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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Erste Modelle und Varianten für einen Neubau der Städtischen Bühnen in Frankfurt vorgestellt

Kulturdezernentin favorisiert „Kulturmeile“ mit Oper an der Neuen Mainzer Straße

Von Uwe Kammann

Voilà, es gibt Visionen. Und auch schon eine vom Kulturdezernat favorisierte Lösung: nämlich den Neubau eines Opernhauses in Verbindung mit einem 190-Meter-Büroturm an der Neuen Mainzer Straße, genau dort, wo bislang die Sparkasse mit einem relativ schlichten Bau in Form eines langen U das Bild beherrscht. Zu diesem als „besonders vielversprechend“ bezeichneten Lösungsmodell gehört die Koppelung mit einem Neubau für das Schauspiel am bisherigen Standort, dem Willy-Brandt-Platz.

Kombination von Oper und Turm zwischen der Taunusanlage und Neuer Mainzer Straße. Abb.: ©gmp · Architekten von Gerkan, Marg und Partner

Das Ganze firmiert auch schon unter einem Schlagwort: Ausbau der Wallanlagen zur „Kulturmeile“ – vom erweiterten Jüdischen Museum am Main über das Schauspielhaus, dann die schon existierende Dependance des Museums für Moderne Kunst (MMK) im Fuß des eleganten weißen Tower, weiter über die geplante neue Oper (platziert zwischen der Straßenschlucht der Neuen Mainzer und der Taunusanlage) bis schließlich zur Alten Oper an ihrem repräsentativen Platz mit dem beliebten Brunnentreffpunkt. Eine in einem geplanten Eckturm an der Neuen Mainzer konzipierte Etagen-Dependance des Weltkulturenmuseums gehört auch zu diesem Meilen-Wunschtraum – der mit der Süd-Nord-Richtung ein Gegenmuster zur Ost-West-Museumsmeile wäre.

Das also, was FeuilletonFrankfurt vor ein paar Tagen als dringlich angemahnt hatte – nämlich endlich Skizzen und Pläne für das Wo und Wie sowie die Konstellationen bei neuen Bauten für die Städtischen Bühnen vorzustellen –, das wird jetzt sichtbar und soll auch am Mittwochabend (10. Juni) im Deutschen Architekturmuseum diskutiert werden. Was heißt: die hinsichtlich der Zukunft der Städtischen Bühnen federführende Kulturdezernentin Ina Hartwig wird der Öffentlichkeit (die sich per Video einschalten kann) erste Visionen vorstellen.

Lageplan: Neues Schauspiel Willy-Brandt-Platz, Oper und benachbarter Turm an der Neuen Mainzer Straße, ©gmp · Architekten von Gerkan, Marg und Partner

Visionen/Varianten, wie sie von der ihr unterstellten Stabstelle Zukunft Städtische Bühnen unter Leitung von Michael Guntersdorf entwickelt worden sind, in Kooperation mit dem Hamburger Büro PFP sowie dem ebenfalls in Hamburg beheimateten Büro gmp (Gerkan, Mark und Partner). Beide waren bereits in diesen Prozess involviert: BFP mit dem 2017 vorgestellten Großgutachten, das wegen der veranschlagten Endsumme von gut 900 Millionen Euro für eine Sanierung von Theater und Oper am Willy-Brandt-Platz Angst und Schrecken verbreitet hatte. Und gmp, weil sie über ihre Stiftung vier Studenten die Entwürfe für Übergangstheater am Bockenheimer Depot entwickeln ließen. Dass gmp im Spiel ist, hat natürlich gute Gründe: Diese große deutsche Büro ist auch international äußerst renommiert, es hat viele herausragende Bauten realisiert, angefangen mit dem noch heute bestehenden Flughafen Tegel bis hin zu vielen Stadienbauten, darunter auch die vorbildliche Sanierung und Komplettierung des Berliner Olympiastadions mit einem schwebenden Dach.

Nun also werden endlich (ausgestellt ab 20. Juni im Deutschen Architekturmuseum, DAM) Visualisierungen von möglichen Gebäudekonstellationen zu sehen sein, gleichsam als optische Platzhalter, damit das Publikum sich vorstellen kann, wie die möglichen Neubauten für die zentralen Kulturorte aussehen könnten. Wobei immer klar sein muss: Das sind ja keine endgültigen Realisierungsentwürfe, sondern Phantasieanreger. Denn natürlich, das steht außer Frage, soll es Architekturwettbewerbe geben, sobald eine tatsächliche Entscheidung im weiteren Weg des Planungsprozesses ansteht. Doch das alles wird noch auf sich warten lassen, weil es bei den politischen Entscheidungsträgern – auch innerhalb der Koalition – noch jede Menge unterschiedliche Positionen gibt.

Verblüffend realitätsnah wirken sie natürlich, die fast Fotos gleichenden Visualisierungen, Ergebnisse der immer ausgefeilteren Darstellungstechniken per Computer, die im Fachjargon Renderings genannt werden. Als das Architekturbüro Herzog & de Meuron die ersten Simulationen einer an ein gleißendes Segelschiff gemahnenden Elbphilharmonie vorstellten, war die Faszination groß und die Wirkung enorm: diesen Wunderbau wollten fast alle in Hamburg (dass die voraussichtlichen Kosten politisch kleingerechnet wurden, war wiederum nicht allen bewusst).

Option eines Neubaus anstelle der Theater-Doppel-Anlage; Rendering: ©gmp · Architekten von Gerkan, Marg und Partner

Zwar soll außer den Planvarianten für den Willy-Brandt-Platz und dessen Umfeld auch noch ein weiterer Standort geprüft werden, nämlich unter der Prämisse einer „Komplettverlagerung“, doch gehört dies augenscheinlich nicht zu den Prioritäten der jetzigen Planungsphase. Ein solcher vollständig anderer Standort war vor allem von der CDU-Fraktion und ihrem kulturpolitischen Sprecher Thomas Dürbeck sehr früh ins Gespräch gebracht worden und erscheint der Partei auch weiterhin als ausgesprochen attraktiv. Dies betonte der Fraktionsvorsitzende der CDU, Nils Kößler, ganz aktuell noch einmal Anfang Juni. Auf dem jetzigen Gelände einer Baustoffhandlung am Osthafen ließen sich großzügig Oper, Theater und die nötigen Werkstätten und Probebühnen unterbringen – und sich dann bei einem Umzug in einem Schwung beziehen, so dass der Betrieb am Willy-Brandt-Platz bis zu diesem Tag X in Ruhe weitergehen könne, jegliche Kosten für Übergangslösungen wegfielen.

In einer Pressemitteilung der CDU-Fraktion von Mitte April hieß es: „Unser Ziel muss doch ein moderner Theatercampus sein, in dem der gesamte künstlerische Schaffensprozess stattfindet. Für ein solches Zentrum der Künste ist das Haus am Willy-Brandt-Platz heute schon zu klein. Die CDU hat aus diesem Grund den Vorschlag für einen neuen Standort gemacht, sie ist aber auch für andere gute Lösungen offen“.

Lageplan: Oper und Schauspiel „gespiegelt“ am Willy-Brandt-Platz, ©gmp · Architekten von Gerkan, Marg und Partner

Doch, wie gesagt: Das Kulturdezernat will mit den Großbauten der Darstellenden Künste im Herzen der Stadt bleiben. Wobei auch eine Spiegellösung am jetzigen Platz im Spiel ist: die Oper bliebe an der Südseite des Platzes, das Schauspiel stünde dann gegenüber auf dem jetzigen freien Platz der Gallusanlage, dort, wo die Euro-Großplastik viele Fotografen anzieht.

Auch zwei weitere Varianten wurden „vertieft untersucht“, wie es in einem Papier des Kulturdezernats heißt. So ein Neubau der jetzigen Doppelanlage am angestammten Standort. Und das Modell, einen Neubau für das Schauspiel am Opernplatz zu errichten (dort, wo seit einiger Zeit ein Laden- und Bürokomplex aus den 50er Jahren leersteht und auf den Abriss wartet), während der Neubau für die Oper wieder am Willy-Brandt-Platz entstünde.

Option am Opernplatz: Neubau für ein Schauspielhaus anstelle des jetzigen abbruchreifen Geschäftshauses, Foto: Uwe Kammann

Nach Informationen von FeuilletonFrankfurt gehört zu den Visualisierungen auch ein Modell, das an der Südseite des Willy-Brandt-Platzes einen Kulturbau mit einem Hochhaus zur Neuen Mainzer Straße hin verbindet, bei einer klaren einheitlichen Platzkante. Das Büro Christoph Mäckler wiederum hat, wie es die FAZ zeigt, ein Modell entwickelt, das den Neubau für das Schauspiel leicht zurückgesetzt am Willy-Brandt-Platz mit einem kleineren Turm an der Neuen Mainzer Straße verbindet, komplettiert mit einer Sockelbebauung, die durch einen Arkadengang aufgelockert würde. Ein Vorschlag, der „sehr erfreulich“ sei, wie es aus dem Kulturdezernat heißt, und der entsprechend begrüßt werde. Kombinierte Türme, auch dies war immer wieder betont worden, böten die Möglichkeit, das in jedem Fall teure Gesamtvorhaben jedenfalls teilweise zu refinanzieren. Beim Nutzen des der Helaba gehörenden Sparkassengrundstücks mit der gewählten Turm-Option würde auch diese Überlegung einfließen.

Jetziger Bau der Sparkasse an der Neuen Mainzer Straße, Foto: Uwe Kammann

Als Vorzug aller jetzigen Planungsvarianten wird gesehen, dass die Wallanlagen „durch erweiterte Funktionen in das Stadtleben integriert und vielfältiger nutzbar“ würden und eine „verbindende Funktion“ eben als „Kulturmeile“ erhielten. Sicher auch aus diesem Grund spielt in der jetzigen Phase bei Neubauplanungen der geplante Kulturcampus an der Bockenheimer Landstraße keine Rolle. Südlich dieser Straße wäre ein größerer Komplex möglich, nördlich – dort, wo jetzt das ehemalige Straßenbahndepot von den Städtischen Bühnen bespielt wird und seitlich an einem freien Dreiecksgrundstück sich noch die Universitätsbibliothek befindet, die in fünf, sechs Jahren umziehen soll –, dort wäre nach jetzigen Vorstellungen eher ein Bau für eine Interimsnutzung denkbar.

Opernansicht von der Neuen Mainzer Straße; Rendering:©gmp · Architekten von Gerkan, Marg und Partner

Jetzt, so heißt es im aktuellen Papier des Kulturdezernats, werde erst einmal anderes untersucht: „Im nun anstehenden nächsten Schritt werden auch die Anforderungen an die Bühnen definiert: Welche Nutzungen sind neben dem klassischen Schauspiel und der Oper möglich und wünschenswert, um die Gebäude auch außerhalb der Aufführungszeiten zu öffnen und zu beleben? Was bedeutet das für den Stadtraum? Welche Bühnenformen brauchen wir für zukünftige Aufführungen? Diese Fragen sollen u.a. auch in öffentlichen Veranstaltungen diskutiert werden.“

Die am Abend des 10. Juni vom Kulturdezernat in Kooperation mit dem Deutschen Architekturmuseum organisierte Podiumsdiskussion ist dazu ein Auftakt. Sie wird im Livestream aus dem Deutschen Architekturmuseum unter http://www.kultur-frankfurt.de/livestream und http://www.facebook.com/ffmculture übertragen und beginnt um 19 Uhr. Dabei können die Bürger über eine Kommunikationsschaltfläche, die sich neben der Übertragung des Livestreams auf den beiden Online-Seiten öffnet, ihre Fragen an das Podium richten. Unter der Moderation von Peter Cachola Schmal, dem Direktor des Deutschen Architekturmuseums werden diskutieren: Kulturdezernentin Ina Hartwig, Schauspielhaus-Intendant Anselm Weber und Torsten Becker, Stadtplaner und Vorsitzender des Städtebaubeirats Frankfurt.

 

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