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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

documenta 13 in Kassel (8)

Der Schmetterlingsgarten von Kristina Buch

Vor Wochen noch ein verdächtiges Objekt vor dem Staatstheater Kassel, von einer undurchdringlichen weissen Plane verhüllt – jetzt wissen wir, was sich hinter ihr als eine Freilichtinstallation verborgen hatte: Kristina Buch hat eine wuchernde, blühende Vegetation einschliesslich des von den meisten Menschen ungeliebten Unkrauts, als da wären Brennesseln und Disteln, eingerichtet, die sich im Schutz der Umzäunung prächtig entfaltet hat. Sie wählte dazu Pflanzen aus, die ideale Nahrungs- und somit Lebensbedingungen für heimische Schmetterlingsarten gewährleisten. Die Künstlerin hat diesen sozusagen „Garten Eden“ mit den Puppen gezüchteter Tagfalter versehen, und demnächst werden diese Tiere das künstliche Biotop besiedeln und von Blüte zu Blüte schwärmen. Und was sehen wir nun bereits am zweiten Preview-Tag? Kristina Buchs Wünsche gehen in Erfüllung!

Ein Tagfalter in der Installation „The Lover“, 2012, von Kristina Buch auf dem Kasseler Friedrichsplatz

Eine Insel in den Wüsten der Stadt wie auch der sie umgebenden Zersiedelungen und landwirtschaftlichen Monokulturen, in der die Menschen der freien Entfaltung von Flora und Fauna keinen Platz mehr einräumen. Doch ein vergebliches Anrennen und Aufbäumen gegen Natur- und Umweltzerstörung, denn das Schicksal des kleinen Gartens mitten auf einem Wegekreuz vor dem Theaterkomplex dürfte allein schon im Blick auf diesen durchaus provokanten Standort nach Schluss der documenta besiegelt sein.

Die Kasseler Bevölkerung zeigte sich schon in den ersten documenta-Tagen begeistert von diesem – durchaus auch als ein solches verstandenem – „Kunstwerk“ in beiderlei Sinn. Und die Begeisterten beginnen zu erkennen, was Kuratorin Carolyn Christov-Bakargiev mit dieser documenta bewirken will in einer vom Homo oeconomicus beherrschten und deshalb von Zerstörung, wenn nicht Vernichtung bedrohten Welt. Eine wichtige Installation an einem prominenten Platz, die ihre Fortsetzung in der Documenta-Halle findet.

Dort ereilt uns ein kleiner Schock: eine lange Reihe auf Nadeln aufgespiesster Puppenhülsen von Insekten. Verlassene Zeugen einstiger Metamorphose; das, was bleibt, wenn uns die kleinen Luftgeister in Schmetterlingsgestalt längst verlassen haben.

Kontrast und Schock: Kristina Buch, „The Lover, 2012, leere Puppenhülsen und einhundert Tage“ (Ausschnitt), Documenta-Halle, Courtesy die Künstlerin

Kristina Buch, 1983 in Meerbusch geboren, studierte Biologie (mit Abschluss) sowie Evangelische Theologie und Kunst (M.A.). Die Künstlerin lebt in Düsseldorf.

(Fotos: FeuilletonFrankfurt)

 

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→ documenta 13

 

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