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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Weihnachtszeit zu Corona Zeiten: Zeit der Spiele

Covid 19 hält uns immer noch in Atem. Noch wissen wir nicht endgültig, wie wir Weihnachten verbringen können/werden/dürfen. Viele Unternehmen leiden drastisch unter der Pandemie. Doch es gibt auch „Gewinner“. Der Verkauf von Brettspielen ist um 30 % gestiegen.

von Simone Hamm

Und wirklich, so kann man sich die dunklen Tage aufhellen, als Forscher oder Astronaut, im Märchenwald oder in der Karibik. Drei der fünf Spiele, die vorgestellt werden sind Kooperationsspiele. Man spielt nicht gegen-, sondern miteinander. Das ist vielleicht angesagt in diesen Zeiten.

Pandemic“ von Matt Leacock. Spiel für Erwachsene und Kinder ab 14 Jahre. Spieldauer 35 – 60 Minuten. FantasyWelt

Vier tödliche Seuchen sind ausgebrochen. Immer wieder gibt es neue Hotspots. Sanitäter, Forscher, Wissenschaftler kämpfen weltweit gegen die Pandemie. Wer nun glaubt, er halte ein Spiel aus dem Jahr 2020 in den Händen, der irrt. „Pandemic“ wurde schon 2004 entwickelt.

Die neueste Ausgabe des Spiels, „Pandemic – Season 0“ führt zurück in die Zeit des „kalten Krieges“,  ins Jahr 1962. Die Spieler sind Mediziner, die vom CIA rekrutiert worden sind, um eine neue, gefährliche Biowaffe der Sowjetunion zu zerstören. Dieses Projekt heißt MEDUSA. Das klingt ein wenig nach einem alten James Bond Film: ein böser Wissenschaftler, der die Welt zerstören will gegen die Guten.

Pandemic“ gibt es als einfaches Grundspiel und als „Legecy Ausgabe“. Die erste Ausgabe von Pandemie war eines der ersten Legacy Spiele, dass heißt beim Spielen verändert sich das Spiel.

In „Pandemic Saison 0“ bauen die einzelnen Partien aufeinander auf. So entwickelt sich eine spannende Geschichte. Jede Aktion eines Spielers hat nachhaltigen Einfluss. Die Charaktere der Spieler entwickeln sich. Das Spielmaterial verändert sich. Geheimnisse werden erkundet. Neue Regeln werden freigeschaltet. versiegelte Umschläge müssen geöffnet, andere dürfen niemals aufgemacht werden werden. Aufkleber werden auf Landstriche geklebt, die dadurch für immer verseucht sind. Änderungen auf dem Spielbrett sind unwiderruflich.

Gescheiterte Partien werfen die Spieler zwar zurück in ihre Kampf gegen die Pandemie. Eine solche Partie darf dann aber noch einmal gespielt werden. In einem Kalender werden Fortschritte und Rückschritte eingezeichnet. Der Dezember ist der Monat der Hoffnung. Die Welt kann – in diesem unglaublich spannenden Spiel – nur gemeinsam gerettet werden.

EXIT – Das Spiel. Der verwunschene Wald von Ikea Brand und Markus Brand. Spiel für Erwachsene und und Kinder ab 10 Jahren. Spieldauer 45- 90 Minuten. Kosmos ca. 14 €

EXIT“ ist der Name einer Spielserie, bei der die Mitspieler sich möglichst schnell aus der Gefangenschaft befreien müssen. Das schaffen sie, indem sie verschiedene Aufgaben lösen. Es ist ein Spiel für einen Spieler allein oder für zwei, drei oder vier. Je mehr mitspielen, desto schneller ist das Spiel zu Ende.

Ein Spiel, mit dem man gut in die „EXITserie“ hineinkommt, ist der jüngst erschienene „Der verwunschene Wald“. Die Spieler werden in eine Märchenwelt entführt, in einen Wald voller Rätsel und Geheimnisse. Seltsame Wesen stellen ungewöhnliche Fragen. Nur wenn alle Rätsel gemeinsam gelöst werden, findet man wieder aus dem Wald heraus. Im Team werden Informationen gesammelt, verwunschene Gegenstände gefunden, schließlich Entscheidungen getroffen. Dabei werden die Spielkarten zerschnitten, geknickt, beschriftet, sogar zerissen. Man kann den „verwunschenen Wald“ also nur einmal spielen. Aber dieses eine Mal ist ein großer Spaß.

Maracaibo von Alexander Pfister. Für 1 – 4 Spieler, für Erwachsene und Spieler ab 12 Jahren. Spieldauer 30 Minuten. dlp games. ca. 60 €

Die Karibik im 17. Jahrhundert ist der Schauplatz des Spiels Maracaibo. Dort kämpfen die Großmächte England, Spanien und Frankreich um Einfluss dort.

Jeder Spieler hat ein Schiff und segelt einen Rundkurs. Man kann sehr schnell segeln und schnell ankommen oder aber man schippert langsamer, hält öfter, löst mehr Aufgaben, bekommt mehr Punkte. Dann muss man aber fürchten, überholt zu werden. Denn das Spiel endet, sobald der erste Segler zurück in Havanna ist.

Die Schiffe landen in Städten, Dörfern. Der Kapitän muß eine Crew anheuern, Gehilfen absetzten und wieder auflesen. Und manchmal muss er auch kämpfen.

Die Schiffsmannschaften machen Expeditionen ins Landesinnere, liefern Waren, etwa Mais, schlagen sich durch den Dschungel und sammeln Boni ein. Erst danach dürfen sie weitersegeln.

Wenn der schnellste Segler wieder in Havanna angekommen ist, ist die Runde für alle vorbei. Alle starten dann wieder von Havanna aus. Es gibt eine Zwischenwertung. Dann geht es von vorn los. Das geht so 4 Runden lang. Soweit, so gut.

Maracabaio hält aber noch etwas anderes parat: Story Kärtchen. Es gibt neue Aufgaben, neue Geschichten. Piraten attackieren, ein Sturm zieht auf. Diese Probleme gilt es zu lösen. Und zwar schnell. So wird das Spiel jedes Mal ein anderes.

Es ist ein opulentes, überbordendes Spiel, das man im übrigen auch ganz allein spielen kann.

Es ist allerdings schade, dass das abwechslungsreiche Spiel von der Kolonialisierung der Karibik handelt. Ein anderes Setting, dieselben Regeln – hätten dieses zwar komplizierte, aber sehr spannende Spiel attraktiver gemacht.

Die Crew“ von Thomas Sing, Spiel für Erwachsene und Kinder ab 10 Jahren. Für 2- 5 Spieler Spieldauer 20 Minuten. Kosmos Verlag ca. 10 €

So ziemlich alle Preise, welche die Spielbranche zu vergeben hat, hat es abgeräumt und fast jeder Spieleblogger hat es in diesem Jahr auf den Platz 1 seiner persönlichen Hitliste gesetzt: „Die Crew“.

Wer gern Doppelkopf oder Skat spielt, wird „The Crew“ lieben. Es ist ein klassisches Stichspiel. Die Regeln sind einfach. Die Runden sind kurz, maximal 5 Minuten.

Die Spieler sind Astronauten. Sie fliegen ins All und suchen einen neuen Planeten am Rande unseres Sonnensystems. Es gibt 50 Weltraummissionen, die zu erfüllen sind. Die erste ist die einfachste, der Schwertgrad der Missionen steigert sich. Jeder Auftrag muss vom richtigen Spieler ausgeführt werden. Um diesen Auftrag zu erfüllen, muss er einen Stich machen. Es gelten die klassischen Stichregeln (Farbe muss bedient werden ect.)

Das Besondere aber an „Die Crew“ ist, dass es ein kooperatives Spiel ist. Man spielt nicht gegen-, sondern miteinander.

Denn man kann die Aufgaben nur gemeinsam erfüllen. Die Spieler müssen also irgendwie kommunizieren, aber reden dürfen sie nicht (wie beim Doppelkopf oder Skat eben). Denn sie fliegen ja im Weltraum und haben dicke Helme auf.

Jeder sieht in seinen Handkarten, was der Mitspieler abwerfen sollte und muss doch dazu schweigen. Aber einmal pro Mission dürfen die Spieler sich einen Tipp geben. Wenn alle Aufträge erfüllt sind, ist die Mission beendet und die nächste kann in Angriff genommen werden. Achtung: ein Spiel, das süchtig macht.

Das hat auch die Jury vom Kennerspiel des Jahres 2020 so gesehen. „Die Crew“ ist der unangefochtene Sieger.

Erkundungsfahrten mit gruseligen Monstern in „Der Karthograph“ 

Königin Gimnax schickt ihre Untertanen ein ganzes Jahr lang aus, die besten Ländereien zu kartografieren. Vier Jahreszeiten lang.  Vier Runden lang. Jeder Spieler ist ein Kartograph, deckt Erkundungskarten auf und zeichnet das, was vorgegeben ist: die Umrisse eines Landes, einer Provinz, die er entdecken will. 

Dafür bekommt er Punkte. Was wo positioniert wird, spielt beim Gewinn von Punkten eine große Rolle. Man kann auf Nummer Sicher gehen oder aber waghalsig sein, das heißt entweder ganz viele oder gar keine Punkte bekommen.

Gruselige Monster versuchen, das Kartographieren zu verhindern. Sie sitzen auf weißen Flecken, unentdecktem Land. Wenn eine Monsterkarte aufgedeckt wird, muß auch eine Form eingezeichnet werden. Allerdings darf der Spieler, der die Karte gezogen hat, das nicht selber tun. Er muß das Blatt an einen Mitspieler weiter geben und der zeichnet das Land ein. Natürlich zu seinem Vorteil.

Wenn also ein Monster naht, kann ein Spieler alles, was er geplant hat, ganz schnell vergessen. So strategisch man auch plant, eine Monsterkarte kann alles zu nichts machen.

Dieser Aspekt macht „Der Kartograph“ sehr unterhaltsam.

Es gibt unzählige Kombinationsmöglichkeiten. Kein Spiel ähnelt dem anderen.

Die Regeln sind gut verständlich. Man kann das auch allein spielen oder mit 100 Spielern, die dann mitspielen. Das ideale Spiel für die Pandemie also.

 

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