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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

STURM-FRAUEN. KÜNSTLERINNEN DER AVANTGARDE IN BERLIN 1910–1932 (Teil 2)

2015, Dezember 10.

Eine Ausstellung in der Frankfurter Schirn Kunsthalle (Teil 2)
Die Künstlerinnen der Avantgarde

In geschwungenen S-Kurven durchteilen langestreckte Wände den schmalen Bau der Frankfurter Schirn. Auf unterschiedlichen Farbhintergründen wird jede der 18 STURM-Frauen mit ihren Hauptwerken präsentiert; Künstlerinnen aus Deutschland, den Niederlanden, aus Belgien, Frankreich, Schweden, der Ukraine oder aus Russland. Ihre Arbeiten wurden allesamt in der STURM-Galerie in Berlin ausgestellt oder/und in der STURM-Zeitschrift veröffentlicht: Vjera Biller, Marcelle Cahn, Sonia Delaunay, Marthe Donas, Alexandra Exter, Natalja Gontscharowa, Helene Grünhoff, Jacoba van Heemskerck, Sigrid Hjertén, Emmy Klinker, Magda Langenstraß-Uhlig, Else Lasker-Schüler, Gabriele Münter, Hilla von Rebay, Lavinia Schulz, Maria Uhden, Nell Walden und Marianne von Werefkin. Nur wenige wie Gabriele Münter, Marianne von Werefkin, Sonia Delaunay sind uns heute noch gut bekannt, andere zu Unrecht vergessen. Die Moderne haben diese leidenschaftlichen Frauen auf jeden Fall entscheidend mit beeinflusst.

Hintergründe und eine Auswahl von Petra Kammann

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Foto: Petra Kammann

Wie kam es dazu, dass sich diese so verschiedenartigen Künstlerinnen im STURM-Kreis versammelten? Die Gründe sind vielfältig, haben sie doch auch mit der individuellen Biographie und jeweiligen Herkunft zu tun. Grundsätzlich hatten in jener Epoche Frauen aber die schlechteren Ausbildungsbedingungen. Bis 1918 durften sie noch nicht einmal wählen. Nach dem Ersten Weltkrieg, in der Weimarer Republik, änderte sich das, als Frauen berufstätig wurden und ihr eigenes Geld verdienten. Bis in die 1920er Jahre durften Frauen keine staatlichen Kunstakademien besuchen. Und private Institute zur Ausbildung ihrer künstlerischen Fähigkeiten kosteten in der Regel Geld. Hinzu kam, dass diese Frauen öffentlich auch sehr selten wahrgenommen wurden, denn das bohemehafte Künstlerbild vertrug sich besonders schlecht mit den gesellschaftlichen Erwartungen an sie. So wurde über die „Malweiber“, „solche die heiraten wollen und solche, die auch kein Talent haben“ gespottet. Herwarth Walden empfand sich aber grundsätzlich als idealistischer Vorkämpfer der modernen Kunst. Für ihn zählte allein das Neuartige und die Qualität der Kunst. Als er mit der STURM-Galerie den Künstlerinnen damals die Chance gab, sich zu präsentieren, war das alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Die Folge war dann auch die Wertschätzung ihrer Werke. Weiterlesen

STURM-FRAUEN. KÜNSTLERINNEN DER AVANTGARDE IN BERLIN 1910–1932

2015, November 26.

Eine Ausstellung in der Frankfurter Schirn Kunsthalle (Teil 1)

DER STURM – Zeitschrift und Galerie zeigten Gespür und Verve für die künstlerischen Neuerungen des 20. Jahrhunderts. Von 1912 bis 1932 veranstaltete der Herausgeber und Galerist Herwarth Walden insgesamt 192 Ausstellungen in Deutschland und mehr als 170 im Ausland. Im STURM wurde eine Freiheit der Künste und Stile propagiert und es wurden auch kunsthandwerkliche sowie die Arbeiten künstlerisch arbeitender Frauen zur Geltung. In der Frankfurter Ausstellung, die bis zum 7. Februar 2016 gezeigt wird, spielen 18 der STURM-Frauen die Hauptrolle.

Von Petra Kammann

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Titelblatt der Zeitschrift DER STURM, Jg. 3, Nr. 138/139, Dezember 1912, Foto: Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau, München

Eine neue Zeitrechnung hatte begonnen mit dem temporeichen vorwärtsstürmenden 20. Jahrhundert. Es brodelte auf allen Gebieten: politisch-weltanschaulich, wissenschaftlich, technisch, kosmisch, sozial, psychologisch, lebensreformerisch und so auch in der Kunst. Überall in Europa schlossen sich Künstler zu Bewegungen zusammen. Und in Berlin gab am 3. März 1910 Herwarth Walden (1878–1941) eine deutsche Kunst- und Literaturschrift namens DER STURM heraus. In seiner kritischen Offenheit knüpfte der Pianist, Komponist, Dichter und Nietzsche-Verehrer Herwarth Walden, alias Georg Lewin, an die vom Wiener Schriftsteller Karl Kraus herausgegebene Zeitschrift „Fackel“ an. Weiterlesen