documenta 13 in Kassel (7)
Die Eröffnungspressekonferenz
Um 12 Uhr sollte es losgehen, kurz nach 11 Uhr gab es kein Halten mehr, stürmte die Meute der Fotografen den Festsaal der Kasseler Stadthalle, seit einigem auf gut Neuhochdeutsch Kongress Palais genannt. Dann das lange Warten; aber irgendwer hatte eine tolle Idee: er stellte ein kleines gerahmtes Foto auf das Podium, genau in dessen Mitte vor den Platz, den demnächst documenta-Kuratorin Carolyn Christov-Bakargiev einnehmen sollte. Vielhundert Mal wurde das Bildchen fotografiert, das uns das Warten versüsste – über die Identität der Abgebildeten gab es natürlich keinerlei Zweifel.
Dann aber wurde es ernst: Die Pressekonferenz begann mit einer fünfminütigen Performance der Künstlerin Ceal Floyer, „Nägel kauen“ betitelt, sie schaute mal gelangweilt, mal verlegen in die Runde, die Füsse leicht nach innen gekehrt, ein Knabbern war zu vernehmen, wie es sich so anhört, wenn man eben Fingernägel kaut. (Kriegten wir das nicht damals als Kinder verboten
Dann aber endlich zog sie ein, fast sind wir versucht zu sagen mit ihrem „Gefolge“, und nach den üblichen Einführungsworten der Vertreter von Politik und Kultur hielt sie Hof: mit einer langen, verlesenen Ansprache an die – nach Presseberichten an die 2000 Teilnehmer umfassende – Medien-Gemeinde, eine lecture, wie sie es nannte, eine Vorlesung also, auch eine Predigt. Den Text ihrer dicken Kladde vorzutragen hätte wohl eine gute Stunde und noch einiges mehr an Zeit erfordert, weshalb sie, mit Schmunzeln, eine Vielzahl von Seiten ihres Manuskripts überblätterte, ein jedes Mal betonend „das überspringe ich jetzt“.
Alexander Farenholtz (Vorstand der Kulturstiftung des Bundes), Bertram Hilgen (Oberbürgermeister von Kassel), Carolyn Christov-Bakargiev, Bernd Leifeld (documenta-Geschäftsführer), Eva Kühne-Hörmann (Hessische Ministerin für Wissenschaft und Kunst)
Carolyn Christov-Bakargiev zur documenta 13: sie
– „widmet sich der künstlerischen Forschung und Formen der Einbildungskraft, die Engagement, Materie, Dinge, Verkörperung und tätiges Leben in Verbindung mit Theorie untersuchen, ohne sich dieser jedoch unterzuordnen
– wird von einer ganzheitlichen und nichtlogozentrischen Vision angetrieben, die dem beharrlichen Glauben an wirtschaftliches Wachstum skeptisch gegenübersteht. Diese Vision teilt und respektiert die Formen und Praktiken des Wissens aller belebten und unbelebten Produzenten der Welt, Menschen inbegriffen“.
„Das Rätsel der Kunst besteht darin, dass wir nicht wissen, was sie ist, bis sie nicht mehr das ist, was sie war.“
Vier Mal „CCB“ (wie die Kasseler Presse sie schon liebevoll nennt)
Carolyn Christov-Bakargiev und Bernd Leifeld
Abends dann die stilvolle Eröffnungsfeier in den Sälen des Kasseler Rathauses, musikalisch eingeleitet und begleitet vom „SchlagzeugEnsemble“ der Universität Kassel mit dem „Fanfarenzug Drum & Brass Kassel 1967“, der Formation „Casino Royal“ und der hinreissenden Damenband „sistergold“, die weit und breit gastiert und deren Auftritte allemal eine Reise an entsprechende Veranstaltungsorte wert sind.
FeuilletonFrankfurt wird in den nächsten Wochen in loser Folge einige Kunstwerke der documenta 13 vorstellen. Freuen Sie sich darauf!
(Fotos: FeuilletonFrankfurt)
→ documenta 13 in Kassel (1)
→ documenta 13 in Kassel (6)
→ documenta 13 in Kassel (8)