Benefiz-Konzert mit Johannes Kiem im Kunstverein Familie Montez
Von Erhard Metz
Es war ein denkwürdiger 18. Juli 2015, ein Samstag: Fleissige Hände hatten den einen der beiden Gewölberäume unter der Honsellbrücke, der neuen Heimstatt des Frankfurter Kunstvereins Familie Montez, in einen Konzertsaal verwandelt. Gepolsterte, mit dunkelrotem Stoff bezogene Stühle standen im Halbkreis um einen auf Hochglanz polierten Flügel der Marke Steinway & Sons. Mehrere mit Honigwaben veredelte Lampen strahlten ein warmes Licht aus, getrocknete Gräser und Sträucherzweige drapierten den Raum. Die festliche Szenerie spielte vor der Kulisse der imposanten Ausstellung des Salon Hansa, zu Gast aus Berlin. Wer hier eintrat, traute kaum mehr seinen Augen.
Der Kunstverein wird zum Konzertsaal: Foto Copyright Ultimafilm, Frankfurt am Main
Ein Benefiz-Konzert zugunsten des Kunstvereins Familie Montez war angesagt, unter der Schirmherrschaft des Frankfurter Kunstkenners und Kunstförderers Konrad von Bethmann. Dessen Engagement ermöglichte die festliche Ausstattung dieses Abends. Das königliche Instrument bediente kein anderer als Johannes Kiem, ein für seine Konzerte der besonderen Art weit über Frankfurt hinaus bekannter Pianist.
Johannes Kiem am Flügel bei Familie Montez, Foto Copyright Ultimafilm, Frankfurt am Main
Kiem, 1976 in Freiburg geboren, kannte seinen künftigen Beruf bereits als Vierjähriger: Konzertpianist. Er ist es geworden, und zwar ein besonderer: ein Pianist als „Real time“-Komponist. Im Vordergrund seiner musikalischen Arbeit steht deshalb nicht die werkgetreue Wiedergabe von Kompositionen anderer. Vielmehr erarbeitete sich Kiem die Techniken von Harmonie und Modulation namhafter Komponisten der Spätromantik bis zum frühen Expressionismus wie Richard Wagner, Frédéric Chopin, Franz Liszt oder Alexander Skrjabin, die er – gepaart mit seiner spielerischen Virtuosität – in seinen Konzerten live zu eigenen musikalischen Kreationen vereint. Kiem lässt sich dabei von Namen oder Stichworten, auch spontan aus dem Publikum zugerufenen, inspirieren. Im Kunstverein Familie Montez waren solche Impulsgeber Gemälde und Bilder, die aus dem Kreis der Freunde des Vereins eingesandt und am Konzertabend an die Wand projiziert wurden.
Den Flügel brachte Johannes Kiem, wie er formuliert, einfach mit; das Steinway-Haus in Frankfurt habe ihm das Instrument zu entgegenkommenden Konditionen zur Verfügung gestellt. Auf ein Honorar verzichtete Kiem zugunsten der Unterstützung von Familie Montez.
Moderatorin Adriane Dolce, Foto Copyright Ultimafilm, Frankfurt am Main
Durch den pianistischen Abend führte Adriane Dolce, eine gefragte Frankfurter Stadt- und Gästeführerin, die dabei ihr moderatorisches Talent unter Beweis stellte. Auch sie verzichtete auf ein Honorar.
12 Preludes nach Bildern und Gemälden – so lautete das Programm des Konzertabends. Etwa 80 Zuschauerinnen und Zuschauer lauschten fasziniert den Klängen, die Johannes Kiem zu den projizierten Bildern – „live komponierend“, was etwas anderes ist als „improvisieren“ – entwickelte.
Im folgenden ein Beispiel, eine gut siebenminütige Live-Komposition nach einem Gemälde der bekannten amerikanischen Künstlerin Dena Lyons:
Dena Lyons, Fiery Maple, 2009, oil and wax on canvas, 198 x 198 cm, Foto Copyright Dena Lyons
Johannes Kiem in Aktion, Screenshot und Video: Copyright KunstFilm Christiaan Tonnis
Begeisterter, eine Zugabe erheischender Beifall!
Der Erlös des Abends kommt der Ausstattung der Räumlichkeiten von Familie Montez zugute. Insbesondere sollen Einrichtungen für eine Beheizung der Räume im Winter beschafft werden. Dazu bedarf es jedoch noch weiterer finanzieller Mittel und somit weiterer Benefizaktionen und -veranstaltungen zugunsten des Vereins. Familie Montez-Chef Mirek Macke gibt sich wie immer optimistisch wie tatkräftig: Es gibt schon Überlegungen für eine weitere Konzertveranstaltung „Klassik unter der Brücke“ – vielleicht oder besser gesagt hoffentlich bereits im kommenden Herbst. Es muss ja nicht gleich wieder ein Flügel sein – leicht tragbare Streich- und Blasinstrumente wären ebenso geeignet, vielleicht für ein Bläser- oder Streichquartett?
Die Ausstellung „Um Fleisch auf die Nerven zu bekommen!“ – Salon Hansa (Berlin) zu Gast im Kunstverein Familie Montez – läuft bis 9. August 2015
→ Salon Hansa aus Berlin zu Gast im Kunstverein Familie Montez mit Benefizkonzert
→ Neues im Kunstverein Familie Montez
→ Röhren und andere Werke des Künstlerduos Winter/Hoerbelt in der Galerie Heike Strelow
und im Kunstverein Familie Montez