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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Der Choreograf Marcos Morau und seine Gruppen „La Veronal“ bei Tanz.Köln

Starke Frauen gleiten durch die Zeiten

von Simone Hamm

Die neun Tänzerinnen der Kompanie „La Veronal“ tragen bodenlange, steife, grauschwarz gestreifte Röcke. Die Haare sind unter weißen Hauben versteckt. Sie gleiten darin schnell über die Bühne, scheinen zu schweben. Sie umkreisen ein großes Kreuz. Dazu erklingt Folkloremusik. Gesang, Trommeln.

Sonoma, Choreografie: Marcos Morau / La Veronal, Foto: Alfred Mauve

Stets tragen sie schwarz-weiße Kleider. Weiße, wenn sie einen Reigen tanzen wie junge Frauen vor urlanger Zeit. Schwarze, wenn sie die Gesichter verhüllen und zu Klageweibern werden.

Die Frauen gleiten durch die Zeiten, sind jung mit ihren Zopffrisuren, mütterlich mit den riesigen weißen Blumengestecken im Haar, uralt mit riesigen Köpfen aus Pappmasche. Sie sind keusch oder überbordend sinnlich. Eines sind aber die jungen wie die alten: stark und wütend. Sie begehren auf.

Eine leuchtende Decke hebt und senkt sich auf die Tanzenden. Die Tänzerinnen hängen sich Trommeln um und trommeln laut, geraten in Ekstase. Zulange waren sie gefangen im patriarchalischen und klerikalen System, zu lange haben sie ihre Wut unterdrückt.

Sonoma, Marcos Morau / La Veronal, Foto: Alex Font

Am schönsten sind die Momente, in denen sie mitten in ihren schnellen, ja ekstatischen Bewegungen plötzlich innehalten. Eingefrorene gemalte Bilder in schwarz weiß. Die Köpfe zur Seite gelegt, die spitzen Ellenbogen wie eine Waffe auf dem Rücken abgelegt.

Bei diesen atemberaubenden  Bildern hätte Choreograf  Marcos Morau aus Valencia es belassen sollen. Seine Botschaft, Frauen sind stark, unabhängig und können sich lösen von Kirche und Patriarchen wäre auch so angekommen. Aber er läßt die Tänzerinnen Beschwörungen aussprechen: „ Gesegnet seien die Armen, die Überlebenden der Kriege.“ oder: „Gesegnet seien die, die nicht an Gott glauben.“

Marcia Moran schickt eine Figur in Männerkleidung auf die Bühne. Sie hat keinen Kopf. Und also auch kein Hirn. Eine Tänzerin setzt ihm ein Licht auf den Hals. Ist er jetzt klüger geworden?

Einem Mann geht ein Licht auf, wenn die Frau es setzt.

 

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