Luxemburg – eine Festungs- und Museenstadt
Wer Kinder frühzeitig mit Freude und Spaß an Museen heranführen möchte, könnte nach Luxemburg reisen. Jung und Alt werden gleichermaßen begeistert sein
Von Elke Backert
Der rote Löwe mit dem doppelten Schwanz, das luxemburgische Wappen
Die weltoffene Stadt Luxemburg im gleichnamigen Großherzogtum, auf französisch Grand-Duché de Luxembourg, auf luxemburgisch Groussherzogtum Lëtzebuerg, übrigens das letzte von ehemals neun, empfängt fröhlich ihre Gäste aller Nationen. Neben Luxemburgisch, einer Mischung aus Deutsch und Französisch, die mancher, liest er das geschriebene Wort, leicht übersetzen kann, sprechen die rund 100.000 Einwohner Deutsch, Französisch und Englisch. Was wohl auch daher rührt, dass hier auf kleinem Raum 150 Nationalitäten anzutreffen sind. Allein gleich viele Ausländer wie Einwohner arbeiten in der Stadt. Sogar die Zeitung, etwa das „Luxemburger Wort“, ist auf Deutsch geschrieben, nur Todesanzeigen auf Luxemburgisch. Die Straßenschilder sind jedoch meist zweisprachig, französisch und luxemburgisch. Der deutsche Besucher schlägt sich also perfekt durch. Nützlich ist dabei die äußerst günstige Luxembourg Card für einen bis drei Tage, die Verkehrsmittel und Eintritt zu 74 in einer Broschüre beschriebenen Sehenswürdigkeiten im ganzen Großherzogtum einschließt. Luxemburg ist einer der kleinsten Flächenstaaten der Erde und nach Malta das zweitkleinste Land der Europäischen Union.
Blick auf Luxemburg
Schönste Aussichten über die Stadt, wegen ihrer vielen Grünanlagen auch „das grüne Herz Europas“ genannt, die Festungsmauern und auf das Flüsschen Alzette mit herrlichen Spiegelungen hat man von der 963 von Graf Siegfried errichteten Festung Luxemburg, einem der wichtigsten Bollwerke Europas, dem „Gibraltar des Nordens“, das allerdings um 1867 geschleift wurde. Die majestätischen Reste in einer atemberaubenden natürlichen Umgebung bilden den architektonischen Rahmen der Altstadt, die 1994 UNESCO-Welterbe wurde.
Die Festung und das Flüsschen Alzette schenken Luxemburg eine gewisse Romantik
Der Besucher spaziert auf der entlang der Wehrmauer sich schlängelnden Flaniermeile „Corniche“ und auf thematischen Rundwegen wie dem „Wenzelweg“, bevor er den Abstieg in die Kasematten beginnt, ein gewaltiges unterirdisches System von 23 km Länge, von dem noch 17 km erhalten sind. Für den Besucher sind drei Kilometer begehbar – am besten mit Sportschuhen und, obwohl beleuchtet, Taschenlampe. Hier können Kinder auf den aufgestellten Kanonen rumturnen und in den Gängen und Nischen Versteck spielen.
Die Kasematten, ein unterirdisches Gängegewirr mit schönen Aussichten
Wahlspruch Luxemburgs: „Mir wölle bleiwe wat mir sinn“ (Wir wollen bleiben, was wir sind). Anlass für diesen Wahlspruch war die Luxemburgkrise 1867, der von Napoléon III. beabsichtigte, aber nicht realisierte Erwerb des Großherzogtums, das Teil des Deutschen Bundes und dessen Staatsoberhaupt Wilhelm III. der Niederlande war
Schon das futuristische Aussehen des MUDAM (Musée d’Art Moderne Grand-Duc Jean), des Museums für zeitgenössische Kunst, lockt zum Reinschauen. Glas lässt Licht herein und ließ die bis Anfang Juni dieses Jahres gezeigten Werke des 1974 in Montreal geborenen und in New York arbeitenden kanadischen Bildhauers David Altmejd noch facettenreicher erscheinen. Seine Arbeiten sind von mitunter unüberschaubarem Detailreichtum, vielfältig in Gestalt und Material, aushärtende Knetmasse, Gips, Kristalle, Plexiglas, Metallfäden, synthetische Haare, Glasaugen, Polyesterfasern und Spiegel, Spiegel, Spiegel. Seine vollständig verspiegelt – wie geometrische Wucherungen – gestalteten Kolossal-Statuen, seine surrealen Labyrinthe oder belebten „Landschaften“, in deren Spiegeln man sich hundertfach selbst betrachten und einem gegenüber hineinsehenden Menschen zuwinken kann, all das hat auch Kinder neugierig gemacht und fasziniert. Es gab so viel zu entdecken, dass sie nur riefen: „Sieh mal, guck mal hier!“
Selbstspiegelung dank David Altmejd im MUDAM
Eine Ausstellung der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland widmet sich dem Phänomen „Zeichen – Sprache ohne Worte“ und ist nun, nach Bonn, Leipzig und Berlin, in einer um luxemburgische Beispiele ergänzten Version bis zum 3. Januar 2016 auch in Luxemburg zu sehen, und zwar im Historischen Museum der Stadt. Kleidungsstile, Handzeichen, Uniformen und Tattoos – überall in unserem Alltag begegnen wir Zeichen. Schon von Geburt an gehören zu Frauen und Männern jeweils spezifische, zeichenhafte Attribute: etwa die Farben Rosa und Blau.
Tattoos und Piercing sollen dem Körper Individualität verleihen. Ansichten aus der Ausstellung „Zeichen – Sprache ohne Worte“ im Geschichtsmusée, dem Historischen Museum der Stadt
Tattoos und Piercing sollen dem Körper Individualität verleihen. Herzen in Baumrinden und Vorhängeschlösser an Brückengeländern werden zu Zeichen ewiger Liebe. Auch die galante oder verführerische Konversation vornehmer Damen des 18. und 19. Jahrhunderts mit Hilfe ihrer Fächer wird nicht vergessen.
Mit rund 600 Fotografien, interaktiven Stationen, Medieninstallationen und Objekten beleuchtet die Ausstellung die Bedeutung nonverbaler Kommunikation in der Gesellschaft. Kinder dürfen anfassen, Türchen öffnen, Rätsel erraten, bewegen, so dass neue Ansichten entstehen.
Nationalmuseum für Naturgeschichte
Kindern wird ebenfalls das Nationalmuseum für Naturgeschichte gefallen mit dem Skelett des ersten Luxemburgers, einer Unmenge schönster Fossilien, perfekt zur Schau gestellter einheimischer, aber auch exotischer Tiere, der Tätigkeit von Vulkanen und den Kontinentalplatten, die, sich verschiebend, ein Erdbeben auslösen.
↑ Skelett des „ersten“ Luxemburgers, des „Loschbour-Menschen“, im Nationalmuseum für Naturgeschichte
↓ Nur eines von unzähligen Fossilien im Nationalmuseum für Naturgeschichte
↑ Dieses Diptychon von Albrecht Bouts (um 1495), so erklärt es die Kuratorin des Nationalmuseums für Geschichte und Kunst, konnten die Menschen ausleihen, zusammenklappen, unter dem Arm nach Hause tragen und zum Herrn und der Mutter Gottes beten, dass Unheil von ihnen ferngehalten werde oder was auch immer
↓ Blick auf die Orgel in der Kathedrale Notre-Dame
Weitere Museen lohnen, etwa das Nationalmuseum für Geschichte und Kunst, das Kunstmuseum Villa Vauban, das „Museum Dräi Eechelen“, benannt nach den drei goldenen Eicheln auf den Dächern der Burg Thüngen, das „Casino Luxembourg – Forum d’Art Contemporain“, das die „Museumsmile“ erfunden hat, die wie ein Lächeln aussehende Museumsmeile, verbindet man die sieben Museen auf dem Stadtplan. Fast jedes Museum hat sein eigenes, meist gut gefülltes Café, in dem man seinen Lunch mit Luxemburger Bier oder Wein einnehmen kann.
Grossherzoglicher Palast; die Stadtresidenz des Großherzogs hat eine der schönsten Fassaden der Stadt im Stil der flämischen Renaissance (16. Jh.). Die pracht- und prunkvollen Innenräume können im Sommer besichtigt werden
Kinder vor der Palastwache – das muss sofort fotografiert werden!
Jetzt hätte ich doch beinahe eine weitere Attraktion für die Kleinen – und immer noch und immer wieder für die Großen – vergessen: den mit den Armen schlenkernden und auf und ab gehenden Uniformierten samt Gewehr vor dem Großherzoglichen Palast, der etwa alle zwei Stunden durch einen anderen ausgetauscht wird. Wachablösung heißt das dann. Bei aller Digitalisierung, so etwas total Veraltetes bleibt wohl ewig bestehen.
Das gewaltige Fort Thüngen beherbergt das „Museum Dräi Eechelen“, benannt nach den drei goldenen Eicheln auf den Dächern der Burg. Dahinter das moderne MUDAM
Fotos: Elke Backert