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FeuilletonFrankfurt

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PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Deutsch-französische Beziehungen: Feierliche Verleihung des Prix AbiBac

Die 7. Edition des „Prix AbiBac“ fand diesmal im Düsseldorfer Rathaus unter der Schirmherrschaft von OB Geisel statt. Eine ganz besondere Feier mit lauter Überraschungen…

Von Petra Kammann

Bislang wurde er zur Eröffnung des Frankreichfestes verliehen, der Prix AbiBac, bei dem die besten AbiBac-Schüler/innen des Luisen-Gymnasium und des Lycée Français ausgezeichnet werden. In diesem Jahr aber hatte erstmals der frankophile Düsseldorfer Oberbürgermeister Thomas Geisel die Feiergäste in den Jan-Wellen-Saal des Rathauses eingeladen.

Gelöst heitere Stimmung beim Empfang des Oberbürgermeisters Thomas Geisel

Man muss schon ganz schön büffeln, um das AbiBac – eine Symbiose aus dem deutschen Abitur (Abi) und französischen „baccalauréat“ (Bac) zu bestehen. Aber es lohnt sich. In den AbiBac-Klassen werden nämlich zum intensivierten Französischunterricht zusätzlich zwei Sachfächer in französischer und deutscher Sprache unterrichtet und geprüft. Mit Geschichte, Erdkunde oder Politik in der Fremdsprache ist das AbiBac zwar anstrengender als das ‚normale’ Abitur. Dafür wird es aber auch in beiden Ländern als vollwertige Hochschulreife anerkannt und bietet später bei der Jobsuche so manchen Vorteil. Ein Atout bei den Bewerbungen ist es allemal, wie einige Schüler als auch deren Eltern in der Pressekonferenz berichteten. Denn für viele international aufgestellte Firmen ist Völkerverständigung auch eine wichtige Voraussetzung für wirtschaftlichen Erfolg.

Pressekonferenz mit Schülern im Rathaus, Foto: Uwe Kammann

Natürlich beherrschen die von den AbiBac-Schulen vorgeschlagenen Abiturient/innen  die jeweils andere Sprache in Wort und Schrift. Das ist gewissermaßen die Voraussetzung für das Bestehen des AbiBacs. Und doch weiß man nicht, ob sich das nicht nur auf das schulische Pensum bezieht. Ob die Schüler aber wirklich souverän auch auf außerschulische Kontexte sprachlich angemessen reagieren können, das möchte die unabhängige Jury des Deutsch-Französischen Kreises dann nochmal etwas genauer wissen. Haben die Kandidat/innen etwas von der anderen Kultur begriffen und können sie es weiter vermitteln?

Dazu werden sie eigens zu einer schriftlichen „Prüfung“ und einem anschließenden Gespräch eingeladen, bei der sich die Jury ein Bild von der jeweiligen Persönlichkeit machen kann. Für die Juroren ist nämlich entscheidend, dass die Jugendlichen auch ihre interkulturellen Fähigkeiten unmittelbar darlegen können. Kommunikation tut eben auch in einem starken Europa not. Die neue Europakommissarin Ursula von der Leyen ist das beste aktuelle Beispiel dafür, was es bedeutet, wenn man verschiedene Perspektiven aufnehmen kann.

OB Thomas Geisel hielt eine persönlich engagierte Rede, Foto: Petra Kammann

Oberbürgermeister Thomas Geisel betonte in seiner Ansprache, dass in seiner Familie durch seine Eltern schon früh in den 1950er-Jahren Verbindungen und Freundschaften nach Frankreich geknüpft wurden: „Das war so kurz nach dem Krieg  alles andere als selbstverständlich“.  Diese familiäre Nähe zum Nachbarland habe ihn auch später geprägt. Es war für ihn eine Herzensangelegenheit.

Zwei Tage später wurde Geisel vom französischen Präsidenten zum Ritter im Nationalen Verdienstorden ernannt. Mit dieser Auszeichnung, die von der französischen Botschafterin Anne-Marie Descôtes übergeben wurde, werden besondere Verdienste gewürdigt, die im öffentlichen Dienst, im zivilen, im militärischen oder im privaten Bereich geleistet wurden.

Der frisch gegründete Deutsch-Französische Chor Düsseldorf sorgte für musikalische Aufbruchstimmung

Umso schöner auch, dass diesmal bei der AbiBac-Feier der gerade gegründete Deutsch-französische Chor des Deutsch-Französischen Kreises (DFCD) – etwa zu gleichen Teilen aus französischen und deutschen Staatsbürgern bestehend – unter der kundigen Leitung von Valerie Ludwig „Vois sur ton chemin“ sang und zum Abschluss der feierlichen Verleihung durch Oberbürgermeister Thomas Geisel, DFK-Präsidentin Ariane Bommers sowie Mark-Alexander Schreiweis  (Institut Francais) die„Hymne européen“ – , eine auf beiden Sprachen gesungene Version von Beethovens „Ode an die Freude“, an der dann auch die anderen Teilnehmer mitsummen oder schüchtern mitsingen konnten.

Erster offizieller Auftritt der neuen DFK-Präsidentin

Neu war in diesem Jahr auch die frisch gekürte Präsidentin des Deutsch-Französischen Kreises, Ariane Bommers, die nach einer Interimszeit mit einem gemischten deutsch-französischen Doppel aus den Stellvertretern Claus Gielisch und Dominique Genton an der Spitze des DFK, die Nachfolge des plötzlich verstorbenen Präsidenten Dr. Cornelis Canenbley übernommen hatte.

Ariane Bommers neben Juryvorsitzender Petra Kammann (li) und Geschäftsführerin Christiane von der Groeben (re) in der Pressekonferenz im Gespräch mit dem Schuldezernenten Stadtdirektor Burkhard Hintzsche(li), Foto: Uwe Kammann

Die Kinder der gestandenen französischen Juristin, die u.a. am Gerichtshof in Den Haag und in Paris arbeitet und seit vielen Jahren mit einem Deutschen verheiratet ist, hat sie ebenfalls das AbiBac machen lassen, was für die Eltern auch mit gewissen Anstrengungen verbunden gewesen sei. Aber auch ihre Töchter profitieren heute beruflich davon. Eine der Töchter arbeitet derzeit als Journalistin bei ARTE. Spannend wird ein Alumni-Treffen der ehemaligen Preisträger im Deutsch-Französischen Kreis sein, wenn man erfährt, was aus ihnen geworden ist.

Die Finalisten beider Gymnasien v.r.n.l.: Alexandre Schmalhorst, Johann Immanuel Kalenberg, Viana Wassong, Rébecca Mathiot und Moritz Schaefer, die Schulleiterinnen Magali Durand-Assouly, Lycée Français (4. v.links), Gabriele Patten, Luisen-Gymnasium (3. v. rechts), sowie die neue Präsidentin des Deutsch-Französischen Kreises Ariane Sommers (Mitte), Foto: Petra Kammann 

Der erste Preis (300 €) ging in diesem Jahr an Rébecca Mathiot (Luisen-Gymnasium), der zweite Preis (200 € ) an Vaiana Wassong (Lycée Français) und der dritte Preis (100 €) an Johann Immanuel Kalenberg (Lycée Français). Nominiert wurden außerdem Moritz Schaefer (Luisen-Gymnasium) und Alexandre Schmalhorst (Lycée Français).

Stéphane Hessel (1917 – 2013)  im DFK( Mitte) mit Dr. Cornelis Canenbley+ (li), Christiane von der Groeben (li) und Institut Français-Leiter Pierre Korzilius (re), Foto: Petra Kammann

Als Erinnerung an die Preisverleihung erhielten alle nominierten Schüler(innen) den dreisprachigen Gedichtband von Stéphane Hessel „O, ma mémoire“ aus dem Grupello Verlag. Stéphane Hessel, der humanistische französische Diplomat, Lyriker, Essayist, Résistance-Kämpfer und KZ Buchenwald-Überlebender, der mit seinen Büchern „Empört Euch!“ und „Engagiert Euch!“ zahlreiche Jugendliche angezogen hat, war u. a. 2012 auch im Deutsch-Französischen Kreis zu Gast.

Die Preisträgerin Rébecca Mathiot; Foto: Petra Kammann

Und hier nun die Dankesrede der ersten Preisträgerin Rébecca Mathiot (Luisen Gymnasium),

Meine Damen und Herren,  Mesdames et messieurs,

seit fünf Jahren spielen die Sprachen Deutsch und Französisch eine wichtige Rolle in meinem Leben. In folgenden Bereichen begegne ich den Sprachen:
– Zunächst zu Hause: Französisch ist die Sprache meiner Familie, die meines Geburtslandes und die Sprache, die ich zum Rechnen oder zum Fluchen nutze.

– Dann in meiner direkten Umgebung: Deutsch ist die Sprache eines Großteils meiner Freunde, die Sprache meiner Hobbys, die Sprache, die ich mit meiner Zeit als Jugendliche verbinde und die Sprache, in der ich mich mittlerweile entschuldige, wenn ich jemanden versehentlich in der Bahn schubse.

– Zuletzt in der Schule: In der Oberstufe am Luisen-Gymnasium habe ich Deutsch und Französisch als Leistungskurse gewählt. Die Literatur beider Länder hat mich also eine lange Zeit begleitet, genauso wie die Geschichte Frankreichs und Deutschlands, im Rahmen des bilingualen Unterrichtes, in den drei letzten Jahren.

So sind Deutsch und Französisch mein sprachliches Zuhause. Ich habe in beiden Ländern ein heimisches Gefühl, kann mich mit beiden Kulturen gut identifizieren und spreche auch gerne beide Sprachen.
Auf meinem Nachttisch liegt sowohl Goethes „Faust“ als auch „La punition“ von Tahar Ben Jelloun, in meinem CD-Regal findet man sowohl bretonische Musik als auch Beethovens Sinfonien und im Schrank liegt eine französische und eine deutsche Fahne, um beide Mannschaften unterstützen zu können.

Diese deutsch-französische Intensiverfahrung, sowie die drei Jahre im AbiBac-Kurs werden mir in meinem künftigen Studium sehr behilflich sein. Ich werde ab September in Nancy, auf dem deutsch-französischen und europäischen Campus der SciencesPo studieren.

Das Erleben zweier Kulturen kann in diesem Kontext nur eine Chance sein, wenn es darum geht zu verstehen, welche Verbindungen zwischen den Nachbarländern bestehen. Denn die deutsch-französische Freundschaft ist nicht nur ein politischer Vertrag, oder eine kommerzielle Vereinbarung.

Die deutsch-französische Freundschaft lebt durch Schülerinnen und Schüler, die sich für AbiBac entscheiden. Die deutsch- französische Freundschaft lebt durch bilinguale Studiengänge, die als Ziel das Verständnis und die Entwicklung der Beziehung zwischen beiden Ländern hat. Die deutsch-französische Freundschaft lebt durch lokale Initiativen, gefördert von Verbänden wie dem deutsch-französischen Kreis. Und die deutsch-französische Freundschaft lebt durch eine gemeinsame Geschichte, die wir jetzt weiterführen müssen.

Ich möchte mich zum Schluss dieser kurzen Ansprache bei dem deutsch-französischen Kreis für diesen ersten Preis bedanken. Es bedeutet mir sehr viel, mit dieser Anerkennung Teil der großen deutsch-französischen Familie sein zu dürfen. Danke auch für die schönen Aktionen, wie der AbiBac-Preis, zugunsten der deutsch-französischen Freundschaft. Ich bedanke mich auch bei Frau Kammann für die tolle Organisation des Preises und dieser Veranstaltung.

Ein großes Dankeschön geht natürlich auch an die Stadt Düsseldorf und an den Oberbürgermeister Thomas Geisel für die Einladung, hier im Rathaus.

Zu guter Letzt möchte ich mich bei meinen AbiBac-Lehrerinnen Frau Lützler und Frau Tschamler bedanken, denn es heißt nicht umsonst „AbiBac-Preis“. Die Motivation und die Freude, die Sie beim Unterrichten ausstrahlen, haben mich definitiv geprägt. Durch bilinguale Stunden wie Ihre ist mir noch deutlicher geworden, wie wichtig es ist, Sprachgrenzen zu überschreiten und verschiedene Kulturen und Geschichten zu kennen.

Pour votre aide, votre bienveillance et vos nombreux enseignements, merci mille fois! Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

 

Die Jury des Prix AbiBac besteht aus den beiden Präsidiumsmitgliedern des Deutsch-Französischen Kreises: der Juryvorsitzenden Petra Kammann (Romanistin, Dozentin und Kulturjournalistin) und Prof. Dr. Bernd Kortländer (ehem. Stellvertretender Leiter des Heinrich-Heine-Instituts) sowie dem Attaché für Sprache und Bildung für Nordrhein-Westfalen am Institut Français in Düsseldorf, Marc- Alexander Schreiweis. An der mündlichen Prüfung nahmen DFK-Geschäftsführerin Christiane von der Groeben sowie Vizepräsident Dominique Genton teil.

weitere Infos unter:

www.dfkdus.de

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