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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Marco Goeckes Choreographie mit vier verschiedenen Tanzkompanien

Eine Logistische Meisterleistung im Kölner StaatenHaus der Kölner Oper

Wer einmal etwas von Marco Goecke gesehen hat, wird beim zweiten Mal schon nach einer halben Minute die Handschrift Goeckes erkennen. Die Hände flattern, die Oberkörper zucken, die Beine bleiben vergleichsweise ruhig.

von Simone Hamm

aus: b.34 Ballett am Rhein Düsseldorf / Duisburg „Spectre de la rose“ Choreografie.: Marco Goecke, Foto: Gert Weigelt, zur Verfügung gestellt von der Oper Köln 

Jetzt hat die Oper Köln dem ehemaligen Hauschoreografen des Stuttgarter Ballets und designiertem Ballettdirektor in Hannover, Marco Goecke und seinen Werken einen ganzen Abend gewidmet. Das Außergewöhnliche daran: die vier Goecke-Choreografien werden von vier unterschiedlichen Kompanien getanzt, der Académie Princess Grace Monte Carlo, dem Ballett am Rhein Düsseldorf/Duisburg, dem Nationaltheater Mannheim Tanz und dem Tanz Luzerner Theater.

Während normalerweise die Ballettgruppe im Vordergrund steht und entweder Stücke des Hauschoreographen oder Werke verschiedener Choreographen zeigt, geht es hier einzig um Marco Goeckes Werke und deren unterschiedliche Interpretation. Der logistische Aufwand hat sich gelohnt. An diesem einzigartigen Abend hatten die Zuschauer Gelegenheit, Goeckes Werke in all ihren Facetten kennenzulernen.

Die Bühne ist schwarz und schwarz sind die Tänzer gekleidet. Das Bühnenbild besteht aus nichts als aus Licht. Goecke reduziert Kostüme und Bühne auf ein Minimum und gibt seinen Tänzern Raum.

Äffi ist ein Stück für einen Solotänzer zu Songs von Johnny Cash. Mit dieser Choreografie ist Marco Goekce 2005 schlagartig bekannt geworden. Mit dem Rücken zum Publikum steht Louis Steinmetz zum Publikum, er trägt eine enge schwarze Hose, der Oberkörper ist frei. Er verschränkt seine Hände hinterm Kopf, dann lässt er sie vibrieren, flattern wie Schmetterlingsflügel.

„I hurt myself today, to see if I still fell, I focus on the pain, the only thing that’s real“ singt Johnny Cash. Äffi, das ist körperliche Selbstbefragung, Selbstzerlegung, Selbstzerstörung, atemraubend dargebracht von diesem sehr jungen, sehr schönen Tänzer des Tanz Luzerner Theater.

Marco Goecke zerlegt die Bewegungsabläufe in winzig kleine Einheiten wie kubistische Maler das in der bildenden Kunst getan haben. Nicht die Beinarbeit steht bei Goecke im Vordergrund, sondern der Oberkörper, die Arme. Damit hat er eine völlig neue Ballettsprache geschaffen.

Eine Handlung gibt es nicht. Auch nicht in den anderen Stücken, die an diesem Abend gezeigt werden. Der Abend beginnt mit „Black Swan“. Während seiner Zeit als Schüler hatte Goecke an der Deutschen Oper am Rhein als Statist gearbeitet. Fast den gesamten dritten Akt lang in „Schwanensee“ stand er auf der Bühne und konnte das berühmte Pas de deux mit dem schwarzen Schwan wieder und wieder sehen. „Black Swan“ ist eine Hommage ans klassische Ballett und zugleich dessen Dekonstruktion. Diese Choreographie hat Goecke für die Académie Princesse Grace Monte Carlo geschaffen, die das Stück auch in Köln tanzte.

Ins „Nichts“ scheinen die Tänzer zu fliegen. Wie Stumpen ziehen sie die Arme an den Körper und stoßen sie wieder ab. Dann breiten sie die Arme weit aus und werden eins mit der Musik, ja, sie sind jetzt das Piano von Keith Jarrett, die Gitarre von Jimmy Hendrix. Marco Goecke hat das Ballett 2008 für das Nederlands Dans Theater kreiert. Es wird von den Tänzer und Tänzerinnen des Nationaltheaters Mannheim Tanz präsentiert.

aus: b.34 Ballett am Rhein Düsseldorf / Duisburg „Spectre de la rose“ Choreographie.: Marco Goecke, Foto: Gert Weigelt, zur Verfügung gestellt von der Oper Köln 

Der Abend endete wieder mit einer legendären Vorlage, mit „Le spectakle de la rosé“ zu Musik von Carl Maria von Weber. Dieses Ballet hat Nijinsky unsterblich gemacht. Er hat den Geist der Rose verkörpert, von dem die Tänzerin träumt. Goeckeironisiert diesen Traumtanz. In seiner Version für das Ballett am Rhein spaltet er den Geist in mehrere Tänzer auf, läßt sie Nijinsky Pose imitieren und dann wieder die flatternden, zappelnden Bewegungen machen, die so unvergleichlich Goecke sind. Aber in dieser Choreografie dürfen die Tänzer auch die Hüften kreisen lassen und sogar springen, derart betören sie die träumende Ballerina Mariana Dias und das Kölner Publikum gleichermassen.

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