Angela Richarda Härets Poetisierung des Genius loci
von Brigitta Amalia Gonser
Angela-Richarda Häret poetisiert in ihren malerischen Abstraktionen den genius loci, die Spiritualität, das eigene Ambiente öffentlicher urbaner Räume und Landschaftsgärten. Dabei legt sie sich keineswegs auf eine Stilrichtung fest, weil sie ihrer Kreativität freien Lauf lassen möchte. So entstehen formal unterschiedliche Zyklen wie „Central Park“, „Poems to the Landscape“ oder „Ode to the Colour“ vorerst als Serien authentischer skizzenhafter Miniaturen in Farbe, die dann in großflächige Bildformate umgesetzt werden. Doch sie entwickelt kein einheitliches Formenrepertoire, sondern eine große zyklische formale Diversität. Ihre Zyklen sind jeweils in sich geschlossene Universen. Ihr Kunstwollen ist kunsttheoretisch konzeptuell: sie spricht von ihrem „urban spirit“, während ihre realisierte formale Umsetzung empirisch intuitiv erfolgt.
Als Malerin ist die Künstlerin erfahren im Umgang mit der Materie und setzt in ihren kreativen Gestaltungen Experimentierfreude und Talent ein. Sie konzentriert sich ganz auf die Kraft der Farbe, die sie verwendet und welche die sinnliche Wahrnehmung anstößt. Ein wesentlicher Teil ihrer Arbeit ist die sorgfältige Vermischung ihrer eigenen Pigmente in Acryl- Vinyl- und Ölfarben.
o.T., Nr. 9, Ode to the Colour, 2014, Mischtechnik auf Papier, 14,5 x 10 cm
Diese intensive Beziehung zu den Materialien erlaubt es ihr, in ihren abstrahierenden Arbeiten des Zyklus „Ode to the Colour“ auf jegliche Realitätsabbildung zu verzichten und vor allem der Farberfahrung und der intuitiven Bewegung zu folgen.
o.T., Nr. II, Poems to the Landscape, 2016, Acryl auf Papier, 10,5 x 14,8 cm
Hingegen lassen sich in den Farbexplosionen der horizontal sich von unten nach oben entfaltenden „Poems to the Landscape“ abstrahierte Landschaftsassoziationen erahnen.
o.T., Nr. XII, Central Park, 2017, Acryl, Vinyl auf Leinwand, 126 x 89 cm
Anders im Zyklus „Central Park“. Da entstehen durch die methodische Komposition von geometrisch anmutenden Formen und kontrastierenden Farben dynamische Schwingungen und zugleich der Eindruck von Eingepflanztsein in eine Landschaft, von Verbundenheit mit dem Ort, der sich als authentisches Kraftfeld offenbart.
o.T., Nr. XI, Central Park, 2016, Vinyl, Acryl auf Papier, 21 x 14,8 cm
Transparent modelliert sie die Formen durch mehrfache Farblasuren, wodurch die Farben Tiefenwirkung erlangen. Schließlich nuanciert sie auch die Formen. So entstehen subtile Farbtonwerte.In diesem Sinne erspürt Angela-Richarda Häret die positive Aura von Landschaften und Gärten.
Die bis zum 21. Mai 2017 in dem Ausstellungsraum Eulengasse gezeigten Werke speichern persönliche Emotionen und atmosphärische Erinnerungen der Künstlerin, die mit dem Ort, mit der „schöpferischen Landschaft“ verbunden sind, von der sie ausgelöst wurden. Angela Richarda Härets abstrakte Bilder überschreiten das Naturbild und lassen keinen visuellen Eindruck aus der realen Erscheinungswelt zu. Es sind poetische Sinnbilder des genius loci.
Die Künstlerin im Ausstellungsraum Eulengasse, Foto: Petra Kammann
Angela-Ricarda Häret (geboren 1955), lebt und arbeitet in Frankfurt am Main, Aix en Provence und London. Nach dem Studium der Kunstgeschichte und Rechtswissenschaften an der Johann W. Goethe-Universität in Frankfurt am Main folgten Studien bei Jean Miotte in Pignans in Frankreich und in der Drawing Class von Susannah Fiennes in London.
Seit 2006 ist sie Kuratoriumsmitglied der Paul-Strecker-Stiftung in Mainz und als solche auch Kuratorin der ersten posthumen Ausstellung für den Maler Paul-Strecker (1898-1952) in Frankreich. Außerdem ist sie seit 2007 Generalsekretärin des Forum d´Art Franco-Allemand im Château de Vaudrémont in Colombey-les-Deux-Églises in Frankreich und dort auch Kuratorin internationaler Kunstausstellungen zur Förderung des deutsch-französischen Kulturaustausches.