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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Zukunft der Städtischen Bühnen

Neubau statt Sanierung. Die Kulturdezernentin legt sich bei Theater und Oper in Frankfurt fest. Jetzt beginnt die Auseinandersetzung um Modelle, Standorte und Grundfragen

Von Uwe Kammann

Pressekonferenz mit Kulturdezernentin Ina Hartwig und Stabsstellenleiter Michael Guntersdorf, Foto: Uwe Kammann

Die Karten liegen jetzt auf dem Tisch. Völlig unklar ist allerdings, wie das Spiel ausgeht, das jetzt in den Händen der Koalititionsparteien der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung liegt. Sprich: Zwar sind die Varianten zwischen Sanierung und Neubau von Oper und Schauspiel in Frankfurt – vereint in der berühmt-berüchtigten Theaterdoppelanlage – nun von der „Stabsstelle Zukunft der Städischen Bühnen“ nach bestem Wissen und Gewissen bis auf die erste Kommastelle nach den gewaltigen Millionenbeträgen berechnet…

Doch welche Schlussfolgerungen die maßgelblichen Stadtpolitiker daraus ziehen, ist fraglich. Ebenso, ob sie das noch vor den Kommunalwahlen im nächsten Frühjahr tun. Wobei offen wäre, wieweit sie bis Ende nächsten Jahres, nach der neuen kommunalpolitischen Sortierung sich zu einem tragfähigen Entschluss durchringen könnten.

Klar ist lediglich, dass derzeit SPD, Grüne und CDU in ganz verschiedene Richtung laufen bei einem Projekt, dass – so oder so – in Richtung eine Milliarde Euro marschiert und im günstigsten Fall rund 803 Millionen Euro an Investitionskosten erfordert wird, alle Einzelposten zusammengenommen. Sie wären für eine Variante mit zwei eigenständigen Neubauten notwendig, bei vorübergehender Interimsspielstätte für das Schauspiel. Würden bei Häuser wieder als gemeinsame Doppelanlage errichtet, fielen knapp 875 Millionen Euro an. Das wäre immer noch weniger als die Variante einer „verbesserten Sanierung“, die nach den Berechnungen auf gut 918 Millionen Euro käme.

Für die Kulturdezernentin Ina Hartwig ist die Schlussfolgerung aus den Berechnungen der Stabsstelle klar und eindeutig: auf jeden Fall soll für Schauspiel und Oper komplett neu gebaut werden, um eine wirtschaftlich und funktional zukunftsträchtige Lösung zu bekommen. Eine Sanierung verbessere die Grundsituation nicht, führe nicht in die Zukunft. Auch zur Wahl des Ortes hat sie eine klare Präferenz, wie sie am 23. Januar bei der Vorstellung des Zahlenwerks der beim Kulturdezernat angesiedelten Stabsstelle sagte: Mindestens ein Haus müsse am angestammten Willy-Brandt-Platz bleiben, das andere – wenn es zu zwei eigenständigen Bauten komme – solle städtisch zentral gelegen sein, in einem Planungsbereich von den Wallanlagen bis zum Bockenheimer Depot.

Die Kulturdezernentin wirbt für den Neubau, Foto: Uwe Kammann

Genau hier wird der Knackpunkt liegen. Denn die CDU hat eine völlig andere Lösung im Blick: Wegzug der beiden Bühnen von diesem zentralen Platz der Stadt, zugunsten eines Neubaumodells (möglichst in Verbindung beider Häuser) im Osthafen, auf einem Grundstück, das derzeit vom Fliesen- und Sanitär-Großunternehmen Raab-Karcher genutzt wird, mit einem Pachtvertrag bis 2028 für das gut 25.000 Quadratmeter große Grundstück. Das jetzige Bühnengrundstück am Willy-Brandt-Platz soll nach CDU-Vorstellungen an Investoren verkauft werden – und damit auch eine Finanzierungstranche für den Theaterneubau herausspringen lassen. Neben dem favorisierten Osthafen sind für die Christdemokraten im Stadtparlament noch der Kulturcampus in Bockenheim und ein Grundstück der Frankfurter Sparkasse (am scharfen Knick der Neuen Mainzer Straße) zumindest denkbare Optionen.

Wie passt das alles zusammen? Eigentlich gar nicht. Schon lange nicht, wenn man die Raab-Karcher-Variante mit den Zeitachsen des Vorhabens vergleicht. Auf gut zehn Jahre veranschlagt der Leiter der Stabsstelle, Michael Guntersdorf, die Zeitspanne für die Realisierung eines Neubauvorhabens: von der poltischen Grundentscheidung über die Planung und Ortsbestimmung, weiter über den notwendigen internationalen Architektenwettbewerb, die dann folgenden europaweiten Ausschreibungen, die materiellen Bauarbeiten bis hin zur Schlüsselübergabe. Im besten Fall, so Guntersdorf jetzt vor der Presse, schaffe man das noch in diesem Jahrzehnt. Vorausgesetzt, die politische Grundsatzentscheidung falle schnell.

Aber daran – siehe den geschilderten Dissens – glaubt eigentlich keiner. Obwohl die Diskussion in der Sache weder in der jetzigen noch in der folgenden Legislaturperiode vollständig anders aussehen kann. Wobei das Raab-Karcher-Area schon in der Sache quersteht: eben, weil es noch bis 2028 blockiert ist, mit einer Option für weitere fünf Jahre; die Firma aus dem Pachtvertrag „herauszukaufen“, würde kein billiges Vergnügen. Und den Ertrag des CDU-Verkaufsmodell am Willy-Brandt-Platz wahrscheinlich neutralisieren.

Jetzt machte die Kulturdezernentin, in der Argumentation unterstützt von Michael Guntersdorf, ihre Position unmissverständlich klar: dort nicht, auf keinen Fall. Die Gründe liegen auf der Hand: ein miserables städtebauliches Umfeld, keine Erschließung, keine Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr, eine große Entfernung zum Zentrum der Stadt – dort, wo nach Hartwig das „kulturelle Herz“ schlagen sollte, wie traditionell in den meisten europäischen Städten.

Zu den von ihr bevorzugten Standorten für den möglichen Bau eines eigenständigen Hauses machte sie nur vage Angaben („möglichst unmittelbare Nachbarschaft“). Aber es ist offenkundig: Die beste und städtebaulich sinnvollste Variante wäre es, Oper und Schauspiel am Willy-Brandt-Platz gegenüberzustellen. Mit der Oper am jetzigen Platz und dem Schauspielhaus gegenüber, dort, wo sich jetzt das gigantische Euro-€ dreht, neben dem inzwischen im Sockelbereich so tristen ehemaligen BfG-Hochhaus, das nach dem Interim mit der EZB jetzt die Bankenaufsicht BaFin beherbergt, total abgekapselt vom Willy-Brandt-Platz. Für ein Schauspielhaus, so Guntersdorf zu FeuilletonFrankfurt, wäre das Grundstück ausreichend, für den Platzbedarf der Oper hingegen nicht.

Das große Aber bei einer solchen attraktiven optischen Verbindung von Schauspiel und Oper: mit diesem Bauplatz würde das Wallservitut an dieser Stelle berührt, mit dem die Wallanlagen vor einer Bebauung geschützt werden sollen. Dass es bereits Ausnahmen gibt, von der Alten Oper bis zum Stadtbad Mitte, weiß jeder. Ob aber angesichts des tiefgrünen Zeitgeistes sich die Parteien hier auf eine weitere Ausnahme einlassen könnten, ist fraglich, vor allem die Grünen selbst hätten wahrscheinlich innerlich und äußerlich sehr zu kämpfen. Obwohl sie sich noch vor der jetzigen Präsentation des Kulturdezernats sehr entschieden für den Willy-Brandt-Platz als Theaterort eingesetzt hatten.

Michael Guntersdorf und Planungsdezernent Mike Josef, Foto: Uwe Kammann

Guntersdorf, das ließ er am Rande durchblicken, würde diese Lösung mit dem Gegenüberstellen der beiden Häuser gerade auch aus städtebaulichen Gründen reizvoll finden. Zweitbeste Option sei wahrscheinlich der Platz am Bockenheimer Depot, dort, wo sich jetzt die Universitätsbibliothek befindet. Deren Bücherinhalt soll ja in einigen Jahren auf den Westend-Campus der Uni wandern. Doch der Bau selbst, entworfen vom Bauponier Ferdinand Kramer, steht als Zeugnis für die damalige Auffassungen unter Denkmalschutz; und er hat immer noch eine wirkmächtige Lobby, die den bescheidenen Funktionalismus vorbildlich findet und den ästhetisch mehr als fragwürdien Bau wahrscheinlich mit Zähnen und Klauen verteidigen würde, auch wenn es keine neue Nutzung für ihn gäbe.

Wie auch immer: Dieser  Platz wäre fürs Schauspiel unter funktionalen Gesichtspunkten ideal, weil die Verbindung zum Depot als zweite, eher experimentelle Spielstätte auf der Hand liegt und auch die verkehrliche Erschließung mit der U-Bahn keine Wünsche offenlässt, zudem Bockenheim und Westend belebte Wohnviertel sind.

Immer wieder muss man sich auch die Bauphasen vorstellen, die mit dem „Umtopfen“ verbunden sind. Denn eines ist klar, daran ließ Guntersdorf keinen Zweifel: Man kann nicht an einer Stelle bauen und am alten Platz die jetzige Doppelanlage einfach ‚durchschneiden’, um dort weiter eines er beiden Häuser zu bespielen, Was bedeutet: Wenn bei der Neubauvariante abgerissen werden muss, dann alles in einem Zuge. Ein Spielbetrieb nur zur Hälfte sei technisch ausgeschlossen, das Riesenhaus müsse für den Abriss vollständig „leergezogen“ werden.

Bemerkenswert bei allem, was derzeit an Positionsbestimmungen zu lesen und zu hören ist: Die veranschlagten Kosten des Gesamtvorhabens scheinen die Entscheider ganz generell nicht zu schrecken. So wurden sie von den Grünen klar und deutlich eingeordnet als eben zu zahlender Preis für diesen Kulturkern der Stadtgesellschaft, man müsse sie sich, so der Tenor, dies kosten lasse. Auch Hartwig hat immer wieder festgestellt: Das müsse die Stadt, die Gesellschaft sich leisten.

Auf der Pressekonferenz wagte nur ein Journalist, die Frage zu stellen, wie Kosten in der Größenordnung von knapp einer Milliarde Euro zu eben dieser Stadtgesellschaft zu vermitteln seien, wo doch viele andere wichtige Aufgaben zu bewältigen seien. Dies sei doch eine entscheidende Debatte, die zu führen sei. Hartwigs Antwort: Die Finanzierung werde sich über einen erheblichen Zeitraum erstrecken. Und „Eine Abschaffung dieser Einrichtung kommt in der fünftgrößten Stadt Deutschlands nicht in Frage.“ Theater und Oper seien das künstlerische Herz, Garanten für Kunst und Debatte, für „Freiräume, die wir verteidigen und feiern müssen“.

Allen, die im 60er Jahre-Bau mit seiner langen gläsernen Schaufront und dem über dem Foyer schwebenden bronzenen Wolkenhimmel ein wesentliches Denkmal der Frankfurter Theateridentität sehen, bringt die Kulturdezernentin Verständnis entgegen. Sie selbst hatte ja lange den Erhalt bevorzugt. Mit dem Hauptargument, das Haus stehe für eine gute Nachkriegsära, in jeder Hinsicht: gesellschaftlich, künstlerisch, politisch, alles in allem für eine zeitgemäße Erneuerung. Auch deshalb ihr Plädoyer, Theater und Oper an zentraler Stelle zu belassen und nicht an den Rand (sprich: Osthafen) zu verlagern, sondern in neuer Form in der Mitte einzufügen, um die „kulturelle Stadtlandschaft“ zu stärken. Ihr Wunsch, nach der von ihr getroffenen Grundentscheidung gegen die Sanierung und für einen Neubau beider Bühnen: jetzt eine breite öffentliche Debatte über Kunst und Kultur, über öffentliche Räume zu führen.

Keine Frage, diese Debatte wird nun auf neuer Grundlage losgehen, en gros und en detail. Wie sie ausgehen wird? Hier gilt derzeit nur die Theaterweisheit: der Vorhang zu. Und alle Fragen offen.

 

Kommentar:

Gut, dass sich die Kulturdezernentin nun klar entschieden hat in der seit 2017 laufenden Debatte, welche die enorme Sanierungs-Summe der ersten Machbarkeitsstudie ausgelöst hat. Gut, dass es jetzt mit dem Zahlentableau der einberufenen Stabsstelle zur Zukunft der Städtischen Bühnen eine seriös erscheinende Entscheidungsgrundlage mit einem realistischen Zahlenwerk gibt. Stabsstellen-Leiter Michael Guntersdorf, selbst Architekt, genießt großes Vertrauen in solide und verlässliche Arbeit, weil er die Rekonstruktion des Altstadt-Areals in Sachen Organisation, Management und Kostenrahmen vorbildlich über die Bühne gebracht hat.

Wenn das jetzige Szenario Neubau für beide Häuser statt Sanierung der Doppelanlage tatsächlich eine politische Mehrheit finden sollte, dann bietet sich eine klare Lösung an: Neubau der Oper an der alten Stelle, Errichtung des Schauspielhauses gegenüber. So würden sich beide Häuser ins Gesicht sehen, der Platz wäre an dieser Stelle klar gefasst, gewänne eine klare Kontur. Für das Schauspiel, so Guntersdorf, wäre der Platz, den jetzt das Euro-€ beherrscht, ausreichend, für die vom Volumen her größere Oper nicht.

Allen, die jetzt sofort unterm Stichwort Wall-Servitut ein lautes Nein rufen, muss gesagt werden: Der städtebauliche Gewinn wäre enorm, der Verlust der kleinen, jetzt eher verdruckst wirkenden Grünfläche ließe sich auf der gegenüberliegenden Seite, dort, wo der Märchenbrunnen steht, leicht ausgleichen. Mit einer großzügigen Gesamtgestaltung der verbundenen Flächen.

Der Wunsch nach spürbarer Belebung des Platzes wird solange Illusion bleiben, wie der Turm der BaFin gegenüber der Doppelanlage sich im Sockel weiter verschließt und eine Panzersperre dort steht, wo Cafes sein könnten. Eine Änderung, eine Öffnung: wahrscheinlich nur ein frommer Traum. Allerdings, neben einer neuen Oper wäre Platz für einen schönen Neubau, also dort, wo die jetzige Glasfassade und das Restaurant „Fundus“ nur eine dunkle Ecke bilden. Eine neue attraktive Randbebauung an der Neuen Mainzer Straße böte eine zusätzliche große Chance, das Stadtbild zu verbessern und zusammen mit dem gegenüberliegenden neuen „Winx“-Turm die Torsituation zum Main noch deutlicher zu markieren.

Also: deutliches städtebauliches Plus für beide Häuser am Willy-Brandt-Platz. Inklusive des Vorteils, wirklich im Herzen der Stadt platziert zu sein, leicht zu erreichn, ob zu Fuß, per Fahrrad, im Auto oder in der Bahn.

Funktional allerdings spräche bei einem Neubau des Schauspiels vieles, fast alles für den Platz am Bockenheimer Depot, dort, wo jetzt noch die Uni-Biblothek steht, die – wenn alles klappt – in fünf, sechs Jahren auf dem Westend-Campus ein neues Haus beziehen soll. Die Verbindung zum jetzigen Depot-Theater als Werkstatt- und Experimentier-Bühne wäre ideal, die Nähe zum gegenüberliegenden Kultur-Campus (wenn er denn endlich vorankäme …) eine vielversprechende Labor-Brücke. Hier ist das Land gefragt, um schnell die Grundstücksfrage zu klären. Dass die Freunde des Nachkriegs-Uni-Baumeisters Ferdinand Kramer wahrscheinlich vehement für den Erhalt seiner Bibliothek kämpfen werden, ist wahrscheinlich. Viele gute Gründe haben sie nicht, denn seine gebauten „Zeitschichten“ sind am alten Unigelände bestens vertreten.

Die CDU wiederum sollte ihre jetzige Vorliebe für den Osthafen schnellsltens begraben. Das Raab-Karcher-Gelände ist, salopp gesagt, eine ‚Tobagsgegend’, mit einem hässlichen Rahmen, selbst dort, wo es Neubauten gibt. Eine attraktive Spiegelung von Oper und Theater im Main ist eine Illusion, die nur Architektensimulationen vermitteln können, welche die Wirklichkeit aber nie einlösen wird. Lange Wege von der Straßenbahn oder vom Ostbahnhof: in dieser Form unvorstellbar, das traditionellere Publikum wird auf 20-Minuten-Fußmärsche pfeifen. Auf der anderen Seite des Mains findet sich die Urbanität von Kleingärten und Gemüsefeldern. Hält die CDU das wirklich für eine urbane Option, oder stehen ganz andere Interessen (Investoren am dann aufgegebenen Willy-Brandt-Platz?, Investorgruppen im Osthafen?) hinter diesem Plan?

Insofern: Aus Vernunftgründen müsste sich die Standortfrage als erstes klären lassen. Es sei denn, Parteiinteressen und Warmlaufen für die Kommunalwahl im nächsten Jahr würden die Positionen bestimmen. Produktiv und zielführend wäre das alles nicht.

Eine ganz andere Debatte allerdings wäre zu führen, wenn denn die Grundentscheidung für den Neubau von Theater und Oper einvernehmlich fiele. Nämlich: Welche Hülle, welche äußere Arbeitsbedingungen brauchen diese beiden Traditionsformen der Darstellenden Künste? 2018 hatte es dazu schon verschiedene Symposien gegeben, mit vielen Beteiligten aus dem Architektur- und Bühnenbereich. Die Ergebnisse waren sehr vage, liefen, sehr vergröbert zusammengefasst, eher in die Richtung: Die alte Guckkastenbühne ist noch nicht überholt. Selbst die heute gängige (modische?) Forderung nach Öffnung der Häuser auch tagsüber, auch nach weiteren integrierten Nutzungen wurde keineswegs einhellig geteilt.

Zur Debatte muss dann auch gehören, ob die Formel ausreicht, die Stadtgesellschaft müsse sich das einfach „leisten“, weil Theater und Oper der zentrale Ort der gesellschaftlichen Selbstvergewisserung seien. Manches an dieser Behauptung klingt nach bloßer Behauptung, blendet aus, was alles an medialer Komplexität das Zusammenleben prägt.

Deshalb muss sehr wohl über die Größe und die Art der Investition gesprochen werden, können nicht einfach große Zahlen abgenickt werden, bloß, weil sie als Kulturausgaben für sakrosankt erklärt werden. Das scheint zwar allenthalben gang und gäbe zu sein, von Berlin über Köln, Hamburg und Stuttgart bis München. Hunderte von Millionen bis zur Milliarde sind anscheinend nur noch Spielgeld. Doch wenn man einmal vergleicht, dass die Europäische Zentralbank, ein nun wirklich hochkomplexer, technisch anspruchsvollster Turm mit der phantastisch sanierten Großmarkthalle 1,3 Milliarden Euro gekostet hat; weiter, dass das neue Quartier „Four“ am Rossmarkt mit vier Türmen und einem gewaltigen Sockelgeschoss für das ganze Areal  ebenso viel kostet – wenn man das also vergleicht, dann erscheinen die Halbmilliarden-Kosten (mindestens) für die neuen Kultbauten doch als fragwürdig.Und, notabene, die handwerklich äußerst anspruchsvolle Altstadt ist mit 200 Millionen Euro danach ein Schnäppchen.

Was nur heißen kann: Wirklich und ernsthaft zu überlegen, welche Art von Häusern es denn sein soll. Die FAZ hat zu Recht gerade zu dieser Debatte aufgerufen. Brauchen die Theater wirklich den allergrößten, technisch ausgefeiltesten Überwältigungsapparat? Oder entfaltet die nun viel beschworene Analog-Kunst, welche auf den lebendigen Moment mit menschlichen Akteuren setzt, vielleicht gerade dann ihre beste Wirkung, wenn sie eben genau sich darauf konzentriert, statt technisch Himmel und Hölle in Bewegung zu setzen?

Hier sind jetzt, ganz und gar offen, die richtigen Fragen zu stellen. Mit der Hoffnung auf ehrliche Antworten. Darin liegt die Chance der jetzigen Situation. Und das ist nicht das schlechteste.

 

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