Guido Zimmermann im Kunstverein Familie Montez
Von Erhard Metz
Heute gehen wir mit Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, in den Zoo! Wie – keine Lust? Sie wollen lieber zur Kunst? Auch gut! Dann gehen wir eben zu beidem: in den Kunstverein Familie Montez und dort zu Guido Zimmermann.
Affe mit Goldhelm, 2014, Öl, Acryl, Sprühfarbe auf Leinwand, Rahmen aus eigener Produktion, 100 x 70 cm
Ja, der Mann mit dem Goldhelm, Jahrhunderte lang und erst recht seit 1897, als der Kaiser Friedrich-Museums-Verein das Bild für die Berliner Gemäldegalerie erwarb, galt es als „echter Rembrandt“. 1986 kam dann das grosse Rembrandt-Erdbeben mit der Erkenntnis: Werkstattarbeit! Die Damen und Herren der Staatliche Museen zu Berlin machten lange Gesichter. Nun ist Guido Zimmermann ein ehrlicher Künstler und kein Beltracchi – so gab er unter dem Goldhelm einem Affen die Ehre.
Martinischreck, 2014, Öl, Acryl, Sprühfarbe auf Leinwand, Rahmen aus eigener Produktion, 135 x 95 cm
Ja, und die schreckhafte Gänsedame hier? Wir nahmen das Bild am 13. Dezember auf: das Martinsgans-Essen hatte sie also überlebt, aber was war an Weihnachten, endete sie nicht vielleicht doch noch im Gänsebräter?
Dass es sich bei dem Vorbild um die „Dame beim Tee“ des Pariser Malers Jean Siméon Chardin (1699-1779) handelt, wird sicherlich nicht jedem geläufig sein, zumal das Werk etwas abgelegen in der Hunterian Art Gallery in Glasgow hängt.
Die „Dienstmagd mit Milchkrug“ indes kennt wohl ein jeder, handelt es sich doch um eines der populärsten Werke des grossen holländischen Meisters Jan Vermeer van Delft (1632-1675). Wir begegneten Guido Zimmermanns gleich betitelter satirischer Adaption bereits im „alten“ ATELIERFRANKFURT in der Hohenstaufenstrasse. In seiner gegenüber dem Original aufgehellten Version hat er die Körbe neben dem Fenster gegen einen saftigen (Schweine?)Schinken ausgetauscht.
Dienstmagd mit Milchkrug, 2010, Öl auf Leinwand, 145 x 100 cm
Guido Zimmermann, 1978 geboren und an der Frankfurter Akademie für Kommunikation und Design examinierter Kommunikationsdesigner, arbeitet – wahrlich ein Allrounder – als freiberuflicher Illustrator mit Atelier und Werkstatt im ATELIERFRANKFURT, wobei sein Portfolio auch die Bereiche Lifestyle, Wandgestaltung, Scribble, Storyboard oder Produktgestaltung umfasst. Dass er darüber hinaus ein exzellenter Maler ist, wird niemand bestreiten wollen. Seine malerischen Fertigkeiten stellte er bereits als Graffiti-Künstler und Sprayer unter Beweis, und jeder Frankfurter kennt zumindest seine ideenreichen Darstellungen auf dem langen Bauzaun zur „Neuen Altstadt“ entlang der Braubachstrasse.
2005 entdeckte Guido Zimmermann, wie er schreibt, den Anthropomorphismus – das Zusprechen menschlicher Eigenschaften also etwa auf Tiere, will sagen deren „Vermenschlichung“. Dem Anthropomorphismus begegnen wir – wie bereits früher in den bekannten Fabeln – auch heute noch allüberall, nicht nur in Kinderbüchern und -fernsehserien und zahlreichen Comics für Jung und Alt. Zimmermann würzt ihn mit feinsinnigem wie oft bärbeissigem Humor. Meist werden Tieren menschliche Eigenschaften zugeschrieben, bei Zimmermann ist es eher umgekehrt: Agressivität, Eitelkeit oder Dummheit der Menschen werden veranschaulicht, indem er in seinen Arbeiten komplett gekleideten Menschen ein Tiergesicht aufsetzt. Wobei natürlich zuvor der Mensch seine eigenen mentalen wie charakterlichen Unzulänglichkeiten auf manche Tiere projiziert. Die „dumme Gans“ ist sicherlich gar nicht „dumm“ (Nobelpreisträger Konrad Lorenz und seine Gänse lassen grüssen), und Gänse waren es, die, gemäss Livius, einst Rom vor dem Vormarsch der Gallier retteten und deshalb auf dem Kapitol als heilig verehrt wurden. Will uns Zimmermann solches lehren und uns den Spiegel vorhalten?
Herrlich sein „Napoleon“ als – zunächst siegreicher und dann geschlagener – Feldherr. Ihm liegt jedoch kein historisches Gemälde zugrunde, ebensowenig dem „heiligen“ Hund: Es sind freie Kompositionen des Künstlers.
↑ Napoleon, 2012, Öl auf Hartfaserplatte, 71 x 61 cm
↓ Holy Dog, 2010, Öl auf Hartfaserplatte, 70 x 50 cm
Das „Starstück“ finden wir im Toilettenvoraum: eine prächtige Wandmalerei – „al fresco“? Sie begeisterte uns derart, dass wir vergassen, in die dahinterliegenden Etablissements zu schauen, ob da nicht auch noch sehenswerte Überraschungen zu finden seien. Nun, wie die beiden Hündinnen heissen, ist längst klar – siehe unser Adventsrätsel.
Und was ist mit der Vorlage? Ein Gemälde von Franz Xaver Winterhalter (1805-1873), dem seinerzeit europaweit wohl berühmtesten Hof- und Adelsmaler, es zeigt die Kaiserin Eugénie (de Montijo, Ehefrau Napoléons III.) mit Napoléon Eugène Louis Jean Joseph Bonaparte (dem Kaiserlichen Prinzen von Frankreich) auf den Knien.
Und nun das, mit Rap und Gabi! Hoffentlich führt es nicht zu diplomatischen Verwicklungen!
Was gibt es noch in diesem Zusammenhang zu berichten? Ach ja, Franz Xaver Winterhalter verstarb, wie erwähnt im Jahr 1873, in Frankfurt am Main, sein wunderschönes Grabdenkmal mit einem Trauerengel auf dem Epitaph finden wir auf dem Frankfurter Hauptfriedhof.
Und auch dies: Guido Zimmermann, ein künstlerisches Multitalent, stellt im Kunstverein Familie Montez in den Bögen der Honsellbrücke noch eine weitere sehr sehenswerte Serie von fünf neuesten, gänzlich anders gearteten Arbeiten aus: „Fighters“. Bitte hingehen und anschauen – und anschliessend gibt es dort Kaffee und Kuchen!
Das neue „Familie Montez“
Ausstellung „DREI“: Kai Teichert, Jens-Ole Remmers, Guido Zimmermann, Kunstverein Familie Montez, bis 18. Januar 2015
Abgebildete Werke © VG Bild-Kunst, Bonn
Fotos: Erhard Metz
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