Oka Nikolov ist an allem schuld
Oka Nikolov ist an allem schuld.
Und die Ärzte.
Und die Frankfurter Rundschau.
Ein Kommentar von Hans-Burkhardt Steck
Rechtsanwalt, Dipl.-Soziologe
33 Jahre. Eine schöne Zeit. Eine Zeit, zum Urgestein zu werden. 33 Jahre gehörte Eintracht Frankfurt zum exklusiven Kreis der nie abgestiegenen Gründungsmitglieder der Bundesliga, von denen allein der HSV durchgehalten hat. Und die Eintracht? Steigt in den letzten fünfzehn Jahren dreimal ab und wieder auf, und jetzt geht’s wieder nach Cottbus, Vestenbergsgreuth und Aue.
Was ist 1996 passiert?
Das Elend hat einen Namen: Oka Nikolov. Seit 1995 bei der Eintracht. Selbst zum Urgestein geworden. Und doch der Todesvogel des Traditionsvereins.
Wie war das?? Oka Nikolov, der tadellose Sportsmann, die Ruhe selbst, das menschliche Vorbild, der Anständigste der Anständigen, Wunsch-Schwiegersohn, Nationaltorwart von Mazedonien, der sich nie beklagt, dem Intrigen fremd sind, der nur einen Verein kennt, der Treueste der Treuen – der soll an allem schuld sein? Gibt’s nicht!
Gibt’s doch.
Wer hat denn die Eintracht 33 Jahre in der Bundesliga gehalten? Giganten wie der nur körperlich etwas kurz geratene Dr. Kunter, Jupp Koitka, Andy Köpcke und Uli Stein. Nachfolger: Oka Nikolov. Das macht schon nachdenklich. Aber wie wird man zur Fahrstuhlmannschaft?
Ganz einfach: Spitzentorleute pensionieren, Oka Nikolov ins Tor stellen. Ergebnis: Hält drei, vier, fünf Spiele solide, darunter ein oder zweimal richtig gut, lässt nach, bringt zunehmend Klöpse, verschuldet den einen oder anderen Punktverlust und fliegt wegen schlechter Form und/oder Verletzung aus seinem Kasten.
Denn eines ist und bleibt wahr: Oka Nikolov ist für die Bundesliga nicht gut genug. War er nie, ist er nicht und wird er nie sein.
(Bildnachweis: Manuel Heinrich Emha, wikimedia commons GFDL)
Na gut, dachten wir. Hat ein paar Punkte verloren, tritt in die zweite Reihe und gut ist’s.
Denkste. Denn wir sind ja bei Eintracht Frankfurt. Und damit im medizinischen Wunderland. Wer hierher kommt, kann so kerngesund sein, wie er will, das erste, was über ihn in der Zeitung steht, ist: Neuzugang XY schwer verletzt, fällt ein Dreivierteljahr aus. Gilt allerdings nicht nur für Neuzugänge, sondern für so gut wie alle Spieler. Auch für Torhüter. Zum Beispiel wenn sie Pröll heissen und mal die Kicker-Herbstrangliste angeführt haben. Und so nimmt das Unheil seinen Lauf: Fünf Spiele Nikolov mit Punktverlusten wegen Torwartfehlern – Verunsicherung durch Torwartwechsel – fünf Spiele mit neuem Torwart – bums, ist er verletzt – dritter Torwart durchgehend nicht bundesligareif – doch wieder der ewige Oka – erst gut, dann schlecht – erneut Punktverluste – wieder Torwartwechsel – und immer so weiter. Was bleibt? Die fehlenden Punkte.
Und all das auf der Schlüsselposition schlechthin! Es ist nicht nur die Ballfängerei. Die beruhigende, stabilisierende, anfeuernde Wirkung eines erstklassigen Keepers ist nicht hoch genug einzuschätzen. Leute wie Stuhlfauth, Turek, Maier, Schumacher, Lehmann oder Neuer sind unbezahlbar (nein, Kahn nicht, der war ein ewiger Unruheherd und machte mit seinem Geschimpfe und Getobe und seinen blödsinnigen Abschlägen die eigene Leistung zunichte). Das hat die Eintracht auch mal gewusst und genossen. Bis Oka Nikolov kam.
Und all diese Schrecklichkeiten begleitet die FR in geradezu erschütterndem ergebnisorientierten Opportunismus. Solange die Ergebnisse stimmten, waren Funkel und Skibbe die wunderbarsten Trainer. Kaum fehlen die Punkte, ist das alles nicht mehr wahr, und die FR fällt über sie her wie ein Wolfsrudel über einen erschöpften Platzhirsch. Bruchhagen – gestern noch unantastbarer Held, heute Totalversager. Die seltsame Personalie Daum – eben noch gutgeheissen – Mannschaft verliert – Daum ist die grösste Flasche der Welt und lässt die Mannschaft auch noch im Stich – Mannschaft steigt ab – ein Glück, dass er geht.
(Von FeuilletonFrankfurt bearbeitet nach einer Fotografie von Anton / wikimedia commons GFDL)