Blick in den Rückspiegel – Eine kleine subjektive Jahresrevue 2023
Was mir im Gedächtnis blieb
„Die Erinnerung ist das einzige Paradies, woraus wir nicht vertrieben werden können.“ Jean Paul
Über mangelnd gute und auch erfolgreiche Ausstellungen im zurückliegenden Jahr können sich die Frankfurter und Bewohner des Rhein-Main-Gebiets wahrlich nicht beschweren.
Petra Kammann hat es nicht geschafft, alles wirklich Sehenswerte zu besichtigen und zu besprechen. Nun hat sie eine subjektive Auswahl getroffen, erinnert an das, was sie besonders angesprochen hat. Beginnen wir also mit den in Frankfurt herausragenden, die Schönen Künste und die Fotografie betreffenden Ausstellungen, die sich bei ihr festgesetzt haben…
Blick ins Treppenhaus der Schirn, Foto: Petra Kammann
Zum Beispiel in der Schirn
Noch zu Anfang des vergangenen Jahres – Letzter Blick in die Chagall-Ausstellung in der Schirn, Foto: Petra Kammann
Lockte im Januar noch die im wahrsten Wortsinne fantastische und farbenfrohe Chagall-Ausstellung unter dem Titel „Die Welt in Aufruhr“ in die Ausstellungshalle Schirn, so wurde darin aber auch der sich verdunkelnde Himmel eines Lebens im Exil sichtbar. Aber für Chagall stirbt die Phantasie zuletzt. Diese Schau jedenfalls hat eine Viertelmillion Zuschauer in den Bann geschlagen.
Und gleich darauf ab Februar gab es in der selben Schirn auch schon ein weiteres Highlight, nämlich eine hochspannende und vielfältige Retrospektive der so provokanten eigenwilligen wie auch subversiven Künstlerin und Performerin Niki de Saint Phalle.
Blick in die Ausstellung, Foto: Petra Kammann
Niki überzeugte nicht etwa nur mit ihren weltberühmten farbig bemalten Skulpturen, den „Nanas“, sondern auch mit ihren spektakulären Schießbildern, die sie aus Protest gegen die männlich dominierte Kunstwelt abfeuerte. Nach dieser Art von Befreiungsakt feierte sie gleichzeitig den weiblich-rundlichen Körper in den verschiedensten Variationen.
Feiningers Enkel Conrad und Schirn-Kuratorin Ingrid Pfeiffer vor dem Selbstporträt des Künstlers, Foto: Petra Kammann
Ähnlich stark ist die Lyonel Feininger-Ausstellung angelegt, die seit Herbst läuft. Eine Retrospektive des Malers der kristallinen Architekturen mit seinen Hauptwerken wie Die Radfahrer (Radrennen) (1912), Selbstbildnis (1915), Zirchow VII (1918), Gelmeroda XIII (1936) oder Manhattan I (1940), aber auch mit weniger bekannten Arbeiten wie die erst vor einigen Jahren wiederentdeckten Fotografien des Künstlers, der zahlreiche Nachtaufnahmen rund um das Dessauer Bauhaus gemacht hatte. Inzwischen lebt sein Enkel, der eigens zur Eröffnung angereist war, just in Dessau-Roßlau.
Conrad Feininger beim Betrachten der Bauhaus-Fotos, Foto: Petra Kammann
Aber auch die ganz eigenen Frühwerke des Grafikers und politischen Karikaturisten, mit den humorvoll-grotesken Stadtansichten und karnevalesken Figuren lernen wir kennen, den der Bauhaus-Lehrer und Meister grafischer Techniken wie Zeichnung und Holzschnitt neben Kinderspielzeug geschaffen hat, vor allem seine zentralen und weniger bekannten Arbeiten, die in dem US-amerikanischen Exil, in dem er sich zunächst schwertat, entstanden. All das wird vorbildlich in Vermittlungsmaßnahmen eingebettet. Die Schirn bietet zur Ausstellung jeweils ein Digitorial® an und sie richtet sich mit fantasievollen Mitmachaktionen an die jüngeren und kleinsten Besucher. Schlicht vorbildlich!
Das Digitorial zur Ausstellung in der Schirn
Querverbindungen im Städel Museum
Hier im Traditionsmuseumstanker am Schaumainkai kann man immer wieder mühelos und dennoch nachhaltig in die Kunstgeschichte wie auch in die Gegenwartskunst eintauchen. Nehmen wir mal die italienische Kunst. Lief doch zu Beginn des Jahres gerade noch die Schau „Guido Reni. Der Göttliche“, die den missverstandenen, lange Zeit verdrängten und vergessenen einstigen Malerstar des italienischen Barock wieder auferstehen ließ. Er war in der Lage, die Schönheit des Göttlichen in Malerei zu übersetzen – gleich ob es sich um den christlichen Himmel oder die antike Götterwelt handelte.
Aber auch in der Dauerausstellung der Alten Meister ist es immer wieder eine große Freude zu flanieren und einzelne Gemälde zu begrüßen und sich von ihrer Schönheit verzaubern zu lassen wie zum Beispiel von Botticellis anmutigem „Bildnis der Simonetta Vespucci“ oder von der verführerischen „Flora“ des Venezianers Bartolomeo Veneto. Auch das sanfte Bildnis eines jungen Mannes mit rotem Berret von Tizian ist berückend schön.
„Italien vor Augen“ an verschiedensten Ort – hier als Hinweis auf die Ausstellung früher Fotografien, Foto: Petra Kammann
Ausstellungstechnisch werden solche Erlebnisse in einem Museum wie dem Städel immer wieder interessant verwoben und schaffen eine innere Kontinuität. So wurden im Februar die Besucher zu einer fotografischen Reise durch die Kulturstandorte Italiens eingeladen, die uns ganz unmittelbar – und das haben sicher auch jüngere Besucher entsprechend erlebt – „Italien vor Augen“ brachte. Bestens wurde die Ausstellung der „Fotografien ewiger Sehnsuchtsorte“ zwischen 1850 bis 1880 – allesamt übrigens aus der reichen hauseigenen Sammlung –präsentiert, geschickt mit nostalgischen Eisverkäufer- und Vespa-Motiven werbetechnisch verpackt. Da rückten einem die Szenerien von Bella Italia wie die Gondolieri in Venedig, der Schiefe Turm von Pisa oder die Altertümer Roms, die das Bild von Italien als Sehnsuchtsort prägten, einfach näher.
Auch „Herausragend“ für viele junge Menschen, die Relief-Ausstellung im Städel, Foto: Petra Kammann
Während der Umbauten der Gartenanlagen und der gründlichen Sanierung des Gebäudes war die Ausstellung, die während des Sommers lief, ebenfalls geschickt gewählt. Kaum ein anderes künstlerisches Medium fordert unser Sehen so heraus wie das Relief: Das macht es für die berühmtesten Künstlerinnen und Künstler, vor allem der Moderne, so reizvoll, gleich, ob Maler oder Bildhauer wie Rodin, Matisse, Gauguin, Picasso, Hans Arp – sie alle schufen auf ihre Weise im wahrsten Sinne des Wortes „Herausragende Kunst: Reliefs“ eben, zwischen der zweiten und dritten Dimension changierende Objekte. Entstanden war aus dieser Erkenntnis im Inneren des Hauses eine intime Schau, die zum genauen Hinschauen und Erleben des real oder eingebildeten Räumlichen anregte, nicht zuletzt beim Blick nach draußen in den neu gestalteten Skulpturengarten. Auf die Eröffnung der Dachterrasse im Frühjahr 2024 dürfen wir besonders gespannt sein.
Ausstellungsansicht „Holbein und die Renaissance“, Foto: Städel Museum – Norbert Miguletz
Was in Italien seinen Anfang nahm, entwickelten die Künstler nördlich der Alpen zu etwas völlig Neuem und Eigenem: Hans Holbein d. Ä., Hans Burgkmair und Hans Holbein d. J. Diese künstlerischen Schwergewichte gelten neben Albrecht Dürer als Wegbereiter einer neuen Kunst. Sie stehen seit dem Herbst im Mittelpunkt einer weiteren Städel-Ausstellung. Anknüpfend an Bilder der italienischen Renaissance verbinden sie den Norden und den Süden miteinander. Ausgangspunkt war dafür die Lage der Fugger- und Welserstadt Augsburg, eine Stadt des Handels und des Geldes, von der aus die Handelsrouten von Italien an die Ost- und Nordsee und an die Atlantikküste führten.
Der medienbewusste Kaiser Maximilian I. wollte aus der damaligen Weltmetropole, in der er Reichstage abhielt, nach dem Vorbild der Medici auch eine Stadt der Künste machen, natürlich mit anderem strengeren Akzent. Nahm der Maler Holbein zunächst vor allem die Neuerungen der niederländischen Malerei aus der Tradition Jan van Eycks auf, so orientierte Burgkmair sich stärker an der neuesten Kunst Italiens. Aus den wechselseitigen Beziehungen entstand schließlich die Malerei der „Renaissance im Norden“. Das verdeutlichen die insgesamt 180 Werke aus den bedeutendsten Museen Europas, zu denen nicht nur Gemälde gehören.
Hans Holbein d. J., Bildnis des Simon George of Cornwall, ca. 1535–1540 Mischtechnik auf Eichenholz Städel Museum, Frankfurt am Main, Public Domain
Hinreißend, wenn man neben der für ein paar Monate heimgekehrte „Holbein-Madonna“, auch alte Bekannte, sprich hauseigene Werke wiederentdeckt wie das so betörende Tondo mit dem „Bildnis des Simon George of Cornwall“ von Hans Holbein d. J., auf dem der junge elegante Mann der graziös der Dame des Herzens die rote Nelke entgegenstreckt, abgebildet ist.
Diese Ausstellung sollte man sich nicht entgehen lassen. Auch him Städel sind Überblicksführungen, Digitorials, Audioguides, Workshops, ein offenes Atelier für Kinder so angelegt, dass sie die Vielfalt des Programms unterstreichen.
Ein paar Häuser weiter im Museum Angewandte Kunst
Würdigung und Reue charakterisiert eine bemerkenswerte, die eigene Sammlung betreffende Ausstellung „Sammlung Maximilian von Goldschmidt-Rothschild“ des Frankfurter jüdischen Mäzens und Sammlers, dem die Stadt Frankfurt in der NS-Zeit übel mitgespielt und von dem sie und das Museum zunächst profitiert haben. Aber es war auch ein „Verlust für Aneignung und Bereicherung für das Museum für Kunsthandwerk“, so die Kuratorin Katharina Weiler. Denn so hieß das Museum Angewandte Kunst früher.
Der Rothschildpalais von vormals, Blick in die Ausstellung, Foto: Petra Kammann
Durch seine Vermählung mit der Rothschild-Erbin Minna Karoline Freiin von Rothschild im Jahr 1878 galt Maximilian von Goldschmidt-Rothschild (1843–1940) als wohlhabendsteste Einzelperson des Deutschen Reiches. Mit einem geschätzten Vermögen von 163 Millionen Goldmark war er seinerzeit sogar reicher als der deutsche Kaiser.
Zum Verkauf seiner wertvollen Sammlung von fast 1.400 Gegenständen hoher Handwerkskunst wie Trinkgefäße in Tierform, kleine Figuren aus Gold, zierliche Tischchen, prächtige Wandgobelins, das ein oder andere Gemälde, Skulpturen, Teppiche, Porzellan, Fayencen, Silber und kostbare Gläser war der Sammler und Mäzen gezwungen. Er musste diese Gegenstände weit unter ihrem tatsächlichen Wert veräußern. Maximilian Goldschmidt-Rothschild „durfte“nach der Pogromnacht 1938 seine liebevoll zusammengetragenen Stücke für rund 2,5 Millionen Reichsmark an die Stadt verkaufen, angeblich, um sie vor der Plünderung durch den Mob zu schützen, aber die Nationalsozialisten zwangen ihn aber außerdem auch noch, sein Grundstück samt Palais zu verhökern.
Blick in die Ausstellung, Foto: Petra Kammann
Zwar durfte der schon hochbetagte Sammler selbst noch, bis er 1940 verstarb, in der obersten Etage seines eigenen Palais zur Miete wohnen bleiben. Doch wurde seine liebevoll zusammengetragene Sammlung vor seinen Augen ausgeschlachtet – verteilt, verkauft oder auch verschachert. Einige Werke gingen an das Städel Museum, das Liebieghaus und das frühere Museum für Kunsthandwerk, die sich schon mit der Geschichte der Restitution beschäftigen, etliche andere Gegenstände aber sind heute in der Welt verstreut. Da gibt es noch einiges zu erforschen.
Über die Geschichte einzelner Gegenstände gaben in der Ausstellung dokumentarische Audio-Beiträge an Hörstationen Auskunft: Alte Briefe von Kunsthändlern, Museumsdirektoren und Bürgermeistern, die ihr jeweiliges Eigeninteresse betonen, wurden verlesen. Es gruselt einen zu erleben, wie jeder von ihnen bemüht war, ein möglichst großes Stück aus der bedeutenden Sammlung zu ergattern. In einem anderen Raum lagen endlos Listen aus, auf denen alle Sammlungsstücke erfasst worden waren – immer mit dem niedrig eingestuften Geldwert, versteht sich.
Auflistung der Gegenstände, Foto: Petra Kammann
Inszeniert wurde die Ausstellung mit vielen Leerstellen. Großaufgezogene Fotos an den Wänden sollten das ursprüngliche Palais Rothschild in Nähe der Oper in Erinnerung rufen, und es, bevor es leergeräumt war, zeigen. Die ausgestellten Stücke in den Vitrinen ließen sich teilweise auf den mit vollgestopften Kunstgegenständen Räumen der Villa im heutigen Rothschildpark, die im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde, wieder identifizieren.
Natürlich wirft eine solche Ausstellung Fragen auf, welche die rechtmäßige Geschichte des Museums ist. Schade, dass der Katalog, der eine lange Vorgeschichte hat, erst kurz vor Schließung der Ausstellung erschien. Dafür kann er heute als Nachschlagewerk für Restitution genutzt werden. Aber die Recherche lässt auch neue Rückschlüsse für ein grundlegend anderen Verständnis zu über das, was ein Museumszusammenhang überhaupt bewirken kann.
Vier vergessene Künstlerinnen im Jüdischen Museum
Blick in und durch die gebauten Atelierräume, Foto: Norbert Miguletz/ Jüdisches Museum
„Zurück ins Licht. Vier Künstlerinnen – Ihre Werke. Ihre Wege“. Diese bemerkenswerte, von Eva Atlan kuratierte Ausstellung war im Frühjahr im Jüdischen Museum zu erleben, in dem man in eine Art aufgebautes Atelier bei den vergessenen Frankfurter Künstlerinnen der Weimarer Republik eintreten und sich auf sie einlassen konnte.
Blick vom Inneren der eigens gebauten Ateliers nach Außen, Foto: Petra Kammann
Die vier Namen der in den 1920er Jahren kreativ erfolgreichen Frauen sollte man sich unbedingt merken: Rosy Lilienfeld, die Zeichnerin, Malerin und Holzbildhauerin, Amalie Seckbach, die Bildhauerin und Malerin, Erna Pinner, die Autorin, Zeichnerin und Illustratorin sowie die Malerin Ruth Cahn. Sie alle reüssierten als Künstlerinnen damals, gerieten jedoch nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten in Vergessenheit, ihre Karriere wurde jäh abgeschnitten, zwei von ihnen wurde in Konzentrationslagern ermordet: Rosy Lilienfeld 1942 in Auschwitz, Amalie Seckbach 1944 in Theresienstadt. Erna Pinner gelang die Flucht nach London, Ruth Cahn über viele Umwege nach Santiago de Chile, zum Schluss kehrte sie aus Heimweh nach Frankfurt zurück, konnte jedoch an ihrer früheren Karriere nicht mehr anknüpfen.…
Ruth Cahns Aquarell vom „Eintracht-Sportplatz Riederwald“ und vom „Bethmann-Weiher“, Foto: Petra Kammann
Ein großes Verdienst des ersten Jüdischen Museums im Nachkriegsdeutschland in Frankfurt, das seit seiner Gründung vor 35 Jahren systematisch Werke von jüdischen Künstlerinnen und Künstlern sammelt, ist es, im vergangenen Jahr diese vier Künstlerinnen wieder „Zurück ins Licht“ geholt zu haben und somit an der Renaissance einer verlorenen Generation mitzuwirken.
Barbara Klemm mit Frankfurt-Fotografien im Historischen Museum
Für die FAZ fotografierte Barbara Klemm von 1970 bis 2005 und machte für die Frankfurter Zeitung Schwarz-Weiß-Reportagen rund um den Globus. Doch blieb die wache sehende Zeitgenossin und Wahl-Frankfurterin immer geerdet und bescheiden. Über 60 Jahre lang zog die aufmerksame Beobachterin unauffällig mit der Kamera in der Handtasche durch die Stadt ihres Lebensmittelpunkts, um schnell reagieren zu können.
Barbara Klemm in ihrer Ausstellung, Foto: Petra Kammann
Hier spürte sie die politisch aufkeimenden Bewegungen und Protestaktionen, die ständigen, oft auch kleinen Veränderungen. Dabei hatte sie immer auch eine Auge für die „kleinen Leute“, für die Arbeit der Menschen, sei es in kleinen Handwerksbetrieben oder in Industriebetrieben, für Künstler und Schriftsteller ebenso wie für die begehrten Pop-Stars und Modeikonen. Mit ihrem Sinn für den richtigen Moment und die Atmosphäre drückte sie schnell und unauffällig auf den Auslöser machte. Das machte die Tochter des Künstlervaters Fritz Klemm aus den Bildern eine perfekte Komposition.
Historisches Museum: Direktor Jan Gerchow entwickelte mit Klemm ein schlüssiges Ausstellungskonzept, Foto: Petra Kammann
Die nach wie vor analog arbeitende Foto-Reporterin, die begnadete Künstlerin und Menschenfreundin zeigt derzeit im Historischen Museum ihre „Frankfurt Bilder“. Hier sind sie grandios nach Themen geordnet. Die Vielfalt der Motive wird durch die gleiche Rahmung gehalten und damit sichtbar. Barbara Klemm, ein Glücksfall für die Stadt!
Klemm-Fotos auch in der KfW-Stiftung präsent
Dass Barbara Klemm als politisch denkender Mensch einen Sinn für die Demokratie hat, versteht sich. Damit wurden ihre Bilder im Rahmen der Paulskirche-Gedenkfeier-Periode auch für die KfW-Stiftung interessant. In der Villa 102 an der Bockenheimer Landstraße entstand dort die Ausstellung „Tage der Demokratie“.
Barbara Klemm in der Villa der KfW-Stiftung mit dem Kfz-Team, Foto: Petra Kammann
Gezeigt wurden hier eine Bildauswahl, auf denen große und kleine demokratische Prozesse in Barbara Klemms Werk ablesbar sind: Aufbrüche in den Nachkriegsjahrzehnten, gesellschaftliche Protestbewegungen, Schlüsselmomente der deutschen Wiedervereinigung, die auf beispiellose Art unser Bildgedächtnis zur Republikgeschichte Deutschlands geprägt haben.
Kuratorin Daniela Leykam im Gespräch mit Barbara Klemm in der Villa 102, Foto: Petra Kammann
Kuratiert wurde die Schau von Daniela Leykam und der KfW-Stiftung in Zusammenarbeit mit Barbara Klemm selbst, die zu jedem ihrer Reportagefotografien eine eigene Geschichte zu erzählen hat. Und das ganz ruhig und in bescheidenem Ton.
Hier ein Film zu Barbara Klemms Arbeitsweise
Das Video befindet sich im Internet-Auftritt der KfW-Stiftung
Das FotografieForumFrankfurt
Eine besondere Kooperation gab es im Frühjahr auch im FotografieForumFrankfurt (FFF) zum Thema „Fire“ mit dem renommierten PRIX PICTET. Dabei ging es in den beeindruckenden Foto-Arbeiten der PRIX PICTET-FIRE-Fotograafen motivisch um Brände aller Art. Die PRIX PICTET- FIRE-Gewinnerin Sally Mann (USA) sowie die Shortlist-Fotokünstler *innen Joana Hadjithomas und Khalil Joreige (Libanon), Rinko Kawauchi (Japan), Christian Marclay (USA/CH), Fabrice Monteiro (Belgien/Benin), Lisa Oppenheim (USA), Mak Remissa (Kambodscha), Carla Rippey (Mexiko), Mark Ruwedel (USA), Brent Stirton (Südafrika), David Uzochukwu (Österreich/Nigeria) und Daisuke Yokota (Japan) waren im FFF präsent und gaben neue Impulse.
Isabelle von Ribbentrop, Executive Director beim Prix Pictet, vor einem der Werke der Preisträgerin Sally Mann, Foto: Petra Kammann
Die in Virginia geborene Preisträgerin, die Künstlerin Sally Mann, bekannt für ihre mit einer großformatigen Kamera entstandenen Fotografien, arbeitet mit beunruhigenden intimen und vertrauten Motiven. Nachdem sie 2001 vom Time Magazine zu America’s Best Photographer ernannt wurde, besuchte sie darüberhinaus qualifizierende Workshops und erweiterte ihre fotografische Arbeit über einen MA-Abschluss in kreativem Schreiben. Seitdem erforscht sie die Identität des amerikanischen Südens und ihre eigene Beziehung zu ihrem Herkunftsort. In ihrer Autobiografie Hold Still: A Memoir with Photographs (Little, Brown, 2015) wurde sie nicht nur von der Kritik hoch gelobt, 2005 wurde sie auch noch Finalistin bei den National Book Awards und gewann die Andrew Carnegie Medal for Excellence in Nonfiction. That’s another Story.
Abe Frajndlich strahlt trotz des komplizierten Schicksals Zuversicht aus, Foto: Petra Kammann
Echte „Masters of Light“ gab es im FotografieForumFrankfurt (FFF) auch in der Retrospektive „Abe Frajndlich. Chameleon“. Dort waren die teils skurrilen Bilder des Fotografen mit den hungry eyes anzuschauen: seine festgehaltenen, bisweilen surrealen Alltagsszenen in Metropolen wie New York. Seine experimentellen Arbeiten, seine Straßenfotografie mit teils komischen Szenen in den verschiedensten Ländern sowie seine Porträts großer Künstlerinnen und Künstler, wie die von Cindy Sherman, Leonard Cohen, Louise Bourgeois, Nancy Spero, Yoko Ono und Jack Lemmon mit dem gelben Pullover und den zwei Zitronen als Augen, aber ebenfalls inszenierte Bilder von Gordon Parks und Louise Dahl-Wolfe sowie Nudes-Fotos aus seinem emotionalen Buch Eros Eterna.
Gespräch über die Bedeutung von Heimat mit dem Autor Peter Stefan Jungk, Foto: Petra Kammann
Die von FFF-Chefin Celina Lunsford und Esra Klein (ebenfalls FFF) kuratierte Retrospektive spiegelte Stationen aus Frajndlichs zeitgeschichtlich bewegter Biografie, womit auch diese Foto-Ausstellung ein Beitrag des FFF zum 175. Paulskirchenjubiläum war. Eine fabelhafte Auswahl war im FFF präsent und die geballte Ladung eines heimatlosen, von der Migration geprägten Künstlers, der zu dem Schluss kommt: Das Leben ist lebenswert, vorausgesetzt, man hat Hoffnung und Kreativität, und man kann seine Identität in einer freien Welt ausleben.
Bleibt zu hoffen, dass dieser fundamentale Demokrat Abe Frajndlich keine aussterbende Spezies ist!
P.S. Ausführliche Besprechungen finden Sie in unserem Archiv