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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Picassos Druckgrafiken im Museum Ludwig

Hymne an den Eros

von Simone Hamm

Das Museum Ludwig zeigt Picasso. Und zwar die Grafiksammlung „Suite156“, die in den Jahren 1968 bis 1972 entstanden ist. Zehn Wochen vor Pablo Picassos Tod, im Januar 1973, hatte Louise Leiris in ihrer Pariser Galerie diesen Zyklus von erotischen Grafiken zum ersten Mal gezeigt: Er wurde Picassos Vermächtnis. 155 Radierungen sind erhalten und werden nun in Köln ausgestellt.

Pablo Picasso Suite 156 (Blatt 55) 23.5.1970 Radierung 41,4 x 47,8 cm Museum Ludwig, Köln  © Succession Picasso/VG Bild-Kunst, Bonn 2023 Reproduktion: Rheinisches Bildarchiv, Köln

Diese Druckgrafiken sind eine einzige Hymne an den Gott Eros.  Picasso zeichnet nackte, leidenschaftliche Frauen. Frauen im Zirkus, Frauen im Bordell. Sie spreizen ihre Beine, zeigen mit dunkel lackierten Fingernägeln auf ihre Vulven, ihre prallen Brüste. Manchmal gibt es einen männlichen Beobachter, der steht am Bildrand und guckt zu. Meist ist dieser Betrachter der Maler Edgar Degas. Etwa in der Grafik mit dem Titel „Frau mit Blumen und Porträt eines bärtigen Mannes, mit Degas im Profil.“

Es sind verspielte Bilder, die die Freude an Lust und Sex wiedergeben. Bilder voller Anspielungen auf Maler, die Picasso verehrte, etwa Rembrandt. Als Picasso diese hocherotischen Werke 1973 in Paris vorstellte, waren die Meinung gemischt. Die explizite Darstellung von Sex gefiel nicht jedem und jeder.

1968 war das Jahr, in dem die Studenten in Paris auf die Barrikaden gingen, eine Zeit des Umbruchs. Die Frauenbewegung wurde stark. Traditionen wurden hinterfragt. Um zu zeigen, in welchem Umfeld die Grafiken entstanden sind, hat Kuratorin Eboa Itondo keine Schautafeln errichten lassen. Sie hat einfach viele Kopien des Magazins „le torshon brulé“  an die Wände gehängt, das von aktivistischen Künstlerinnen aus dem mouvement de libération des femmes (MLF) herausgegeben wurde. Wer also will, kann eintauchen in die gesellschaftlichen Umstände, in die Zeit des Aufruhrs. Und wer das nicht will, kann die Zeichnungen, die die Leidenschaft feiern, einfach so betrachten.

Über Picasso und die Frauen, so Eboa Itondo, habe es schon so viele Ausstellungen gegeben, so viele Artikel und Bücher, das wollte sie nicht wiederholen. Sie will aber neben dem männlichen Blick auf die Frauen auch einen weiblichen zeigen.

Porträt Kuba Khademi, Foto: © Celine Bouquet

Drei Gouachen der afghanischen Künstlerin Kuba Khademi sind zu sehen. Die 1989 im afghanischen Ghor geborene Künstlerin, erlange Berühmtheit, als sie 2015 in einer silbernen Rüstung, die Po und Brüste grotesk betonte, ganze acht Minuten über die Straße lief. Nach der Performance „Armor“ musste sie ihr Heimatland verlassen. Sie wurde mit dem Tode bedroht. Heute lebt sie in Paris.

Kubra Khademi Donkey is proud of His Dick, 2023. Gouache auf Papier 75 x 50 cm,  Museum Ludwig, Köln © VG Bild-Kunst, Bonn 2023 Foto: Bertrand Michau 2023  Courtesy Galerie Eric Mouchet, Paris

Zwei ihrer Gouachen zeigen einen Esel mit riesigem Penis, eine nur den Penis. Es gibt ein persisches Bonmot: der Esel ist stolz auf seinen Schwanz. So ein stolzer Esel ist ein Angeber und Großsprecher. Und so sprechen afghanische Frauen untereinander über Männer und auch über Sex. Und dass sie es tun, zeigt, wie traditionell unser Bild einer afghanischen Frau ist. Bewusst hat sich die Kuratorin nicht nur für einen weiblichen Blick auf den Eros entschieden, sondern auch eine außereuropäische Sichtweise gezeigt.

Damit ist ihr eine runde Ausstellung gelungen.

Pablo Picasso Suite 156 mit Kubra Khademi

Museum Ludwig Köln

bis 4.2.2024.

Di-So 10-18h.

1. Do im Monat 10-22 h freier Eintritt.

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