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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Museum Wiesbaden zeigt „Inner Colours“ von Anton Kokl

Eintauchen in den Facettenreichtum der Interferenzfarben

Von Hans-Bernd Heier

Seit rund drei Jahrzehnten erforscht Anton Kokl die Eigenschaften und künstlerischen Möglichkeiten von Interferenzfarben. Das Museum Wiesbaden widmet dem Mainzer Künstler bis zum 24. September 2023 die Sonderausstellung „Inner Colours“ (innere Farben). Ob großformatige Malereien oder Gummidrucke auf Papier – immer spielen in den rund 20 gezeigten Werken aus den letzten 10 Jahren Interferenzpigmente eine entscheidende Rolle. Kokls Kunst lädt die Besucherinnen und Besucher ein, sich vor den Arbeiten zu bewegen und in den Facettenreichtum der Farben einzutauchen.

Ausstellungsansicht; © Anton Kokl; Foto: Museum Wiesbaden / Bernd Fickert

In einem Interview antwortete Anton Kokl auf die Frage, was ihn an dem schillernden Farbmaterial so fasziniere: „Ich stieß in dem Moment auf die Interferenzfarbe (1993), als ich mich in der Ölmalerei mit ‚monochromischen‘ Farbflächen und Farbverläufen beschäftigte. Ich merkte sofort, dass das mit dem Interferenz-Bild in einem direkten Verhältnis abhängig vom Standortlicht und der Bewegung des Betrachters geschah.“ Diese interferenten Farbphänomene können aktive Besucher in der kleinen, aber feinen Werkauswahl gut erleben.

Ausstellungsansicht; Foto: Hans-Bernd Heier

Anton Kokl wurde 1949 als Deutscher im ehemaligen Jugoslawien geboren. Im Alter von sieben Jahren siedelte er mit seiner Familie nach Deutschland über, wo er nach seinem Abitur in Speyer ab 1971 Bildende Kunst in Mainz studierte. Seit 1982 ist der Maler freischaffend in Mainz tätig, zudem nahm er Arbeitsaufenthalte in Paris und Rom wahr. Bei seiner Lehrtätigkeit als Leiter der Druckwerkstätten der Kunsthochschule Mainz konnte er sein fundiertes Wissen im Bereich des Hoch-, Tief-, Flach- und Durchdrucks an die Studierenden weitergeben.

Dieses Wissen stand ihm auch bei der Weiterentwicklung seiner Malerei zur Verfügung und so ist der Einfluss des Druckgrafischen und eine gegenseitige Abhängigkeit von Malerei und Grafik in seinen Werken stets zu erkennen – mal subtil, mal offensichtlich“, sagt Museumsdirektor Dr. Andreas Henning.

„IF/Fliegendes Weiß“ ist eine Serie, die diese Verschränkung der Techniken verdeutlicht. Mit vollem Körpereinsatz trägt der Künstler weiße Tusche auf die schwarz grundierte Leinwand auf. Bis zu drei Meter hoch kann das Gewebe sein, das zunächst noch unaufgespannt an die Wand genagelt wird. Die Setzung der gestischen Pinselspuren erfolgt ohne Augenkontrolle – „vorbewusste Malbewegung“ nennt Kokl diese Art des künstlerischen Prozesses. Das für ihn Interessante sind dabei die sich ergebenden Formen bzw. Formreste, bestehend aus fließender Farbe und den sich allmählich entleerenden Pinselstrichen.

 aus der Serie „IF/Stroke-Bilder“, 2020; © Anton Kokl; Foto: Museum Wiesbaden / Bernd Fickert

Als dritte Komponente, die die weißen Formen optisch fliegen lässt, kommt die Interferenzfarbe hinzu. Die schimmernden Farbpigmente werden im Siebdruckverfahren auf die Leinwand gebracht und scheinen sich zwischen die weiße Geste und den schwarzen Grund zu legen. Es entsteht eine „gläserne Atmosphäre“, die den Bildraum in die Tiefe hinein eröffnet. „Je nach Standpunkt der Betrachtenden und Einfallswinkel sowie Intensität des Lichts verändert sich die Farbwahrnehmung jedes einzelnen Bildes“, erklärt die Kuratorin Valerie Ucke.

Aus der Sphäre der Autolacke, Kunststoffe und Kosmetika hat Anton Kokl die Interferenzpigmente in die Kunstwelt überführt, um sie in unterschiedlichsten Verfahren für seine Kunst nutzbar zu machen. Er agiert hierbei nicht nur als Künstler, sondern auch als Forscher. Die kleinformatigeren Papierarbeiten der „Gum Print-Serie“ entstehen in einem fototechnischen Verfahren und schaffen durch die besondere Verzahnung von Figur und Grund, Positiv und Negativ ein komplexes Wahrnehmungsangebot.

Anton Kokl in seinem Mainzer Atelier; © Anton Kokl; Foto: Museum Wiesbaden / Bernd Fickert

Wenn man hauptsächlich autodidaktisch aufwächst und in die Materie des Bildermachens auf natürliche Weise hineingerät, spürt man keinen Unterschied zwischen Experiment und etwas anderem, alles ist eins. Noch heute wundere ich mich, wenn ehemalige Studienkollegen sagen, ich hätte ständig experimentiert. […] Für mich war ‚experimentieren‘ nicht eigentlich zielgerichtet, es war ein Spielen. Dieses Spielen bedeutet nichts anderes als ein kontinuierliches, geschmeidiges sich Erneuern, ein lebendig bleiben“, so Anton Kokl.

Am 1. Juli 2023 spricht Anton Kokl mit der Initiatorin der Schau Lea Schäfer, ehemalige wissenschaftliche Mitarbeiterin des Landesmuseums und jetzige Kuratorin des Museums Reinhard Ernst, über sein Werk.

Sonderausstellung „Inner Colours“ bis zum 24. September 2023 im Museum Wiesbaden; weitere Informationen unter: www.museum-wiesbaden.de

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