oberbürgermeister Peter Feldmann ein Held, der sich in schwierigen Zeiten „gegen Widerstände und Zensur für radikale Demokratie“ einsetzte. Robert Restani, der Vorstandvorsitzende der Frankfurter Sparkasse, die das Museum trägt und einen großen finanziellen Beitrag zum Bau und Umzug beisteuerte, zeigte sich bei der Eröffnung vor wenigen Tagen erfreut, dass nun zentral, mitten in der neuen Altstadt, über Stoltze, diese Frankfurter Persönlichkeit, informiert werden kann.

Petra Breitkreuz, liebevoll Miss Stoltze genannt – sie wurde mit dem Stoltze-Preis ausgezeichnet –, ebenso eine echte Frankfurterin, ist seit eh und je auch die Leiterin des Museums. Die studierte Historikerin hat sich nämlich intensiv mit Stoltzes Leben und Werk auseinandergesetzt, darüber geschrieben beziehungsweise viele seiner Briefe entschlüsselt. Dabei liegt viel Arbeit hinter ihr…

Friedrich Stoltze (1816-1891), der als siebtes Kind des Gastwirt-Ehepaares Stoltze in der Frankfurter Altstadt geboren wurde und dort aufwuchs, war ein mutiger Mann. Er setzte sich für Bürger- und Freiheitsrechte ein, kämpfte mit der Feder für politische Mitbestimmung und für bessere Lebensbedingungen der Menschen. Er war ein Verteidiger der Pressefreiheit und daher eine Persönlichkeit, die auch heute vorbildhaft wirkt.

Stoltzes Geburtsthaus, das Gasthaus Zum Rebstock 4, ehemals unweit des neuen Museums, war ab 1830 der Treffpunkt von Demokraten und wurde oft von der Polizei heimgesucht.  „Des Gasthaus zum Rewestock war nämlich ää von de Hauptkneipe der damalige Frankfurter Demagoge.“ Der Vater nahm den 16jährigen Friedrich 1832 mit zum Hambacher Fest, einem Treffen bürgerlicher Oppositioneller, zu dem auch Ludwig Börne kam. Eine wichtige Demonstration in der Zeit des sogenannten Vormärz, dem Vorläufer der Märzrevolution von 1848. Die Freie Reichsstadt Frankfurt spielte dabei eine wichtige Rolle.

In der Paulskirche trat am 18. Mai 1848 die verfassungsgebende Nationalversammlung zusammen. Der Versuch, einen einheitlichen Deutschen Nationalstaat zu gründen, scheiterte aber bereits ein Jahr später und wurde von preußisch-österreichischen Truppen niedergeschlagen. Stoltze, der sich immer einmischte, war sehr enttäuscht. Er erlebte dieses Ereignis der geeinigten, demokratisch-gefeierten Nation nicht mehr.

Stoltze hatte eine Kaufmannslehre begonnen, die er zwei Jahre lang in Paris und Lyon vertiefte. Nach seiner Rückkehr 1841 wurde er Hauslehrer und zu Friedrich Fröbel geschickt, um dessen pädagogisches Konzept in Frankfurt einzuführen. Es folgte ein Studium in Jena. Nach Frankfurt zurückgekehrt, war er Vorleser, Gelegenheitsdichter, Theaterlibrettist und lernte das katholische Mädchen Marie kennen. Sie liebten sich ohne Trauschein, den sie aber später mit evangelischem Segen doch noch erlangten. Elf Kinder gingen aus dieser Verbindung hervor. Adolph, der uneheliche Erstgeborene aus einer anderen Liaison, wurde damals ein bekannter Theaterautor.

Stoltze, der leidenschaftliche Frankfurter, schrieb sowohl auf Hochdeutsch als auch auf Frankfodderisch Gedichte. Oft zitiert das Gedicht, das er 1880 aus Anlass des Turnfestes in der Stadt schrieb:

„Es is kaa Stadt uff der weite Welt,

die so merr wie mei Frankfort gefällt,

un es will merr net in mein Kopp enei:

wie kann nor e Mensch net von Frankfort sei!“

Blick ins das neue Stoltze-Museum

In der 1860 gegründeten satirischen Wochenzeitschrift „Frankfurter Latern“, Stoltzes Hauptwerk, hat er das politische Geschehen unter die Lupe genommen und kritisiert. Auch hochrangige Persönlichkeiten bekamen dabei ihr Fett ab. Ernst Schalck  zeichnete die politisch-scharfen Karikaturen. 1866 floh Stoltze wegen seiner Bismarck- und Preußenfeindlichen Texte in die Schweiz. Gegen Ende 1866 war er wieder zurück in seiner Heimatstadt. Das Magazin erschien nur gelegentlich, natürlich zensiert. Erst nach fünf Jahren durfte die „Frankfurter Latern“ wieder regelmäßig erscheinen.

Bewegungen um die Paulskirche

Schauspieler Michael Quast belebte in seiner unnachahmlichen Art die Eröffnung mit Texten und Gedichten von Friedrich Stoltze unter anderem mit dem 1866 geschriebenen „Ende der Reichsstadt“. Denn Frankfurt war von da ab von Preußen dauerhaft okkupiert. Der damalige Bürgermeister beging Suizid.

Stoltzes Text in der „Frankfurter Latern 18“ von 1874 zeugt von seherischer Qualität: „Die Germania als Symbol Deutschlands steht auf tönernen Füßen, weil ihr das sichere Standbein von Recht und Freiheit fehlt.“

Nullnummer und Probenummer der „Frankfurter Latern“

Das schmale Haus zum Weißen Bock am Markt 7, in dem nun das Stoltze-Museum residiert, ist mit dem prächtigen Haus zur Goldenen Waage Markt 5 verbunden. Die Häuser liegen am ehemaligen Krönungsweg der deutsch-römischen Könige und Kaiser. Ein Teil der Dauerausstellung und Wechselausstellungen sind hier in der Goldenen Waage, das der bei der Eröffnung anwesende Architekt Jochem Jourdan gebaut hatuntergebracht. Geschickt haben die Architektinnen Sandra Düsterhus und Ute Günzel aus Darmstadt das Haus Markt 7 gestaltet. Stoltzes Porträt empfängt den Besucher gleich am Eingang und im eliptisch angelegten Treppenhaus (Planung Architekten Büro Riemann) sind auch Teile der Dauerausstellung zu sehen. Die Wände des Hauses sind in dunklen und hellen Gelbtönen gehalten und LED-Lichtbänder, die das Haus von unten bis oben durchziehen, vermitteln abends den Eindruck einer durch eine Kerze erleuchteten Laterne. Die wunderschönen original-nachgestalteten Türen im Innern verlangen besondere Aufmerksamkeit.

Natürlich gibt es auch ein bisschen Nippes, daneben aber vor allem zahlreiche Dokumente, Fotos, Gemälde, einen Medientisch, eine Hörstation und es kann ein alter Frankfurt-Film von 1939 angeschaut werden.

Täglich ist das Stoltze-Museum der Frankfurter Sparkasse von 10 bis 18 Uhr bei freiem Eintritt geöffnet. Für Führungen und für den Besuch des prächtig-ausgemalten Belvederschen, ein Lieblingsstück von Jochem Jourdan, einem der Architekten-Väter der ‚neuen‘ Altstadt, muss man sich angemelden unter: petra.breitkreuz@frankfurter-sparkasse,de oder per Telefon unter: 069-26 41 40 06, Link-Iconwww.frankfurter-sparkasse.de/stoltze

 

 

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