Graue Welt der Bürotürme, rote Welt der Liebe
Dieser Kuss der ganzen Welt
von Simone Hamm
Das Ballet am Rhein in Düsseldorf tanze die Uraufführung von Dominique Dumais Choreografie „A Kiss to The World“
„Seid umschlungen, Millionen! Diesen Kuss der ganzen Welt!“heißt es in Schillers Ode an die Freude. „Seid umschlungen, Millionen! Diesen Kuss der ganzen Welt!“ singt der Chor in Beethovens Vertonung. Gastchoreografin Dominique Dumas hat die Kusszeile als Anlass für ein abendfüllendes Ballett genommen. „A Kiss to the World“ wurde an der Düsseldorfer Oper uraufgeführt.
Im ersten Teil treten Tänzer und Tänzerinnen in grauen Anzügen auf. Das Bühnenbild (Tatyana van Walsum) ist in puristischem Grau gehalten. Fenster. Bürohäuser. Die Tanzenden haben sich einen Schutzpanzer zugelegt, sie trauen sich nicht, Gefühle zu zeigen.
Das sind großartige Szenen des Corps de Ballett, hinter der Kühle ist die Leidenschaft zu spüren. Sie tanzen voller Kraft, sind extrem genau. Sie sind eine Einheit, aber sie tanzen nicht zusammen, haben selten Kontakt zueinander. Sie schneiden Grimassen, sie schreien, dann und wann brechen ein, zwei Tänzer aus.
Es wird übers Küssen gesprochen wie über eine Wissenschaft, über die Krümmung der Lippen, die Beugung des Halses. Für eine ganz kurze Zeit fliehen sie aus ihrem Panzer, laufen unter weißen, herabhängenden Tüchern umher. Paare suchen, finden sich.
Musikalisch kennt Dominique Dumais keine Tabus, verbindet die zeitgenössische Musik von Aleksandra Vrebalov mit Opernmusik, mit Pop, Klassik (musikalische Leitung: Katharina Müllner/Jason Tran). Die Düsseldorfer Symphoniker spielen mit Verve.
Den ganzen Abend über gibt es hinreißende Pas de Deux: Edvin Somai und Doris Becker und Daniele Bonelli und Futaba Ishizaki tanzen hingebungsvoll, nehmen sich in den Arm, schauen sich an und ganz langsam beginnen sie, sich zu küssen.
Pulsierendes Blut wird auf den Vorhang projiziert. Im zweiten Akt ist alles rot: das Licht (Bonnie Beecher), die Kostüme, das Bühnenbild Tatyana van Walsum). Es gibt keine Bürohäuser mehr, nur Laub und Bäume, Natur. Blätter rieseln herab: Verliebte Paare treffen sich, küssen sich. Die Liebe siegt.
Das alles ist ein wenig melodramatisch und am Schluss, als Händels Sarabande aus der Suite Nr. 4 erklingt, schrammt es haarscharf am Kitsch vorbei. Etwas vom Grau des ersten Aktes hätte gut getan.
A Kiss to the world wird aufgeführt im
Opernhaus Düsseldorf am:
Do 8.2. 19.30 Uhr
So 11.2. 18.30 Uhr
Sa 17.2. 19.30 Uhr
So 18.2. 15.00 Uhr
Fr 23.2. 19.30 Uhr
Sa 24.2. 19.30 Uhr