Medienpreis der Steuben-Schurz-Gesellschaft an Ulf-Jensen Röller
Von Renate Feyerbacher
Zum 18. Mal verlieh die Steuben-Schurz-Gesellschaft (SSG) ihren Medienpreis, in diesem Jahr an einen Mann, der seit 23 Jahren im Fernsehen aktiv ist: Ulf-Jensen Röller, 1964 in Frankfurt am Main geboren, studierte an der Katholischen Universität Eichstätt Journalistik, Politikwissenschaft und Soziologie und kam mit 28 Jahren zum ZDF. Heute leitet er das Auslandsstudio Washington der Fernsehanstalt mit 30 Mitarbeitern, zuständig für die USA und eine Reihe von Ländern Mittel- und Südamerikas.
Ingrid Gräfin zu Solms-Wildenfels, Präsidentin der Steuben-Schurz-Gesellschaft, und Preisträger Ulf-Jensen Röller
Für seine Verdienste um die deutsch-amerikanische Verständigung überreichte ihm Ingrid Gräfin zu Solms-Wildenfels, die Präsidentin der Steuben-Schurz-Gesellschaft, am 7. September 2015 in Frankfurt am Main die Preis-Urkunde. Die Laudatio hielt der ZDF-Journalist Reinhard Schlieker. Familienmitglieder, die Eltern des Preisträgers, sein Sohn, Kollegen des ZDF, darunter Claus Kleber, Leiter und Erster Moderator des ZDF-„heute-journals“, und viele Mitglieder der Steuben-Schurz-Gesellschaft waren zu der Feierstunde gekommen.
Ulf-Jensen Röller und Claus Kleber
Die Idee zum Medienpreis der SSG, der seit 1989 verliehen wird, hatte der Journalist und Redakteur Klaus Scheunemann (1936-2015), der Jahrzehnte für den Hessischen Rundfunk arbeitete und zeitweilig Vizepräsident der SSG war. Er verstarb im August nach langer schwerer Krankheit. Er hätte die Wahl des Preisträgers sicher begrüßt; denn Ulf-Jensen Röllers politische Analysen – an die zweitausend Texte und Berichte von ihm soll es allein im Internet geben – sind kritisch, informativ, differenzierend, nicht einseitig. Im Internet wurde unlängst dagegen protestiert, dass sein Beitrag „Gekauft – Die Milliardäre und der US-Wahlkampf“, ausgestrahlt am 7. August 2015, aus der ZDF-Mediathek gelöscht wurde. Wo bleibt die Pressefreiheit? Die Telefone wären heiss gelaufen, so hiess es, und das ZDF hätte keine Internetrechte für das FOX-News-Material gehabt. Sicher ein vorgeschobenes Argument, denn die ARD hatte diese Rechte besagter Producer zur fast gleichen Zeit erworben und wahrgenommen. (Die ARD hatte übrigens im März dieses Jahres ihre umstrittene Gender-Sendung „Nieder mit den Ampelmännchen“ in der Reihe „hart aber fair“ ebenfalls aus seiner Mediathek genommen. Ein Sturm der Entrüstung brach los. Die Maßnahme wurde rückgängig gemacht, der WDR entschuldigte sich.)
(v.l.) Barbara Brosius, Geschäftsführerin der UBS Foundation Deutschland und Vice Chairman der UBS Deutschland AG, Ulf-Jensen Röllers Sohn, der Preisträger, Ingrid Gräfin zu Solms-Wildenfels, Reinhard Schlieker sowie Ulf-Jensen Röllers Eltern Wolfgang und Ursula Röller
Mehrfach bedankte sich Ulf-Jensen Röller, der sich selbst einen „staunenden Korrespondent“ nennt, bei Claus Kleber für die enge Zusammenarbeit. An seine Mutter gewandt frotzelte er: „Dass ich hier einmal stehe, hättest Du auch nicht gedacht, Mutter“ – eine Anspielung auf seine schulischen Leistungen. Es sei schwierig, in den USA ein Experte zu werden. Er spielte mit dem Wort Leidenschaft: Amerika kann Leiden – schaffen.
In seiner Dankesrede „Washington 2015“ nahm sich Röller Vergangenem und Jetzigem an: Er erinnert an die Bereitschaft der USA, die deutsche Vereinigung zu fördern – im Gegensatz zu Margaret Thatcher, der damaligen englischen Regierungschefin. Er bedauert den Anti-Amerikanismus, das gegenseitige Misstrauen, das das Verhältnis USA-Deutschland problematisch mache. Es fehle ein gemeinsames Projekt für beide Staaten. Die enge Freundschaft der beiden Länder dürfe trotz einiger Streitpunkte wie zum Beispiel um das Freihandelsabkommen TTIP oder die NSA nicht aufgegeben werden.
Röller zieht eine kritische Bilanz der gegenwärtigen US-amerikanischen Politik, er berücksichtigt jedoch auch die positiven Leistungen und Erfolge von Barack Obama: Dem Land gehe es besser, die Arbeitslosigkeit liege bei 5,1 Prozent, aber der Aufschwung komme bei den kleinen Leuten nicht an. Er erwähnt die Sozialversicherung, die Obama habe einführen können: 36 Millionen Amerikaner hätten keine Krankenversicherung gehabt. Und: „Ich glaube, er hat die USA vor der Finanzkrise bewahrt“. Als mutig bezeichnet er den Iran-Deal, der einen Schritt auf einen der grössten Feinde zu bedeute.
Zu einem Schwerpunkt seiner Ausführungen macht er den angelaufenen Präsidentschaftswahlkampf. „Eine gute Nachricht: Donald Trump wird es nicht werden.“ Er spricht über das Misstrauen der Amerikaner gegen alles Establishment im Land und hebt hervor, dass nicht auf Herkunft geschaut werde, sondern Leistung zähle. Die Herkunft spiele hierzulande immer noch eine zu starke Rolle. Tief sitze der Frust in der amerikanischen Gesellschaft auch gegen die Demokratin Hillary Clinton, deren Kandidatur Röller inszeniert nennt. Man komme nicht mehr an sie heran. Konkurrenz sei ihr entstanden durch Senator Burnie Sanders, den selbsternannten Sozialisten, der regen Zulauf habe.
Die Frage, ob die USA eine „gekaufte Demokratie“ sei, stehe im Raum. Die einflussreichen Ölmagnaten, die Brüder Charles und David Koch, milliardenschwer, arbeiteten darauf hin, dass ein Kandidat der Republikaner zum Zuge komme. Sie würden die „unsichtbaren Wahlkämpfer“ und „Präsidentenmacher“ genannt. Von diesen Brüdern habe auch der bereits erwähnte – korrekte – Bericht im ZDF gehandelt. Auch „Die ZEIT“ und die „Süddeutsche Zeitung“ hätten, betont Röller, bereits Anfang 2015 kritisch über die Koch-Brüder berichtet.
Ulf-Jensen Röller vermittelte mit seiner Dankesrede, die er kenntnisreich wie unterhaltsam vortrug, eine hochaktuelle und informative Einschätzung der gegenwärtigen politischen Situation in Washington. Ein spannender Abend.
Fotos: Renate Feyerbacher