Ein Frankfurter Adventskalender: 24. Dezember 2010
Heute öffnet sich, liebe Leserinnen und Leser, nach altem Brauch zum 24. und letzten Mal ein Türchen unseres
und es ist, wie all die anderen an den zurückliegenden 23 Adventstagen, dem Städel Museum Frankfurt am Main gewidmet.
Aber es ist ein besonderes Türchen. Nicht nur, weil heute der 24. Dezember ist. Sondern weil wir heute ein kostbares Geschenk würdigen, welches das Frankfurter Ehepaar Barbara und Eduard Beaucamp dem Städel Museum – als beispielhafter Verkörperung bürgerlichen Engagements im Sinne Johann Friedrich Städels – und damit der Allgemeinheit und dem öffentlichen kulturellen Erbe und Gedächtnis bereitet hat: Giovanni Francesco Barbieris „Madonna mit Kind“. Eine eher ungewöhnliche, nicht hoch genug einzuschätzende Geste in von Egoismus und Eigennutz aufgeladenen Zeiten, in denen sich manch vermögende Kunstsammler „babylonisch aufwendige Selbstverherrlichungstempel“ à la François Pinault errichten (Niklas Maak in der FAZ vom gestrigen 23. Dezember).
Giovanni Francesco Barbieri, gen. Il Guercino (1591 – 1666), Madonna mit Kind, um 1621–22, Öl auf Leinwand, 64 x 50 cm, Städel Museum, Frankfurt am Main, erworben 2010 als Schenkung von Eduard und Barbara Beaucamp
Giovanni Francesco Barbieri, genannt „Guercino“ (der Schielende), wird als einer der bedeutendsten Maler des italienischen Barock in einem Atemzug mit den Brüdern Carracci, Guido Reni, Domenichino oder Pietro da Cortona aufgeführt. Das Bild, das die Sammler Barbara und Eduard Beaucamp 1981 erworben hatten, galt lange Zeit als eine Kopie. Erst jüngere Expertisen wiesen es als ein Gemälde von eigener Hand Guercinos aus.
Bemerkenswert der asymmetrische Aufbau des Bildes, der einen eher wie zufälligen, aber vielleicht gerade deshalb besonders gefangen nehmenden Blick auf das Geschehen öffnet; die fokussierende, intime Nähe vermittelnde Sicht des Malers auf Madonna und Kind als Halbfiguren – Marias rechte Hand und linke Schulter sind angeschnitten; der dramatische, die besondere Plastizität der Darstellung erzeugende Hell-Dunkel-Kontrast; die lebensnahe, sinnliche Natürlichkeit von Mutter und Kind.
Das Bild, eine wichtige Ergänzung der Sammlung Alter Meister des Hauses, wird im Rahmen der Neueröffnung des renovierten und erweiterten Städel Museums ab Herbst 2011 zu sehen sein.