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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Beitrag zum Lesefest „Frankfurt liest ein Buch“ in Neu-Isenburg

Der Film Das Mädchen Rosemarie im Iseborjer Kinno 

von Hannelore Kaus-Schwoerer

Zur Begrüßung in der Isenburger Hugenottenhalle gab Theo van Dieken vom Team der Kulturinitiative Iseborjer Kinno den 80 Anwesenden eine Einführung in den Film Das Mädchen Rosemarie (1958).

Der Film beschreibe Leben und Tod der Frankfurter Prostituierten Rosemarie Nitribitt in der Zeit des Wirtschaftswunders im Nachkriegsdeutschland als Satire, in der vor allem ihre aus Wirtschaft und Politik bestehende männliche Klientel in den Fokus genommen werde. Er sei ein Spiegelbild der durch Doppelmoral geprägten damaligen Bundesrepublik Deutschland.

Der nach Erich Kubys Roman Rosemarie. Des deutschen Wunders liebstes Kind und dem von ihm stammenden Drehbuch entstandene Film (Regie: Rolf Thiele) wirkte als Provokation, weshalb das Auswärtige Amt dessen Präsentation auf der Biennale von Venedig 1958 zu verhindern versuchte. Doch der Film fand große Anerkennung beim internationalen Publikum, das eine kritische Selbstreflexion der deutschen Gesellschaft darin zu erkennen glaubte, weshalb er mit zahlreichen Auszeichnungen bedacht wurde.

Insgesamt wurde der Kinofilm von 8 Millionen Menschen gesehen. Der Skandal, so van Dieken, sei nicht der Film über die 1957 unter ungeklärten Umständen ermordete Nitribitt, sondern dass der Mord bis heute nicht aufgeklärt worden sei.

Als Gast der Filmveranstaltung berichtete die Zeitzeugin Frau Beer, die Rosemarie Nitribitt als Verkäuferin im Geschäft Toni Schiesser in der Frankfurter Innenstadt persönlich bedient hatte, dass sie eine bescheiden und nett wirkende Frau gewesen sei.

Der in der Frankfurter Innenstadt, im als ‚Palast Hotel‘ bezeichneten Hotel Frankfurter Hof, in der Stiftstraße und in luxuriösen Taunusvillen gedrehte Film mit Nadja Tiller in der Hauptrolle und Gert Fröbe, Carl Raddatz und Werner Peters als ihren wohlhabenden und mächtigen Kunden, wirkt nicht zuletzt durch die die Handlung kommentierenden Gesangseinlagen eines (von Mario Adorf gespielten) Möchtegern-Zuhälters fast wie ein Brechtsches Lehrstück über die bundesrepublikanische Gesellschaft der 50er Jahre.

Die eigens wegen der Corona Auflagen in die geräumige Hugenottenhalle verlegte Veranstaltung wurde durch das Kulturamt der Stadt Neu-Isenburg finanziell ermöglicht. Die Kooperation der Stadt mit dem Frankfurter Lesefest Frankfurt liest ein Buch entstand durch Vermittlung der früheren Leiterin der Stadtbibliothek Jutta Duchmann vor zwei Jahren – eine glückliche Fügung, wie diese sonntägliche Film-Matinee zeigte.

 

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