Furios: „Giselle“ in einer neuen Interpretation von Demis Volpi
Inspiriert von einer Sage Heinrich Heines
Von Simone Hamm
Demis Volpi hat eines der größten Klassischen Ballette und dessen Geschichte in Düsseldorf im Ballett am Rhein auf den Kopf gestellt.
Das Bauernmädchen Giselle erlebt sich in Prinz Albrecht, ohne zu wissen, wer er ist. Der hat bereits eine Braut, Bathilde. Giselle stirbt an gebrochenem Herzen. Giselle wird zur Will, einem weiblichen Naurgeist. Einst waren die Wilis verschmähte Frauen. Jetzt locken sie die Männer an, von denen sie verlassen wurden und tanzen mit ihnen, bis sie sterben. Giselle aber will und wird Albrecht retten.
Im Theater wird das Ballett „Giselle“ geprobt. Bathilde und Albrecht sehen zu. Aber Bathilde will mehr sein als nur Zuschauerin, sie will dazugehören. So schleicht sie sich mit Albrecht hinter die Bühne und begegnet der Tänzerin, welche die Giselle tanzt. Auf der Stelle ist sie ebenso fasziniert von Giselle wie von der Künstlerwelt schlechthin.
Hinreißend tanzen die beiden zusammen. Sie sind umgeben von buntgekleideten Tänzern und küssen sich schließlich. Volpi hat eine knisternd erotische Szene geschaffen.
Bathilde kehrt zurück zu Albrecht, Bühnenarbeiter räumen die Kulissen weg, rollen den Tanzboden zusammen. Giselle bleibt zurück. Verzweifelt tanzt sie.
Doris Becker ist eine zauberhafte Bathilde, hin- und hergerissen zwischen ihrem großem Gefühl und ihrer Pflicht, zwischen dem verrücktem Leben und solider Ehe.
Elisabeth Vincetti ist eine tief unglückliche Giselle. Daniele Bonelli als Albrecht kann urkomisch sein, tanzt mit angewinkelten Armen und Beinen, aber auch sehr stilvoll.
Im zweiten Akt kommen die Geister der Erinnerung zu Bathilde. Sie ist eine alte Frau (Angelika Richter). Giselle ist gestorben. Was wäre gewesen wenn… denkt sie? Wenn sie diese Chance ergriffen hätte? Wenn sie diese Liebe gelebt hätte?
Es ist ein furioser zweiter Akt. Volpi zitiert aus dem „weißen Akt“ der Originalchoreografie und verfremdet ihn zugleich. In Düsseldorf ziehen unendlich viele Wilis in weißen Kostümen über die Bühne. Bei Demis Volpi sind die Willis keine verschmähten Frauen, es sind Männer und Frauen in Tüllröcken. Mathilde tanzt mit ihnen, mit jedem und jeder einzelnen.
Alle Tänzer sind großartig, akkurat und sehr ausdrucksstark. Volpi hat mitreißende Gruppenchoreografien entwickelt.
Nicht zuletzt der schönen Musik Adolphe Adams wegen wurde „Giselle“ zum Klassiker. Mark Rohde dirigiert die Düsseldorfer Symphoniker feinfühlig, mal sehr leise, dann wieder hochdramatisch. Demis Volpi hat eine ungewöhnliche, sehr sehenswerte Giselle geschaffen.
In der kommenden Spielzeit ist diese traurigschöne Geschichte in Duisburg (ab 2.9.) und in Düsseldorf abermals ab dem 9.11. zu sehen.